Köln: Missbrauchsopfer bekommen dauerhaftes Mitspracherecht
Das Erzbistum Köln will Opfer sexueller Gewalt in die Präventionsarbeit einbinden und dazu einen Betroffenenbeirat gründen. Das Gremium soll aus zwölf Mitgliedern verschiedener Altersgruppen bestehen, die Missbrauch erfahren haben, wie die Erzdiözese am Donnerstag in Köln mitteilte. "Es geht um einen echten Wechsel in unserer Haltung und um eine Begegnung mit den Betroffenen auf Augenhöhe", sagte der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki.
Institutionalisierte Form der Mitsprache für Opfer
Damit schafft Köln als eines der ersten Bistümer für die Betroffenen von sexualisierter Gewalt eine institutionalisierte Form der Mitsprache. "Wir wollen mit ihnen über ihre schlimmen Erlebnisse sprechen und ihr Leid anhören, auch wenn wir es nicht ungeschehen machen können", so der Erzbischof. "Gemeinsam wollen wir auch aus diesen Gesprächen Erkenntnisse gewinnen, die in die Arbeit unserer Präventions- und Interventionsstellen einfließen sollen."
Woelki hatte diese Maßnahme schon im September angekündigt, als die "Studie über sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" vorgestellt wurde. In Kirchenakten der Jahre 1946 bis 2014 hatte das Forscherteam Hinweise auf 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe und auf rund 1.670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensleute gefunden. Für das Erzbistum Köln verzeichnete die Untersuchung 135 Betroffene und 87 Beschuldigte. Die Experten gehen von weiteren, nicht in den Akten erfassten Fällen aus.
"Für die Mitwirkung im Betroffenenbeirat werben wir und laden ein, sich vertrauensvoll bei uns zu melden", erklärte der Interventionsbeauftragte des Erzbistums, Oliver Vogt. An der Beiratskonzeption arbeitete den Angaben zufolge Patrik Bauer, ein Betroffener von sexuellem Missbrauch, mit. "Endlich wird institutionell festgeschrieben, dass nicht mehr über uns als Betroffene von sexualisierter Gewalt gesprochen wird, sondern mit uns", so Bauer. Bedürfnisse, Klagen und Wünsche der Betroffenen drängen durch den Beirat "direkt in die Ohren der Bistumsleitung - und dort sollen sie auch klingeln". Das Gremium trage dazu bei, die Geschichte von Missbrauch im Erzbistum offen zu legen und "Stachel im Fleisch derjenigen zu sein, die immer noch vertuschen und verdrängen wollen". (KNA)