Wilmer: Müssen uns mit düsterer Seite unserer Vergangenheit befassen
Mit Hilfe unabhängiger Experten will das Bistum Hildesheim den Missbrauchsvorwürfen gegen den früheren Bischof Heinrich Maria Janssen (1907-1988) auf den Grund gehen. Bischof Heiner Wilmer hat dazu vier Fachleute mit einer externen Untersuchung unter Leitung der früheren niedersächsischen Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) beauftragt. "Es ist unsere Pflicht, uns ehrlich und schonungslos mit dieser düsteren Seite der Vergangenheit in unserer Diözese zu befassen", betonte Wilmer am Mittwoch in Hildesheim.
Die Untersuchung soll die Amtszeit Janssens zwischen 1957 und 1982 umfassen. Bislang hatten sich zwei frühere Messdiener beim Bistum gemeldet und angegeben, von Janssen in diesem Zeitraum sexuell missbraucht worden zu sein. Dabei waren auch Hinweise auf ein mögliches systematisches Vorgehen aufgetaucht. Die Untersuchung soll nun mögliche Strukturen offenlegen, die den Missbrauch begünstigt haben. "Wir wollen wissen, wie sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch in unserer Diözese möglich sein konnten, wer sein geistliches Amt ausgenutzt hat, um Verbrechen zu begehen, und wer seiner Verantwortung nicht gerecht worden ist", unterstrich Wilmer.
Hildesheim bei Aufarbeitung am weitesten fortgeschritten
Neben der langjährigen Richterin Niewisch-Lennartz, die als Obfrau tätig sein wird, sollen die Diplom-Psychologen Gerhard Hackenschmied und Peter Mosser vom Institut für Praxisforschung und Projektberatung in München an der Untersuchung mitarbeiten. Sie sollen Interviews mit Betroffenen und Zeitzeugen führen. Beide hatten bereits vor zwei Jahren ein Gutachten über Missbrauchsfälle im Bistum erstellt. Hackenschmied sagte, mit einer Studie über einen früheren Bischof sei das Bistum Hildesheim unter allen Bistümern in Deutschland bei der Aufarbeitung des Missbrauchs bislang am weitesten fortgeschritten.
Zudem soll der frühere Leitende Oberstaatsanwalt Kurt Schrimm aus Stuttgart in den Archiven recherchieren. Er war 15 Jahre lang Leiter der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg. Alle vier Experten sind nicht Mitglied der katholischen Kirche.
Janssen ist der erste deutsche Bischof, der sexueller Vergehen beschuldigt wird. Im Jahr 2015 hatte sich ein ehemaliger Ministrant an das Bistum Hildesheim gewandt und berichtet, Janssen habe ihn zwischen 1958 und 1963 sexuell missbraucht. Im vergangenen Jahr berichtete ein früherer Bewohner eines kirchlichen Kinderheims, dass ihn Janssen Ende der 1950er-Jahre aufgefordert habe, sich nackt vor ihm auszuziehen. (tmg/epd/KNA)