Mit Hochglanzfotos zu mehr Priestern
Kennen Sie Lantershofen? Nein? Schade, denn Lantershofen im rheinland-pfälzischen Landkreis Ahrweiler ist ein besonderer Ort. Die gleichnamige Burg beherbergt das Studienhaus St. Lambert, ein bistumsübergreifendes Priesterseminar. Dort können im Beruf stehende Männer ohne Abitur Theologie studieren um Priester zu werden. Dieses in Deutschland einzigartige Angebot für sogenannte Spätberufene ist viel zu wenigen Menschen bekannt, finden Bruder Lukas Boving und Seminarist Martin Brummer. Deshalb haben sie für ihr Priesterseminar nun in Eigeninitiative die Werbeaktion "Ruf! Mitten im Beruf" gestartet.
"Wir wollen die Kirche positiv und modern darstellen", erklärt Bruder Lukas das Hauptziel der Aktion. Der Benediktiner hält das öffentliche Auftreten der Kirche für "manchmal etwas altbacken" und möchte es mit professioneller Werbung nun besser machen. Bruder Lukas gehört seit acht Jahren zum Kloster Nütschau in Schleswig-Holstein. 2014 kam er zum Theologie-Studium nach Lantershofen und wird in einigen Jahren zum Priester geweiht. In den Jahren vor dem Ordenseintritt war der heute 41-Jährige in einer großen Werbeagentur in Hamburg beschäftigt. "Ich habe europaweite Kampagnen geplant und war für die Entwicklung großer Marken verantwortlich", beschreibt der Werbefachmann sein früheres Leben.
Bei einem Spaziergang in den Weinbergen des Ahrtals kam dem jungen Ordensmann gemeinsam mit seinem Studienkollegen Brummer die Idee zur Werbeaktion. "Wir hatten vorher immer gesagt, man müsste das Studium in Lantershofen bekannter machen", erzählt Brummer. Der 28-Jährige stammt aus dem Erzbistum München und Freising und war vor seinem Eintritt ins Priesterseminar in der kirchlichen Verwaltung beschäftigt. Bei der Werbeaktion, die seit Februar 2018 läuft, ist der Münchener für die Technik zuständig, während Bruder Lukas das Konzept entworfen hat. Beide haben bereits mehr als 1.000 Stunden ihrer Freizeit in die Verwirklichung der Werbeidee investiert. Auf dem Campus in Lantershofen haben sie nun ein Öffentlichkeitsbüro eingerichtet.
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Beiden Seminaristen war besonders eine Ästhetik wichtig, die auch kirchenferne Menschen anspricht. "Der Köder soll dem Fisch schmecken", sagt Bruder Lukas und lacht. Bei der Werbeaktion setzen sie auf Hochglanzbilder und satte Farben, die sofort ins Auge fallen. Zudem setzen sie auf Köpfe: Auf den Plakaten und Flyern sind Priester im Kollarhemd abgebildet, die in Lantershofen studiert haben. Sie fassen in einem markigen Satz ihren Weg vom weltlichen Beruf zur kirchlichen Berufung zusammen. So auch Manuel Vetter: "Als Schreiner habe ich Möbel gebaut – als Priester baue ich am Reich Gottes". Der ehemalige Tischler ist heute Priester des Bistums Würzburg. Auf den professionellen Fotos sieht man Vetter in einer typischen Arbeitsszene seines früheren Berufs: Mit einem Hobel bearbeitet er einen Balken. Neben dem Handwerker werben auch ein früherer OP-Pfleger, ein Maurer, ein Kaufmann, ein Verwaltungsangestellter und ein Fahrdienstleiter für den Priesterberuf. Insgesamt sechs Absolventen des Studienhauses wurden als Models gecastet.
Die heutigen Priester zur Mitwirkung zu überreden war nicht schwer, verrät Brummer. Schließlich habe die Idee zur Werbung bei Hausleitung, Mitstudenten und Absolventen großes Wohlwollen gefunden. Regens Volker Malburg half bei der Auswahl der Models. "Er kennt schließlich alle Absolventen", so Brummer. Die beiden Organisatoren beklagen, dass die Gesichter der Kampagne ausschließlich aus Bistümern in Süd- und Westdeutschland stammen. Aber dies sei ein Spiegel der kirchlichen Realität in Deutschland. Denn auch unter den derzeit etwa 40 spätberufenen Seminaristen in Lantershofen sind Ost- und Norddeutsche in der Minderheit.
Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie "im Beruf von der Berufung erwischt wurden", wie Bruder Lukas sagt. Zudem hätten sie ihrer alten Tätigkeit nicht im Groll den Rücken gekehrt. "Die Freude am Beruf ist noch da", beschreibt Brummer die gemeinsame Erfahrung der Seminaristen. Um mit der Werbeaktion von ihren Lebenswegen erzählen zu können, gab es neben der breiten Zustimmung, auch finanzielle Unterstützung. "Einige unserer Heimatbistümer und Freunde des Hauses haben uns mit Spenden geholfen", so der Organisator der Kampagne.
Das Geld können sie gut gebrauchen, denn die Aktion ist umfangreich angelegt: Erst vor kurzem wurden in Teamarbeit mit den Mitbrüdern aus dem Seminar 6.300 Pakete mit Flyern und anderem Info-Material gepackt und an Pfarreien und andere Orte kirchlichen Lebens in Deutschland verschickt. Auch beim im Mai anstehenden Katholikentag in Münster wird die Kampagne dabei sein. "Wir haben vor Ort Plakatwände gebucht, werden in den Bussen mit Werbung und mit den Models auf mehreren Bühnen präsent sein", verrät Bruder Lukas. Nach dem Katholikentag soll es mit "Ruf! Mitten im Beruf" weitergehen. In den sozialen Netzwerken oder vor Ort in interessierten Pfarreien wollen die Spätberufenen über einen längeren Zeitraum hinweg über ihren Weg zum Priestertum informieren.
Obwohl die Werbekampagne erst seit kurzem läuft, gab es bereits Rückmeldungen. "Viele waren überrascht, dass Werbung für die Kirche so ästhetisch sein kann", sagt Bruder Lukas mit erkennbarem Stolz. Sein Mitbruder Brummer gibt zu: "Wir wissen, dass wir durch unsere Aktion keine Berufungen machen können." Das könne nur Gott selbst, ist er überzeugt. Er hält die Werbekampagne dennoch für sinnvoll: "Wir wollen diesen besonderen Weg, Priester zu werden, allen Interessierten bekannt machen."