Kommission für Friedenspolitik schreibt Offenen Brief

Pax Christi kritisiert Militärbischof Overbeck

Veröffentlicht am 09.05.2018 um 12:30 Uhr – Lesedauer: 
Friedenspolitik

Pforzheim ‐ Militärbischof Franz-Josef Overbeck sagt zwar, dass "Waffen zu segnen" nicht seine Aufgabe sei. Pax Christi sieht darin jedoch eine "Selbsttäuschung" und übt Kritik an Overbecks Amtsausübung.

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Die katholische Friedensbewegung Pax Christi hat Militärbischof Franz-Josef Overbeck kritisiert. Dieser weiche dem Problem der "strukturellen Unverträglichkeit von Militär und Christentum" aus, indem er den Blick auf die Gewissensentscheidung des Einzelnen lenke, heißt es in einem Offenen Brief. Verfasst wurde er vom Sprecher der Pax-Christi-Kommission Friedenspolitik, Christof Grosse, sowie fünf weiteren Mitgliedern anlässlich des "Tages der Militärseelsorge" am Freitag auf dem Katholikentag. Die Militärseelsorge solle nicht nur für "Menschen in ihren Gewissensentscheidungen" eine Stütze sein, die sich bereits "für eine aktive und direkte Beteiligung am Militärgewaltsystem" entschieden haben, heißt es in dem Brief. Sie solle auch zur Einschränkung militärischer Gewalt oder zu deren Verhinderung beitragen können, so der Sprecher.

Konkret kritisieren die Autoren ein Interview Overbecks im Bonner General-Anzeiger vom Jahresbeginn, das mit der Überschrift "Ich bin nicht dazu da, Waffen zu segnen" betitelt war. Zwar segne der Militärbischof im rituellen Sinn keine Waffen, trage aber durch seine Amtsausübung "höchstwahrscheinlich zur Verstärkung und Perpetuierung des 'Mythos erlösender Gewalt'" bei, so Grosse. Daher sei er "sehr wohl dazu da, im politischen und kulturellen Sinn 'Waffen zu segnen'". Die Unterzeichner könnten, "da wir unter 'segnen' nicht ein magisches, sondern ein psycho-soziales Geschehen verstehen, die Titel-Aussage Ihres Interviews kaum anders denn als Ausdruck von Selbsttäuschung verstehen".

Bild: ©KS / Doreen Bierdel

Militärbischof Franz-Josef Overbeck zu Besuch bei einem Auslandseinsatz der Bundeswehr.

Overbeck schätze die militär- und sicherheitspolitischen Entwicklung der Bundeswehr seit dem Mauerfall "offensichtlich durchweg positiv" ein, lautet ein weiterer Kritikpunkt. Das reiche über die Beschwörung "weltweite(r) Gefahren" als treibende Kraft der Umwandlung der einst grundgesetzlich verankerten Verteidigungsarmee in eine "Armee im Einsatz", bis hin zu einem vorbehaltlosen Lobspruch auf die Bundeswehr als "Parlamentsarmee" mit "klaren ethischen Standards". Der Essener Bischof Overbeck ist seit 2011 der Katholische Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr.

Pax Christi: Militärische Gewalt ist niemals geboten

Die Unterzeichner widersprechen der Aussage Overbecks, dass im Konfliktfall militärische Gewalt "mitunter" geboten sein könne. Nach der traditionellen kirchlich-ethischen Beurteilung von militärischer Gewalt könne ein Rückgriff auf Gewalt unter Umständen zwar erlaubt ("gerechtfertigt") sein, aber niemals geboten. Auch sehe man keine Anhaltspunkte, dass die militärseelsorgerliche ethische Unterweisung mit Blick auf eine Einschränkung oder Verhinderung militärischer Gewalt praktiziert werde. Das Schweigen zu "politisch-moralisch hoch problematischen" Einsätzen der Bundeswehr lasse eher das Gegenteil befürchten. Die Autoren befürchten zudem, dass eine faire und kompetente Auseinandersetzung mit dem jesuanischen Ethos aktiver Gewaltfreiheit im "Lebenskundlichen Unterricht" grundsätzlich fehlt.

Die internationale Pax-Christi-Bewegung entstand nach dem Zweiten Weltkrieg und ist heute in mehr als 60 Ländern aktiv. Die Friedensbewegung bezieht Stellung gegen Krieg und Menschenrechtsverletzungen, tritt für gerechte Strukturen im Zusammenleben der Völker ein und sucht nach zivilen Wegen der Konfliktaustragung. In Deutschland hat Pax Christi nach eigenen Angaben rund 5.000 Mitglieder und finanziert sich auf Bundesebene derzeit zu 80 Prozent durch Mitgliedsbeiträge und Spenden und zu 20 Prozent aus dem Beitrag des Verbandes der Diözesen Deutschlands. (luk)