Kriminologe über Missbrauchsstudie

Pfeiffer: "Erschütterungsrhetorik" der Kirche überzeugt nicht

Veröffentlicht am 25.09.2018 um 11:00 Uhr – Lesedauer: 

Passau/Fulda ‐ Ursprünglich war er mit der Erstellung einer Missbrauchsstudie betraut worden, bis die Bischöfe die Zusammenarbeit aufkündigten: Jetzt meldet sich Kriminologe Christian Pfeiffer zur neuen DBK-Studie – und sieht massive Fehler.

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Der Kriminologe Christian Pfeiffer wirft den deutschen Bischöfen mangelnde Transparenz bei ihrer Studie zum Ausmaß des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche vor. Es sei nicht zu verstehen, dass den Autoren der Studie kein Zugang zu Originaldokumenten in den Kirchenarchiven eingeräumt worden sei. "Die Bischofskonferenz hat mit dieser Entscheidung ihre eigene Forschung massiv entwertet", sagte Pfeiffer der Deutschen Presse-Agentur.

Wenn die Kirche das Vertrauen der Gläubigen wieder zurückgewinnen wolle, müsse sie offenlegen, wo sie Fehler begangen habe, so Pfeiffer weiter. "Sie muss auch personelle Konsequenzen ziehen." Im Ausland sei den von Missbrauch Betroffenen überdies wesentlich mehr Geld als Anerkennung für das erlittene Leid ausgezahlt worden.

Beispielhaft verwies der Kriminologe unter anderem auf die Untersuchungen durch staatliche Stellen in der US-amerikanischen Kirche. Dort sei "volle Transparenz" hergestellt worden. Dies müsse auch in Deutschland geschehen. "Diese ganze verbale Erschütterungsrhetorik, die wir heute zu hören bekommen, überzeugt mich nicht, solange die Kirche nicht konsequent ist und die Dinge nicht wirklich offenlegt."

Pfeiffer ist ehemaliger Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN). Die Deutsche Bischofskonferenz hatte im Jahr 2011 das KFN damit beauftragt, eine Studie über Missbrauch in der Kirche zu erstellen. Im Januar 2013 war die Zusammenarbeit mit dem Institut jedoch überraschend gekündigt worden. Als Gründe nannten die Bischöfe damals eine fehlende gemeinsame Basis und einen massiven Vertrauensverlust. Pfeiffer hatte der Kirche zuvor Zensur vorgeworfen. Die Bischöfe beschlossen anschließend einstimmig, an der Realisierung des Forschungsprojekts festzuhalten und einen neuen Partner mit der Durchführung zu beauftragen.

Johannes-Wilhelm Rörig im Porträt
Bild: ©KNA

Johannes-Wilhelm Rörig ist der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung.

Auch Johannes-Wilhelm Rörig, Beauftragter der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, nahm zur Missbrauchsstudie Stellung und forderte die Kirche zu Entschädigungszahlungen auf. "Das ist noch eine offene Wunde", sagte Rörig am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". Mit der Frage, was hier angemessen sei, müsse sich die Bischofskonferenz in Fulda beschäftigen.

Rörig forderte die Kirche zudem auf, die weitere Aufarbeitung der Missbrauchsfälle staatlichen Behörden zu übergeben. Dies sollten Kirche, Bund und Länder vertraglich regeln, bekräftigte er. Ermittler müssten dadurch Zugang zu kirchlichen Archiven bekommen. Täter müssten benannt werden. Die Kirche habe Glaubwürdigkeit und Vertrauen verloren, weil einzelne Personen nicht zur Verantwortung gezogen worden seien. (tmg/dpa/KNA)