Kardinal Cupich schlägt Verfahren zu Absetzung von Bischöfen vor
Erstmals sind beim Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan konkrete rechtliche Vorschläge diskutiert worden. Sie sollen eine Absetzung von Bischöfen ermöglichen, die beim Umgang mit Missbrauch versagt haben. Der US-Kardinal Blase Cupich aus Chicago legte am Freitag einen Zwölf-Punkte-Plan vor, der bestehende kirchenrechtliche Normen an diesem Punkt ergänzen und verschärfen soll.
Demnach soll künftig der Metropolit einer Kirchenprovinz eine Schlüsselrolle bei der Ermittlung gegen einen Bischof und im Ernstfall auch bei seiner Absetzung einnehmen. Bei den Ermittlungen soll er mit kompetenten Nichtklerikern zusammenarbeiten. In Deutschland gibt es sieben Kirchenprovinzen, die jeweils von einem Erzbischof geleitet werden, darunter die Kardinäle in Köln und München.
Nach Cupichs Vorschlag soll der Metropolitan-Erzbischof gegen jeden Bischof seiner Provinz ermitteln können, wenn dieser im Umgang mit Missbrauchsfällen in seinem Bistum versagt hat oder selbst Missbrauchstäter war. Voraussetzung ist, dass glaubwürdige Beschuldigungen vorliegen und die Bischofskongregation im Vatikan der Ermittlung zustimmt. Laut dem Vorschlag muss der Metropolit die Ergebnisse der Untersuchung nach Rom weiterleiten. Je nach Sachlage kann dann der Papst die Absetzung des Bischofs verfügen.
Falls ein Metropolit selbst unter Verdacht steht, Missbrauch begangen zu haben oder beim Umgang mit Missbrauch im Bistum versagt zu haben, solle nach Cupichs Vorlage der dienstälteste Bischof der Kirchenprovinz die Ermittlungen übernehmen.
Ergänzung des Papstschreibens "Come una madre amorevole"
Die von Cupich angeregten Regeln ergänzen das Papstschreiben "Come una madre amorevole" (Wie eine liebende Mutter) vom Juni 2016. Damals hatte Papst Franziskus verfügt, dass auch im Fall von Nachlässigkeit im Umgang mit Missbrauchsfällen Bischöfe durch den Vatikan entlassen oder zum Rücktritt gezwungen werden können. Für diese Normen fehlten bislang aber konkrete Ausführungsbestimmungen.
Missbrauchsopfer fordern seit Jahren eine Kirchenrechtsreform, die ermöglicht, einen Bischof wegen Vernachlässigung seiner Aufsichtspflichten zu entlassen. Damit soll die Rechenschaftspflicht ("accountability") der Kirchenoberen durchgesetzt werden.
Das Gipfeltreffen im Vatikan dauert noch bis Sonntag. Es nehmen die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen, Vertreter der unierten Ostkirchen, 22 männliche und weibliche Ordensobere sowie Behördenleiter und Experten aus dem Vatikan teil. Auch einige Missbrauchsopfer sollen bei dem Treffen berichten. (tmg/KNA)