Van der Bellen: Vom Papst etwas lernen
Bei seinem Gespräch mit dem Papst hat Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen besonders beeindruckt, wie Franziskus die Menschen anspricht. "Ein hoch intelligenter Mann, der mit seinen Formulierungen Bilder schafft, die die Menschen ins Herz treffen", sagte Van der Bellen nach der Begegnung am Donnerstag vor Journalisten in Rom. "Davon können wir Politiker viel lernen", so der Bundespräsident.
Wenn man die Spiritualität erlebe, die Franziskus verkörpert, "dann merkt man, dass man das doch vermisst hat über die Jahre", so Van der Bellen. Volkswirte wie er müssten viel abstrakter denken; da gehe ihnen etwas ab. Der frühere Grünen-Politiker Van der Bellen, der als evangelischer Christ aus der Kirche ausgetreten ist, hatte sich bereits zuvor mehrfach anerkennend über Papst Franziskus geäußert.
"Natürlich" habe er Franziskus auch zu einem Besuch nach Österreich eingeladen, so der Bundespräsident. Da das Land - verglichen mit anderen Staaten - aber keine so brennenden Probleme habe, werde der Papst, der an die Ränder geht, wohl so schnell nicht in die Alpenrepublik kommen. Das Verhältnis zwischen Österreich und dem Heiligen Stuhl sei aber ausgezeichnet.
Einigkeit bestehe auch bei den Anliegen eines Atomwaffenverbotes und der Abschaffung der Todesstrafe. Der jüngste UN-Atomwaffenverbotsvertrag, dem Anfang Juli in New York 122 Staaten zugestimmt haben, ist unter maßgeblicher Beteiligung österreichischer Diplomaten entstanden. Zur Abschaffung der Todesstrafe hatte sich der Papst vor einigen Wochen ausführlicher geäußert. In einer Rede zum 25-jährigen Erscheinen des katholischen Weltkatechismus hatte er gefordert, die Verurteilung der Todesstrafe im Katechismus solle noch entschiedener gefasst werden.
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Wie Bundespräsident Van der Bellen sagte, sei es im Gespräch mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin vor allem um konkrete außenpolitische Themen gegangen. Sorge bereite beiden Seiten der Stillstand in der Ukraine oder das "entstehende Vakuum in Bosnien-Herzegowina", das zunehmend von türkischen und arabischen Institutionen gefüllt werde.
Natürlich habe man auch über Europas Probleme und den Umgang mit Flüchtlingen und Migranten gesprochen. Dabei gestand Van der Bellen, auch er selbst verstehe nicht ganz, weshalb es heute viel mehr Unsicherheit und Ablehnung gebe als etwa 2015, "als wir echte Probleme mit den Flüchtlingen hatten". In den Folgejahren hätten sich die Asylbewerberzahlen doch jeweils halbiert.
Am Nachmittag will Bundespräsident Van der Bellen, der von seiner Frau Doris Schmidauer begleitet wird, den Malteserorden in dessen Zentrale auf dem Aventin-Hügel besuchen. Dort wird er mit Großkanzler Abrecht Freiherr von Boeselager sowie dem Statthalter des Großmeisters, Fra Giacomo Dalla Torre del Tempio di Sanguinetto, zusammentreffen. Am Abend trifft Van der Bellen die Leitung der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio im Stadtteil Trastevere. Im Gespräch mit ihnen will er sich über die Arbeit der Gemeinschaft mit Flüchtlingen und Migranten informieren. (KNA)