Klosterläden: Spirituelles Angebot für eine (zeit)geistige Nachfrage
Anselm Grün und der Dalai Lama, Schmuck und Klosterlikör, Salami und fair gehandelter Kaffee - das Sortiment vieler Klosterläden wird immer ähnlicher. Im Interview erklärt Julia Martin, Pressereferentin der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, was es damit auf sich hat.
Frage: Frau Martin, früher standen die Klöster für Armut, Entsagung und die Abkehr von materiellen Bedürfnissen. Wie passt das zu der opulenten Fülle, die man heute in den Klosterläden vorfindet?
Martin: Da muss man die Ordensgemeinschaften differenziert betrachten. Bei Benediktinern steht schon in den Regeln ihres Gründers, dass sie von ihrer eigenen Hände Arbeit leben müssen. Früher war es die eigene Landwirtschaft, die den Eigenbedarf sicherte. Über die Jahrhunderte haben sich die Benediktiner den Bedürfnissen und Gegebenheiten der Menschen angepasst. Sie haben in Handarbeit geistliche Bücher kopiert oder in den Goldschmieden Sakralgeräte hergestellt. Das machen sie bis heute. Da ein Verlag etwas Ur-Benediktinisches ist, der das Wort Gottes in Büchern weiterträgt, ist das für mich kein Ausdruck von Kommerzialisierung.
Frage: Und doch geht es hier erst einmal um Angebot und Nachfrage...
Martin: Benediktinerklöster müssen sich selbst erhalten und sind auch wirtschaftlich tätig. Sie bekommen keine Kirchensteuererträge.
Frage: Ihre Vermarktungsstrategie scheint ähnlich zu sein wie die der Museumsshops. Neben auf den Ort bezogenen regionalen Produkten gibt es in vielen Klöstern auch das zeitlos Schöne, man denke da etwa Langani-Halsketten. Wird der traditionelle Klosterladen so nicht zum spirituellen Kaufhaus?
Martin: In Münsterschwarzach ist die Buchhandlung eine Buch- und Kunsthandlung, in der auch Produkte aus der Goldschmiede verkauft werden und Waren aus fairem Handel. Viele Menschen fühlen sich persönlich mit der Abtei verbunden. Mit einem besonderen Kettenanhänger aus der Klostergoldschmiede in Form des markanten runden Kirchenfensters können sie das auch äußerlich zeigen.
Frage: Stehen bei Ihnen die Mönche am Verkaufstresen?
Martin: In fast allen Betrieben arbeiten Mönche mit weltlichen Angestellten zusammen. So beraten zum Beispiel in unserer Buch- und Kunsthandlung Mönche gemeinsam mit ausgebildeten Buchhändlerinnen die Kunden.
Frage: Kann ich mir in der Buchhandlung einen teuflisch guten Krimi bestellen oder gibt es nur christliche Erbauungsliteratur?
Martin: Auch den Krimi bekommen sie bei uns. Aber natürlich ist die spirituelle Abteilung bei uns breiter ausgebaut als in normalen Buchhandlungen. Die Thementische sind oft in Bezug auf das Kloster ausgerichtet.
Frage: Warum vertreiben Sie denn Produkte aus anderen Klöstern? Nivelliert sich da nicht das Angebot?
Martin: Wir wollen den Kunden ein breiteres Spektrum anbieten - regional und klösterübergreifend. Es ist doch wunderbar, wenn den Wünschen der Kunden nach guten klösterlichen Produkten Rechnung getragen werden kann.
Frage: Viele ihrer Kunden unterliegen einer zeitgeistigen "Klosterfaszination". Können Klosterwaren auch eine christliche Kernbotschaft transportieren?
Martin: Sie müssen es sogar. Ein Kloster muss Antworten geben auf Fragen und Bedürfnisse, die die Menschen haben. Aber wir achten immer auf die benediktinische Anbindung. Unser Klosterbäcker hat etwa mit P. Anselm Grün ein Buch über die Spiritualität von Brot geschrieben.
Frage: Den Dalai Lama kann man also nur dann als Buch bei Ihnen erwerben, wenn er sich in den Dialog mit Anselm Grün begibt?
Martin: Es braucht die Beziehung zum Christentum, gerne auch über Produkte hinaus, die wir hierzulande kennen. Unser Fair-Handel hat ein Sortiment aus anderen Kontinenten. Hier steht im Vordergrund die Direktpartnerschaft mit Produzenten zu fairen Bedingungen bei fairer Bezahlung.
Frage: Sind Hildegard von Bingen und Anselm Grün nicht längst Produktmarken?
Martin: Nicht das Kloster macht diese Personen so populär, sondern die Resonanz in der Gesellschaft.
Frage: Der Edelversand "manufactum" hat eine Produktlinie "Gutes aus Klöstern", in denen er Waren vertreibt, die aus Klosterläden stammen. Verwischt das nicht die Intention der Klosterläden?
Martin: Von uns werden diese Unternehmen nicht beliefert. In einigen Supermärkten der Region kann man unsere Wurst und Fleischwaren erhalten. Wir sind selbstbewusst genug, unsere eigenen Waren auch selbst zu vertreiben.