Warum eine Kathedrale zum Prüfstein der Weltorthodoxie werden könnte
Mit 120 Metern Länge, 70 Metern Breite und 120 Metern Höhe ist sie eine der größten orthodoxen Kirchen weltweit. Sie bietet 5.000 Menschen Platz - doch das wird bei weitem nicht reichen, wenn die "Kathedrale zur Erlösung der Nation" in Bukarest am Sonntag (25. November) geweiht wird. Rumänische Medien und Behörden rechnen mit rund 30.000 Teilnehmern.
Innerorthodoxe Krise belastet Kirchweihe
Erwartet werden nicht nur die Spitzen von Staat und rumänisch-orthodoxer Kirche. Der Altarweihe soll auch das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie beiwohnen, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel. Eingeladen waren eigentlich alle Oberhäupter der orthodoxen Nationalkirchen. Doch die innerorthodoxe Krise um die Anerkennung einer von Moskau unabhängigen vereinten Nationalkirche der Ukraine macht das Fest der Kirchweihe in Bukarest auch zu einem diplomatischen Belastungstest.
Eigentlich hatte es in der rumänischen Hauptstadt erstmals nach spannungsreichen Jahren eine Wiederbegegnung von Bartholomaios I. und seinem Moskauer Amtsbruder Kyrill I. geben sollen, und zwar im Rahmen einer "Synaxis", eines Gipfels aller Oberhirten der Orthodoxie. Davon war freilich zuletzt keine Rede mehr. Der zum mächtigen Moskau hinneigende Teil der Weltorthodoxie dürfte der Begegnung mit dem ukrainefreundlichen Bartholomaios I. nach der Aufkündigung der liturgischen Mahlgemeinschaft ausweichen.
Die Idee zum Bau einer neuen rumänischen Nationalkirche ist mehr als 150 Jahre alt. Die bisherige Kathedrale Sankt Konstantin und Helena aus der Mitte des 17. Jahrhunderts war ursprünglich eine Klosterkirche und wurde erst später zur Bischofskirche. Mit ihren nur rund 500 Plätzen war sie schon lange viel zu klein. Mit der Gründung des rumänischen Patriarchats 1925 wurde sie zwar zur Hauptkirche des Landes, jedoch eigentlich stets als Provisorium empfunden.
Neubau als "Symbol der rumänischen Seele"
Bis der Wunsch nach einem Neubau als "Symbol der rumänischen Seele" realisiert werden konnte, mussten jedoch zunächst vier Jahrzehnte kommunistischer Herrschaft überwunden werden. Nach der Wende trieb der greise Patriarch Teoctist I. (1915-2007) das Projekt entschlossen voran, ebenso wie sein Nachfolger, Patriarch Daniel (67). 2004 erhielt das Patriarchat fünf Hektar Land für den Bau. Allerdings focht der damalige Oberbürgermeister und spätere Staatspräsident Traian Basescu die Umsiedlung gerichtlich an; die Kirche musste sich einen anderen Bauplatz suchen.
Mehr als sieben Jahre nach der Grundsteinlegung ist es nun so weit, und sogar im Zeitplan. Nach Worten von Patriarch Daniel ist die Nationalkathedrale zu 96 Prozent fertiggestellt. Rund 110 Millionen Euro hat der Bau laut jüngsten Medienberichten gekostet. Nach Angaben des rumänischen Patriarchats stammen rund drei Viertel vom Staat und dem Bukarester Stadtrat.
Unklar bleibt, wie viel Geld noch zur Fertigstellung benötigt wird. Für die Innenausstattung setzt man auch auf Großspender und Patenschaften. Am Donnerstagabend sollte der Stadtrat über eine weitere Finanzspritze von umgerechnet 2,1 Millionen Euro abstimmen - zusätzlich zu den 5,4 Millionen, die in diesem Jahr bereits geflossen seien.
"Decker Pitter" muss sich neuer Glocke geschlagen geben
Die Bukarester "Kathedrale zur Erlösung der Nation" wird der Auferstehung Christi und dem heiligen Andreas geweiht, der am Beginn des Christentums in der Dobrudscha das Evangelium verkündete. Sie hat eine ähnliche Symbolkraft wie die Hauptkirche der serbischen Orthodoxie, die Ende 2017 geweihte Kuppelkirche Sankt Sava in Belgrad, die mehr als 10.000 Menschen Platz bietet.
Der Baukomplex in der Nähe des rumänischen Parlamentspalastes umfasst auch zwei Mehrzweckhallen für je 1.000 Personen, zwei Pilgerherbergen sowie eine Suppenküche. Und einen Superlativ hat Rumäniens Nationalkathedrale bereits dem Kölner Dom abgejagt: Im November 2016 wurde in der Innsbrucker Gießerei Grassmayr die größte freischwingende Glocke der Welt gegossen, mit einem Durchmesser von 3,35 Metern und 25,2 Tonnen Gewicht. Der "Decke Pitter" in Köln bringt es "nur" auf 3,22 Meter und 24 Tonnen.