Bei Verstößen gegen Auflagen droht Kürzung der Bezüge bis Hartz IV

Kardinal Marx regelt Aufsicht für Missbrauchstäter im Klerus

Veröffentlicht am 13.08.2019 um 10:58 Uhr – Lesedauer: 3 MINUTEN

München ‐ Wie umgehen mit Priestern, die sich an Kindern vergangen haben und suspendiert sind? Dazu hat das Erzbistum München und Freising nun ganz konkrete Regeln erlassen. Eine Weiterbeschäftigung in der Kirche wird darin nicht vollständig ausgeschlossen.

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Priester des Erzbistums München und Freising, die sich an Kindern vergangen haben und suspendiert sind, müssen sich regelmäßigen Kontrollen unterziehen. Kardinal Reinhard Marx hat dazu ein im neuesten Amtsblatt der Erzdiözese veröffentlichtes Dekret zur "Führungsaufsicht für Kleriker" erlassen.

Demnach müssen die Betroffenen - dem Vernehmen nach sind es derzeit nur einige wenige Personen - private und dienstliche Reisen dem Ordinariat zur Genehmigung vorlegen. Eine Aufsichtsperson überzeugt sich in festgelegten Intervallen durch Besuche in den Privatwohnungen des Täters von der Einhaltung der Auflagen und verfasst jährliche Entwicklungsberichte. Liegt die Wohnung in der Nähe einer Kindertagesstätte, kann ein Umzug angeordnet werden. Eine Beschäftigung des Täters in der Kirche kommt nur unter Ausschluss von Publikumsverkehr und Kontaktmöglichkeiten zu Minderjährigen in Betracht. Bei Verstößen gegen die Auflagen droht eine Kürzung der Bezüge bis zur Höhe von Hartz IV.

Generalvikar Peter Beer hat den Erziehungswissenschaftler, Arzt und Psychologen Georg Hörmann aus Münster zur Aufsichtsperson für die betroffenen Kleriker ernannt und eine Arbeitsgruppe Führungsaufsicht eingesetzt, der fünf weitere Personen angehören. Hörmann lehrte an mehreren deutschen Hochschulen und Universitäten, zuletzt in Bamberg. Der 72-Jährige stammt aus Ulm. Das Dekret trat laut Amtsblatt bereits zum 1. Juni in Kraft. Für Hörmanns Ernennung habe seine fachliche Qualifikation den Ausschlag gegeben sowie die Tatsache, dass er ein Externer sei, erläuterte Bistumssprecher Christoph Kappes am Dienstag.

Primäres Ziel sei Vermeidung weiterer Übergriffe

Mit den Maßnahmen würden die einschlägigen Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz zur Führungsaufsicht mit Blick auf Priester als Täter konkretisiert und normiert, heißt es im Dekret. Primäres Ziel sei die Vermeidung weiterer Übergriffe. "Ferner wird die eventuelle Wiedereingliederung in das Arbeitsleben angestrebt, um den negativen Konsequenzen von Untätigkeit entgegenzuwirken und vorhandenes Potenzial zur Geltung zu bringen." Es müsse auch der sozialen Isolation, die die suspendierten Kleriker durch ihre Taten selbst erwirkt hätten, entgegengesteuert werden.

Im vergangenen Herbst hatten die deutschen Oberhirten eine Missbrauchsstudie (MHG-Studie) veröffentlicht. Demnach wurden in den kirchlichen Akten der Jahre 1946 bis 2014 Hinweise auf bundesweit 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe und auf rund 1.670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensleute gefunden. (tmg/KNA)