Die Besonderheiten bei der Berufung von Theologieprofessoren

"Nihil obstat": Wenn dem Lehrstuhl nichts im Wege steht

Veröffentlicht am 12.10.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Kirche prüft genau, wer in ihrem Namen unterrichtet – und zwar nicht nur bei Professoren. Dafür spielt das "Nihil obstat" eine zentrale Rolle – jene Unbedenklichkeitserklärung, die Ansgar Wucherpfennig (bislang) von Rom verweigert wird. Katholisch.de erklärt sie.

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Wer an einer staatlichen Universität in Deutschland Katholische Theologie unterrichten will, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. An erster Stelle steht dabei eine ordentliche Ausbildung, sprich ein Theologiestudium mit anschließender Promotion. Bestenfalls sollte sich der- oder diejenige auch habilitiert haben. Doch das ist nicht alles: Zusätzlich braucht es noch die Unbedenklichkeitserklärung des zuständigen Bischofs, das sogenannte "Nihil obstat". Wie so ein Verfahren abläuft, ist in den "Normen zur Erteilung des Nihil obstat bei der Berufung von Professoren der Katholischen Theologie an den staatlichen Universitäten im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" festgelegt, veröffentlicht von der vatikanischen Bildungskongregation im Jahr 2010.

Aus dem Lateinischen übersetzt bedeutet "nihil obstat" so viel wie "Nichts steht im Wege". "Nichts" heißt: Es gibt keine Bedenken, was die Rechtgläubigkeit, die Lehre oder den Lebenswandel eines Kandidaten betrifft, der für eine Professur vorgesehen ist. Diese Erklärung muss der zuständige Diözesanbischof gemäß des Konkordats der jeweiligen staatlichen Autorität, also der Landesregierung, mitteilen – schließlich ist der Staat der Arbeitgeber des künftig Lehrenden und bezahlt ihn auch.

Der Bischof muss im Vorfeld die bisherigen Veröffentlichungen und den Lebenswandel des Kandidaten genau überprüfen. Dazu holt er eigene Gutachten zu dessen bisheriger wissenschaftlichen Tätigkeit sowie Beurteilungen zu dessen religiös-kirchlicher Praxis ein. Hat der Diözesanbischof Bedenken, ist er angehalten, diese unmittelbar mit dem Kandidaten auszuräumen. Sobald er eine Entscheidung getroffen hat, muss der Bischof sie dem Kandidaten mitteilen. Bei einem späteren Lehrstuhlwechsel ist der Kandidat verpflichtet, dem dann zuständigen Diözesanbischof sein bisheriges "Nihil obstat" zu übermitteln – samt Datum und Ort der Erteilung.

Der Vatikan kommt ins Spiel

Wenn ein Professor das erste Mal auf Lebenszeit berufen wird, muss der zuständige Bischof eine Erklärung des Apostolischen Stuhls einholen, bevor er sein "Nihil obstat" erteilt. Den Antrag dafür richtet der Diözesanbischof über den Apostolischen Nuntius an die Kongregation für das Katholische Bildungswesen in Rom. Zusätzlich muss er in einer eingehenden Stellungnahme seine Ansicht zu Lehre und Lebenswandel des Kandidaten darlegen und begründen. Auch hier gilt: Sind alle Voraussetzungen erfüllt und ist das Verfahrensergebnis positiv, teilt der Heilige Stuhl dies dem Diözesanbischof mit, sodass dieser sein "Nihil obstat" gegenüber der staatlichen Stelle kundtun kann.

Diese Bestimmungen gelten sinngemäß auch für die Fakultäten und Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft. Da diese meist staatlich anerkannt werden, setzt der zuständige Bischof die entsprechende Landesregierung von einer Neubesetzung eines Lehrstuhls in Kenntnis. Vor der Berufung eines Professors holt der Großkanzler, der Vertreter des Trägers bei der Hochschule, das "Nihil obstat" bei der Kongregation für das katholische Bildungswesen ein, falls es der Kandidat noch nicht erlangt hat.

Jesuit Ansgar Wucherpfennig
Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Der Vatikan verweigerte Ansgar Wucherpfennig kürzlich eine weitere Amtszeit als Rektor der Theologisch-Philosophischen Hochschule Sankt Georgen. Grund dafür sei seine positive Haltung zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare.

Ein "Nihil obstat" brauchen gemäß der Apostolischen Konstitution "Sapientia Christiana" (1979) für ihr Amt auch die Rektoren an kirchlichen Hochschulen. Deren Wahl muss die vatikanische Bildungskongregation bestätigen. Dies wurde Ansgar Wucherpfennig, Rektor der Jesuitenhochschule Sankt Georgen in Frankfurt, wegen seiner positiven Haltung zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paaren, jüngst verweigert. In der Konstitution "Veritatis gaudium" hat Papst Franziskus Ende 2017 festgelegt, dass der Vatikan nun auch die Wahl von Dekanen kirchlicher Universitäten und katholisch-theologischer Fakultäten bestätigen muss.

Bei Fehlverhalten Entzug

Sind alle Voraussetzungen erfüllt und steht einer Berufung auf einen Lehrstuhl tatsächlich nichts mehr im Wege, erteilt der zuständige Diözesanbischof dem Kandidaten die "Missio canonica", die kirchliche Lehrerlaubnis. Diese kann auch wieder entzogen werden. Dieser Fall tritt ein, wenn ein Professor hinsichtlich seiner Lehre oder seines Lebensstils nicht mehr mit den Grundsätzen der Kirche übereinstimmt.

Der Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis traf bereits einige kritische Theologen, darunter Hans Küng, Uta Ranke-Heinemann und Eugen Drewermann. Alle drei durften wegen teilweise gravierender Abweichung von der katholischen Lehre nicht mehr im Namen der Kirche lehren. Für einen besonderen Fall sorgte der französische Dominikaner Yves Congar, der an der Ordenshochschule Le Saulchoir lehrte: Von 1954 bis 1956 wurde ihm wegen der Unterstützung der Arbeiterpriester vorübergehend die Lehrerlaubnis entzogen. Nach seiner Rehabilitierung arbeitete Congar als Berater der Vorbereitungskommission des Zweiten Vatikanischen Konzils und nahm als Experte daran teil. 1994 wurde er von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal kreiert.

Obwohl auch Theologieprofessoren eine "Missio canonica" erhalten, ist dieser Begriff vor allem bei der Beauftragung von Religionslehrern bekannt. Um Religionsunterricht erteilen zu dürfen, versprechen die angehenden Lehrer, in Übereinstimmung mit der kirchlichen Lehre zu unterrichten und dieser auch in ihrer persönlichen Lebensführung zu entsprechen. Die Beauftragungsurkunde überreicht der zuständige Bischof meist im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes.

Von Matthias Altmann