Katholischer Theologe begründet Tierschutz aus Sicht der Bibel

Warum im Paradies immer Veggie-Day ist

Veröffentlicht am 29.11.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Theologie

Plankstetten ‐ Michael Rosenberger aus Linz ist Moraltheologe - und genauso Tierfreund wie überzeugt davon, dass es ethisch in Ordnung geht, seine Mitwesen zu töten und aufzuessen. Unter bestimmten Bedingungen.

  • Teilen:

Er liefert zwar Sätze, die die Tierschützer freuen: "Beim Vorschlag der Grünen zum Veggie-Day hätte ich mir gewünscht, dass die Bischöfe sofort Hurra schreien." Er sagt aber auch: "Es gibt Fälle, in denen die Tötung von Tieren für mich ethisch zu rechtfertigen ist."

Michael Rosenberger ist für seine Zuhörer keine reibungslose Figur. Der 55-Jährige - Priester, Moraltheologe, Prorektor der Katholischen Privat-Universität Linz - referiert gerade im oberpfälzischen Benediktinerkloster Plankstetten über "Die Würde des Tieres - Eine christliche Tierethik". Der gebürtige Würzburger tut das so, wie sich draußen der Novemberhimmel zeigt: mit Grautönen.

In der Bibel haben Mensch und Tier einen Platz im selben Boot

Rosenberger zählt zunächst auf, was Tiere alles könnten: trauern und Werkzeuge nutzen zum Beispiel. Tiere zeigten zudem eine gelebte Moral, wenn sie sich etwa gerecht verhielten - oder Unmoral, wenn sie egoistisch seien. "Es gibt keine prinzipielle, sondern nur eine graduelle Differenz zwischen Mensch und Tier", folgert er. Das sei der aktuelle Forschungsstand. Wer wollte ihm da widersprechen, zumal bei seinen Zuhörern bei einer Veranstaltung des Diözesanbildungswerks Eichstätt, wo viele der Redner vorausschicken, welche Tiere sie denn alle so zu Hause hegen und pflegen.

Linktipp: "Ganz klares Ja für Kreuze auf Tiergräbern"

Im Vorfeld des Seminars zu christlicher Tierethik in der Abtei Plankstetten hat katholisch.de ein Interview mit Michael Rosenberger geführt. Dürfen Haustiere ein christliches Begräbnis bekommen? Der Moraltheologe findet das richtig. Er erklärt aber, weshalb die Regeln nicht nur für Hund und Katze gelten sollen.

Und so geht es erst mal interessant-tumultlos weiter. Rosenberger zeigt auf, wie nahe sich Mensch und Tier in der Bibel stünden: Schon im ersten Buch der Heiligen Schrift heiße es, beide seien aus Erde und lebendigem Atem gemacht, beide sterblich, beide hätten den Vermehrungssegen bekommen und beide einen Platz im selben Boot, in Noahs Arche. "Menschen und Tiere können also nur zusammen überleben." Und wenn der Mensch als Gottes Ebenbild geschaffen sei, dann heiße das: "Wenn das Tier dich, Mensch, anschaut, sollst du ihm Segen geben." Und nicht etwa einen Mini-Platz im Viehtransport quer durch Europa.

Alles schön und gut, man sei da einer Meinung, kommt irgendwann der erste kritische Zwischenruf von einem Zuhörer. Allein: "Ihr habt doch also in der Kirche alles, was ihr braucht, um euch auf die Seite der Tiere zu schlagen - warum tut ihr's denn nicht? Warum predigt kein Pfarrer gegen Gänsestopfleber oder Pelzmäntel?"

Tierschutz sei von der Kirche lange vernachlässigt worden

Er mache das ja und er sei einer von immer mehr Kirchenvertretern, entgegnet Rosenberger. "Papst Franziskus' Enzyklika 'Laudato si' von 2015 hat da einiges in Bewegung gebracht. Über diese wird Tierethik verpflichtender Bestandteil in der Priesterausbildung." Aber ja, bis dahin hätten Theologen jahrhundertelang verkündet, Tiere seien ohne Vernunft und kämen deshalb nicht in den Himmel. Daher sei der Tierschutz von der Kirche in der Tat lange vernachlässigt worden. Das ändere sich langsam. Zu recht, denn im Johannesevangelium stehe: "Das Wort ist Fleisch geworden. Fleisch im Sinne von Geschöpf, nicht von Mensch." Damit sei jedes Wesen erlöst, Mann und Maus.

Bild: ©Privat

Prof. Dr. Michael Rosenberger ist Priester und lehrt am Institut für Moraltheologie der Katholischen Privatuniversität Linz.

Doch damit es nun in Plankstetten nicht allzu paradiesisch klingt: "Es kann nur Leben geben, weil anderes Leben stirbt - so ist das Ökosystem Erde konstruiert", sagt Rosenberger. So sehr es nötig sei, die Würde und Bedürfnisse der Tiere zu achten, so erklärbar könne es sein, sie zu töten und zu essen. Rosenberger führt dazu "systemische Faktoren" an: "Das ökologische Gleichgewicht etwa. Solange die Jagd dazu dient und nicht der Trophäensammlung, kann ich sie vertreten." Oder die Biodiversität. "Extensive Weidehaltung fördert die Artenvielfalt. Aber das Weidenlassen allein ist für keinen Bauern profitabel. Er muss das Fleisch seiner Tiere verkaufen können."

Dass dieses Fleisch teurer sei, sei klar - und der Verbraucher entsprechend in der Pflicht: mehr zu bezahlen und weniger zu konsumieren. Doch Rosenberger will sein Publikum nicht nur mit Mahnungen heimschicken, zumal die hier ohnehin die Falschen treffen.

Stattdessen gibt er ihnen "eine der großen Visionen der Bibel" mit auf den Weg: "Dereinst soll es keine Gewalt zwischen den Geschöpfen geben. Markus schreibt: Das Reich Gottes ist nahe, wenn Mensch und Tier in Frieden leben." Anders gesagt: wenn ewiglicher Veggie-Day ist.

Von Christopher Beschnitt (KNA)