US-Kardinal Wuerl vor Rücktritt?
Der Erzbischof von Washington, Kardinal Donald Wuerl (77), hat in einem Schreiben an die Priester seines Bistums einen möglichen Rückzug thematisiert. Er werde schon bald mit Papst Franziskus über seine Zukunft sprechen, heißt es in dem Brief, aus dem örtliche Medien am Dienstag (Ortszeit) zitierten. Unklar blieb, ob Wuerl den Papst bitten will, seinen vor drei Jahren mit Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren eingereichten Rücktritt anzunehmen. Der Papst kann den im Kirchenrecht vorgeschriebenen Amtsverzicht ablehnen und die Amtszeit verlängern.
Der Kardinal war im Zuge des Missbrauchsskandals in den USA in die Kritik geraten. In seinem Schreiben sprach der Kardinal Bedenken von Gläubigen an, ob er die richtige Person sei, um die Kirche durch den Missbrauchsskandal zu führen. Die Entscheidung über seine Zukunft sei ein wichtiger Aspekt, damit die Erzdiözese Washington voranschreiten könne.
Wuerl gibt "Fehleinschätzungen" zu
Wuerl wird vorgeworfen, von sexuellen Verfehlungen seines Vorgängers Theodore McCarrick (88) gewusst, diese aber verschwiegen zu haben. Zudem soll er in seinen 18 Jahren als Bischof von Pittsburgh nicht hart genug gegen sexuelle Übergriffe von Priestern vorgegangen sein und Geistliche, die sich an Kindern vergingen, lediglich an andere Orte versetzt haben. Wuerl hat bestritten, von den Übergriffen McCarricks gewusst zu haben, mit Blick auf seine Amtszeit in Pittsburgh aber auch "Fehleinschätzungen" und "Unzulänglichkeiten" eingeräumt.
Bereits Ende August war der Erzbischof nach Rom gereist, um mit Franziskus über die Vorwürfe zu beraten. Anschließend stellte er sich auf Empfehlung des Papstes einem Gespräch mit rund 100 Priestern seiner Erzdiözese. Vereinzelt wurden dabei auch Rücktrittsforderungen Geistlicher gegen Wuerl laut. Insgesamt erhielt der Kardinal laut Medienberichten aber breite Unterstützung.
Papst empfängt einige US-Bischöfe
Wie am Dienstagabend bekannt wurde, wird der Papst am Donnerstag einige US-Bischöfe im Vatikan empfangen. Angeführt wird die Delegation laut Vatikanangaben vom Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz, Kardinal Daniel DiNardo. Er hatte den Papst in der Affäre um McCarrick um eine Audienz gebeten. Zu dem Treffen erwartet werden auch der Bostoner Kardinal Sean Patrick O'Malley, Vorsitzender der päpstlichen Kinderschutzkommission, der Vizepräsident der US-Bischofskonferenz, der Erzbischof von Los Angeles, Jose Horacio Gomez, und der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Brian Bransfield. Angaben über eine Teilnahme Wuerls gab es zunächst nicht.
Die US-Bischofskonferenz drängt den Vatikan zu einer umfassenden Aufklärung. Die Vertuschungsvorwürfe des früheren Nuntius in den USA, Erzbischof Carlo Maria Vigano, verlangten schlüssige Antworten, die auf Beweisen beruhen, hatte Kardinal DiNardo bereits kurz nach Bekanntwerden der Anschuldigungen Ende August gesagt. Er hoffe auf eine baldige Audienz bei Papst Franziskus und dessen Zustimmung zu Plänen der US-Bischofskonferenz für ein schärferes Vorgehen gegen Bischöfe, die Missbrauch begangen oder vertuscht haben, so DiNardo damals. (bod/KNA)