Müller: Medien prangern Christen systematisch an
Laut Kardinal Gerhard Ludwig Müller werden Christen über die Medien vielfach systematisch angeprangert. "Es wird andauernd schlecht über Kirche und ihre Geistlichen berichtet", sagte Müller dem Online-Jugendmagazin "f1rstlife" in einem Interview (Montag). Dabei vergesse man, dass es zahlreiche Priester gebe, "die immer für andere da sind". Viele Geistliche, aber auch engagierte Laien würden sogar jedes Jahr für ihren Glauben sterben. "Da frage ich mich: Wer schafft den Märtyrern Gerechtigkeit?", so der Kardinal. Sie hätten es verdient, wegen ihrer Glaubwürdigkeit und ihrer Einsatzbereitschaft von den Medien gewürdigt zu werden, "gerade auch von den kirchlichen".
Christenverfolgungen gebe es nicht nur in islamisch oder kommunistisch geprägten Ländern, sagte Müller weiter. "Auch bei uns in Europa gibt es eine subtile Form von Christenverfolgung." Wenn jemand wegen seines Glaubens lächerlich gemacht werde, sei das eine Form des Angriffs auf die Religionsfreiheit. Viele Menschen riefen nach Toleranz, nutzten sie aber ausschließlich als Waffe gegen andere. "Sie erwarten Toleranz für sich, sind aber nicht bereit, anderen Ansichten ebenfalls Respekt zukommen zu lassen." Katholiken dürften sich nicht nur dann beschweren, wenn Christen verfolgt würden, so der Kardinal. "Wir müssen uns für alle einsetzen, wenn sie wegen ihres Glaubens diskriminiert werden."
"Konservativ" passt nicht zur Kirche
Auch innerkirchlich sei es so, dass derjenige kritisiert werde, der den katholischen Glauben "so vertritt, wie er ist", sagte Müller weiter. Es werde häufig unterschieden zwischen progressiv und konservativ. "Konservativ ist heute für viele Menschen ein Schimpfwort, dabei passt es überhaupt nicht auf die Kirche", so der Kardinal. Es gebe in der Kirche höchstens die Unterscheidung zwischen rechtgläubig – den Glauben anzunehmen, wie er offenbart worden ist – oder ihn zu verfälschen. "Die Wahrheit, die Christus offenbart hat, ist nicht konservativ. Seine Botschaft veraltet nie."
Müller äußerte sich zudem zum Begriff "christliches Abendland", zu dem in der jüngeren Vergangenheit mehrere deutsche Bischöfe Stellung bezogen hatten: Der Terminus habe eine lange Tradition und beginne mit dem Zusammenbruch des weströmischen Reiches. "Wir ziehen auch heute die positiven Ideen und Visionen daraus: Das friedliche Zusammenleben in Europa ist eine Idee, die aus der christlichen Tradition und Überzeugung geboren ist." Für jeden Menschen stelle sich von Anfang an die Frage, ob er in diese positive Tradition mit seinem Glauben eintreten wolle, so Müller. (tmg)