Ministerpräsident Ramelow fordert: Kultur- statt Kirchensteuer
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat sich für einschneidende Veränderungen bei der Finanzierung der Kirchen und im kirchlichen Arbeitsrecht ausgesprochen. An die Stelle der Kirchensteuer könnte nach seinen Überlegungen eine Kultursteuer nach dem Vorbild Italiens treten, sagte der Linken-Politiker und evangelische Christ dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Erfurt. Ramelow reagiert mit seinem Vorschlag nach eigenen Worten auch auf die jüngste Diskussion um die Einführung einer Moscheesteuer.
"Eine Moscheesteuer analog zur Kirchensteuer würde lediglich dazu führen, dass die islamischen Gemeinden sich dem verweigern würden", sagte Ramelow unter Hinweis auf die Notwendigkeit eines Namensverzeichnisses. Dagegen werde etwa die italienische Kultursteuer von jedem Steuerzahler gezahlt. Wie hoch diese Kultursteuer letztlich sein sollte, müsste gründlich erörtert werden, sagte der Linken-Politiker weiter: "Sie müsste jedenfalls niedriger ausfallen für die, die bisher überhaupt gezahlt haben, aber nicht so niedrig wie in Italien."
Jeder Einzelne habe bei diesem Modell "die Wahlfreiheit zu entscheiden, wohin dieses Geld fließen soll". Das könne die Moscheegemeinde sein, aber auch der Humanistische Verband, die verfasste Amtskirche oder Freikirchen, Synagogengemeinden oder Freidenker.
Eine Notwendigkeit, über neue Finanzierungsmodelle nachzudenken, ergibt sich für den thüringischen Ministerpräsidenten auch aus der Tatsache, dass immer mehr Menschen der Kirche den Rücken kehren, gleichzeitig die Kirchensteuereinnahmen aber bisher noch steigen: "Die Frage ist nämlich, wann bricht das ab, wann setzt die gegenläufige Entwicklung ein und was bedeutet das?"
Kirchliches Arbeitsrecht "kein zukunftsfähiger Weg"
Bei den Staatsleistungen an die Kirchen rät Ramelow ebenfalls dazu, Alternativen in den Blick zu nehmen. Dem epd sagte er: "Ich glaube, im Zuge der Erinnerungsfeiern zu 100 Jahren Weimarer Reichsverfassung wäre die Zeit reif, offen und ohne Verlustängste darüber zu sprechen." Wenn die Weimarer Reichsverfassung mit offenen Augen angeschaut werde, "dann braucht es ein Gesetz, das die Ewigkeitskosten in eine rechtsstaatlich saubere Schluss- und Ablöseform gießt".
Den sogenannten dritten Weg im kirchlichen Arbeitsrecht hält der Thüringer Regierungschef ebenfalls "für dringend überarbeitungsbedürftig". Er verwies unter anderem auf das kürzliche Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt zum Fall eines wiederverheirateten katholischen Chefarztes. Der "dritte Weg" sei seines Erachtens "kein zukunftsfähiger Weg, jedenfalls nicht dort, wo diese Aufgaben im allgemeinen Wettbewerb erbracht werden", sagte der Linken-Politiker. Es wäre einfacher, es würde für alle Arbeitnehmer das gleiche Recht gelten. Innerhalb dieses Systems könnte man sogar weiter konfliktvermeidend arbeiten und damit bessere Standards setzen - "ohne den kirchlichen Schutzmantel, der am Ende immer nur zum Streitfall an sich wird".
Für ihn gebe bei all diesen Überlegungen zugleich eine klare Grenze: "Der Staat hat im Bereich der Verkündung nichts zu suchen. An der Kirchentür hört sein Einfluss auf, da ist die Grenze", sagte Ramelow. (epd)