Nach Bruch zwischen Moskau und Konstantinopel

Russen verlassen Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland

Veröffentlicht am 16.10.2018 um 14:42 Uhr – Lesedauer: 

München ‐ Gestern kündigte die russisch-orthodoxe Kirche die Gemeinschaft mit Konstantinopel auf. Heute ziehen die russisch-orthodoxen Bischöfe in Deutschland ihre Konsequenzen: Sie verlassen die Orthodoxe Bischofskonferenz.

  • Teilen:

Die drei russisch-orthodoxen Bischöfe in Deutschland ziehen sich aus der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland (OBKD) zurück. "Leider müssen wir vorläufig die Mitarbeit in der OBKD einstellen", sagte der Leiter der deutschen Eparchie (Diözese) der russisch-orthodoxen Auslandskirche, Erzbischof Mark, im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Dienstag in München. "Das ist sehr schmerzhaft, aber wir können nicht auch nur indirekt gutheißen, was da gegen die Orthodoxie in der Ukraine und in Russland geschieht."

Damit folgen die Bischöfe einem Beschluss der Leitung der russisch-orthodoxen Kirche. Diese hatte im September angeordnet, dass Bischöfe die Mitarbeit in kirchlichen Gremien einstellen, die vom Patriarchat von Konstantinopel geleitet werden. Die Kirche protestiert damit gegen die Initiative des Ökumenischen Patriarchates von Konstantinopel zur Bildung einer eigenständigen und damit von Moskau unabhängigen Landeskirche in der Ukraine.

Eucharistische Gemeinschaft aufgekündigt

Die russisch-orthodoxe Kirche hatte am Montag im Streit um die kirchliche Hoheit über die Ukraine jeden Kontakt mit dem Patriarchen von Konstantinopel abgebrochen. Damit vertieft sich die Spaltung zwischen den wichtigsten Machtzentren der orthodoxen Christenheit. Das Leitungsgremium der russisch-orthodoxen Kirche habe beschlossen, "dass es unmöglich ist, die eucharistische Gemeinschaft mit dem Ökumenischen Patriarchat fortzusetzen", teilte das kirchliche Außenamt nach einer Sitzung des Heiligen Synods in der weißrussischen Hauptstadt Minsk mit. Solange Konstantinopel seine "antikanonischen Entscheidungen" nicht widerrufe, dürften Laien keine Sakramente des Patriarchats von Konstantinopel empfangen.

Der 2010 gegründeten Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland gehörten bislang 16 Diözesan- und Weihbischöfe aus sieben orthodoxen Kirchen an. Vorsitzender der OBKD ist der griechisch-orthodoxe Metropolit Augoustinos (80) mit Sitz in Bonn. Gemäß der Kirchenstatuten leitet die Bischofskonferenz stets der ranghöchste Bischof des Patriarchats von Konstantinopel. Die OBKD ist Träger zahlreicher gemeinsamer Initiativen der mittlerweile an die zwei Millionen orthodoxen Christen in Deutschland. (tmg/KNA)

Metropolit Augoustinos ist Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Christen in Deutschland.
Bild: ©Griechisch-Orthodoxe Metropolie von Deutschland

Metropolit Augoustinos ist Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Christen in Deutschland und Vorsitzender der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland.

Stellungnahme von Metropolit Augoustinos:

"Mit Enttäuschung und Trauer habe ich den gestrigen Beschluss des Hl. Synods des Moskauer Patriarchats zur Kenntnis genommen, die Eucharistiegemeinschaft mit dem Ökumenischen Patriarchat, dessen Metropolit in Deutschland ich bin, aufzukündigen. Nach den Äußerungen, die der Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats Metropolit Hilarion von Volokolamsk in den letzten Tagen gemacht hatte, war diese Entscheidung zu erwarten. Sie ist im Grunde eine Ausweitung des am 14. September 2018 gefassten Moskauer Beschlusses, Konzelebrationen von Bischöfen unserer Patriarchate zu unterlassen, und betrifft jetzt zusätzlich auch die Priester und Laien. Wie damals gilt auch dieses Mal: Betroffen sind insbesondere die Kirchengemeinden in der sogenannten Diaspora, wo es ein Zusammenleben beider Patriarchate gibt, also etwa auch in Deutschland.

Die vielen guten Erfahrungen, die wir in den wechselseitigen Beziehungen unserer orthodoxen Kirchengemeinden und Diözesen hierzulande – insbesondere nach der Überwindung des innerrussischen Schismas zwischen Moskauer Patriarchat und russischer Auslandskirche (2007) und der Gründung der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland (2010) – gemacht haben, lassen mich allerdings an einer wesentlichen Verschlechterung des guten Miteinanders der orthodoxen Gläubigen, Priester und auch der Bischöfe in Deutschlands zweifeln. Wir haben vergleichbare Situationen auch in der Vergangenheit – etwa vor 2007 – erlebt; es gibt in der Gegenwart ähnliche Konflikte zwischen den Patriarchaten von Antiochien und Jerusalem, die keine weitergehenden Konsequenzen haben, so dass ich für die Zukunft nicht pessimistisch denke.

Was die Ukraine betrifft, ist es die gemeinsame Sorge aller orthodoxen Christen, wie es gelingen kann, die kirchlichen Spaltungen ekklesial, also nicht politisch, zu lösen; es muss gewaltfrei und effektiv geschehen. Dies ist die dezidierte und unwiderrufliche Absicht des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel, das als Mutterkirche dazu berechtigt und, wie ich meine, auch verpflichtet ist, die erwachsen gewordene Tochter Ukraine in die Selbständigkeit ziehen zu lassen. Dass die ältere Tochter Moskau, das nicht einsieht, ist bedauerlich."