Vor 750 Jahren Grundsteinlegung des gotischen Doms in Xanten

Zu den Heiligen

Veröffentlicht am 22.08.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Geschichte

Xanten ‐ Aus dem Mund älterer Niederrheiner klingt es bis heute nach: "Komm, wir fahren nach Santen." Santen? Xanten. So ist im Mittelalter der seltsame Ortsname mit dem X entstanden: "ad sanctos", zu den Heiligen, pilgerte man damals. Ad sanctos - Santen - Xanten. Dort, wo laut Überlieferung der Märtyrer und römische Legionär Viktor begraben liegt, steht eine der zentralen Kirchen des Bistums Münster.

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Ein weithin sichtbarer katholischer Leuchtturm in einem überwiegend protestantischen Territorium: Vor 750 Jahren, am 22. August 1263, wurde der Grundstein für den gotischen Chor der Stiftskirche St. Viktor gelegt. Aus diesem Anlass gibt es am Sonntag einen Festgottesdienst mit Münsters Bischof Felix Genn sowie einen Festakt mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hanelore Kraft (SPD).

Konkurrenz zu Köln und Bonn

Friedrich von Hochstaden hieß der Propst des Xantener Stifts, der den mächtigen Bau ins Werk setzte. Landläufig heißt es, er habe nicht hinter seinem Bruder Konrad, Erzbischof von Köln, zurückstehen wollen, der dort 15 Jahre zuvor den Grundstein für den gotischen Dom gelegt hatte. Doch es ging, so stellt der heutige Dompfarrer und Propst Klaus Wittke klar, weniger um persönliche Eitelkeit. Vielmehr sollte Xantens Stellung als eines der führenden Stifte der Region auch architektonisch gefestigt werden. Es galt, sich im gotischen Bauboom des 13. Jahrhunderts nicht den Rang von Bonn oder Köln ablaufen zu lassen, den anderen Orten der Thebäischen Legion.

Bild: ©Michael Richmann/katholisch.de

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Dom aufwendig renoviert.

Diese legendäre Legion aus dem 3./4. Jahrhundert bestand der Überlieferung nach aus christlichen Soldaten, die sich weigerten, gegen andere Christen zu kämpfen. Dafür erlitten sie und ihre Anführer auf ihrem Zug von St. Moritz bis ins Rheinland selbst als Glaubenszeugen das Martyrium - in Xanten laut der Legende die heiligen Viktor und Mallosus mit 330 Gefährten.

Seit dem 8. Jahrhundert ist in Xanten das Viktorstift verbürgt, das über weitreichenden Grundbesitz verfügte. Es ist vor allem diesem Wohlstand der Stiftsherren zu verdanken, dass der Kirchenbau noch vor der Reformation fertiggestellt war.

Heute obliegt es Dombaumeister Johannes Schubert und den fünf Mitarbeitern der Dombauhütte, das steinerne Gebirge mit schmalem Budget instand zu halten. Zum Jubiläumsjahr wurden das nördliche Seitenschiff umfassend renoviert und die spätmittelalterlichen Kirchenfenster isolierverglast. Zudem wurde das alte Uhrwerk von 1556 im Westbau, eines der ältesten in Deutschland, in zweijähriger Arbeit von zwei Rentnern instand gesetzt.

Wider den NS-Staat

Bei Bombenangriffen im Februar 1945 fielen weite Teile des Doms in Schutt und Asche. Zum Abschluss des Wiederaufbaus wurde 1966 die Krypta als Gedenkstätte für die lokalen Märtyrer des Nationalsozialismus eingerichtet: die seligen Karl Leisner und Nikolaus Groß, Gerhard Storm, Heinz Bello und andere. Seit der berühmten Xantener Predigt von Bischof Clemens August Graf von Galen, der 1936 der Gottlosigkeit der NS-Regierung den Mut und das Beispiel frühchristlicher wie zeitgenössischer Glaubenszeugen entgegenstellte, gehört dieses Gedenken fest zur Theologie des Xantener Doms. Wittke: "Die Pilger und die Heiligen, die Lebenden und die Verstorbenen, die Bekenner von heute und von einst bilden eine Gemeinschaft im Gebet."

„Die Pilger und die Heiligen, die Lebenden und die Verstorbenen, die Bekenner von heute und von einst bilden eine Gemeinschaft im Gebet.“

—  Zitat: Klaus Wittke, Domprobst

Dieser Tage beschäftigt den Propst und Baumeister Schubert auch ein sehr praktisches Problem: Zum Jubiläum veranstaltet Xanten am 13. Oktober wieder die "Große Viktortracht" - eine Festprozession mit dem mittelalterlichen Schrein des Heiligen, wie sie nur wenige Male im Jahrhundert stattfindet. Mehrere tausend Teilnehmer werden erwartet, darunter die Kardinäle von Köln und Utrecht, Joachim Meisner und Wim Eijk.

Dazu muss der rund 100 Kilo schwere Schrein aus seiner Verankerung im Hochaltar gelöst und auf die Schultern der Träger abgelassen werden. Der Prozessionsweg bis hoch zum Fürstenberg - dem legendären Ort des Martyriums der Thebäer - muss frei von Stolperfallen sein. Und dann ist da noch das Wetter. Doch darüber macht sich der Propst die wenigsten Sorgen: "Wir haben doch hier 48 Ordensfrauen, die ständig für uns beten."

Von Alexander Brüggemann (KNA)