Krzysztof Kauf und seine "Seelsorge-Ambulanz"

Polens rasender Priester

Veröffentlicht am 22.12.2016 um 17:01 Uhr – Lesedauer: 
Seelsorge

Stronie Slaskie ‐ Der polnische Priester Krzysztof Kauf fährt zu seinen Gemeindemitgliedern mit einem Auto, das aussieht wie eine Soutane. Es geht ihm aber nicht um die Show. Was ihn antreibt, verrät er im Interview.

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Das kleine Auto des polnischen Priesters Krzysztof Kauf fällt auf - und dem Geistlichen ist es gerade Recht so: Seit einem Jahr ist Kauf in seiner dörflichen Gemeinde in Niederschlesien in einem mattschwarz lackierten Fiat 126p unterwegs, der vorne eine Stola aufgemalt hat und auf dem Dach eine blinkende Priesterhaube trägt. Der 44-Jährige besucht mit dieser "Seelsorge-Ambulanz", wie er das Auto nennt, seine weit verstreut lebenden Gemeindemitglieder und will zeigen, dass er stets ansprechbar ist. Im Interview verrät Kauf, welche Pläne er noch verfolgt.

Frage: Pfarrer Kauf, wie sind Sie auf die Idee zur "Seelsorge-Ambulanz" gekommen und wie reagieren die Menschen darauf?

Kauf: Schon vor 15 Jahren hatte ich zum ersten Mal die Idee, nicht nur auf die Leute zu warten, sondern aktiver auf sie zuzugehen. Ich bin ein Priester und möchte mit meinem Leben etwas Gutes bewirken. Vor einem Jahr, zu Nikolaus, habe ich dann den alten „Fiat Polski“ gekauft und das Auto von einem befreundeten Priester der Nachbargemeinde verzieren lassen - natürlich ohne irgendwelche Vorschriften zu verletzen. Der Kollege fand die Idee so gut, dass er sich kurz darauf selbst einen Trabbi kaufte und den hat er genauso zu so einer "Ambulanten Seelsorge" umgebaut. Heute ist es ja so, dass die Menschen nicht nur körperlich erkranken, sondern zum großen Teil auch an der Seele. Sie brauchen also so eine "Ambulanz" für die Seele. Und so reagieren die meisten Menschen auf das Auto erst einmal mit großen Augen und manchmal mit einem Lächeln. Aber alle, die von dem Projekt hören, reagieren positiv darauf.

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Frage: Für wie viele Menschen sind Sie als Priester zuständig und um welche Themen geht es?

Kauf: Meine Gemeinde besteht aus 420 Menschen in sechs Dörfern, die in einem Umkreis von rund 30 bis 40 Kilometer voneinander zerstreut sind. Wenn Touristen da sind, sind es mehr Gemeindemitglieder. Ich fahre dann rund 200 Kilometer in der Woche. In die Gegend hier am Fuße des Glatzer Schneegebirges mit dem Schwarzen Berg (Czarna Gora) kommen im Winter Skitouristen aber auch Urlauber im Sommer, da es die Berge und einen Stausee gibt. Mit meiner "Ambulanten Seelsorge" bringe ich den Menschen die Sakramente, spreche mit Gemeindemitgliedern bei Problemen in der Familie und bringe auch schon mal jemanden ins Krankenhaus, wenn es nötig ist. Auch die Urlauber wollen reden: Da sind viele Ältere dabei, die das Gespräch suchen und Bergwanderer, die sich Fragen zu ihrem Leben stellen. Es kommt auch vor, dass Menschen bei mir die Lebensbeichte ablegen wollen.

Frage: Wäre "der rasende Pfarrer" auch ein Modell für die Kirche in ganz Westeuropa?

Kauf: Ja, das ist ein Modell für die Kirche überall. Papst Franziskus sagt es doch auch ständig: "Steht auf vom Sofa, geht raus zu den Leuten". Genau das hat ja auch Jesus getan: Er ist rausgegangen, um die Verlorenen zu suchen und ihnen die Vergebung zuzusprechen. Aber wichtiger als das Signallicht auf dem Auto ist meine Telefonnummer, die auf der Heckscheibe steht. Die Menschen wissen dann: "Da ist ein Priester, der wartet, den kann ich Tag und Nacht anrufen, auch wenn ich nachts Selbstmordabsichten habe und nicht weiß, an wen ich mich sonst wenden könnte". Meine Arbeit hört aber nicht auf bei der "seelsorgerlichen Ambulanz". So wie ein Rettungswagen ins Krankenhaus fährt, fände ich es gut, wenn mein Auto die Leute zu dem von mir geplanten "Spa für die Seele" führen könnte. Ich habe vor, ein Exerzitienhaus zu errichten, als Ergänzung zu den auf den Körper ausgerichteten Wellness-Hotels, die es in dieser Urlaubsregion hier gibt.

Von Agathe Lukassek