Standpunkt

Harte Grätsche gegen die Ökumene

Veröffentlicht am 23.11.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ In Ravensburg wollen Protestanten und Katholiken ökumenische Gemeinschaft auch bei Eucharistie und Abendmahl leben – doch das Kirchenrecht erlaubt es nicht. Thomas Seiterich hofft auf den Dialog.

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Statt dem geplanten Ökumene-Fest gab es einen spontanen Protestgang für mehr Ökumene: Etwa 200 Christen beider Konfessionen waren dieser Tage in der Ravensburger Innenstadt an der evangelischen Kirche zusammengekommen. Mit Kerzen zogen sie in einem Schweigemarsch zum katholischen Gotteshaus. Unter den Teilnehmern waren auch die Pfarrer der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden in Ravensburg.

Katholische und evangelische Christen demonstrierten damit gegen das Verbot der Diözese Rottenburg-Stuttgart, evangelische Christen zur Kommunion zuzulassen. Der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst hatte Ende September die gemeinsame Kommunion offiziell verboten, in einem Gespräch mit dem Ravensburger Stadtpfarrer Hermann Riedle. Fürst begründete dies mit dem Kirchenrecht. Das lasse nur in Notfällen evangelische Christen bei der Eucharistie zu.

"Wir lassen uns die Ravensburger Erklärung nicht mehr nehmen", erklärten die protestierenden Ökumene-Engagierten. Die "Ravensburger Erklärung" war vor einem Jahr von Vertretern der Ravensburger Gesamtkirchengemeinde ebenso wie mehreren hundert Christen beider Konfessionen unterzeichnet worden. Darin forderten sie einen gemeinsamen Weg. Außerdem wollten sich die Kirchen künftig bei Kommunion und Abendmahl gegenseitige Gastfreundschaft gewähren.

Dazu war am Abend des Jahrstages eigentlich ein gemeinsames Ökumene-Fest geplant, das jedoch nach dem Verbot durch Bischof Fürst abgesagt wurde. Stattdessen wurde der Schweigemarsch organisiert. Eine Sprecherin der Arbeitsgruppe "Kirche lädt ein" rief den Teilnehmern zu, man lasse sich die "Ravensburger Erklärung" nicht mehr nehmen.

Nun hagelt es Proteste gegen den Rottenburger Bischof Fürst. Ravensburger Theologen erinnern ihn daran, dass seine harte Grätsche gegen die Christen in Ravensburg, wo man als "Parität" zu Reichsstadt-Zeiten ein friedliches Fifty-Fifty zwischen Evangelischen und Katholiken jahrhundertelang pflegte, völlig deplaziert sei. Außerdem spreche die Ökumene-Enzyklika Ut unum sint "Dass alle eins seien" von 1995 viel positiver vom Streben der konfessionell verschiedenen Christen nach Gastfreundschaft bei Eucharistie als der kirchenrechtlich fixierte Bischof Fürst.

Nach langem Zögern will Bischof Fürst Anfang 2019, im Januar oder Februar, zu den Ökumene-Christen nach Ravensburg kommen, seinen Standpunkt persönlich darlegen und direkt mit den Protestierenden sprechen: Besser es kommt spät zu einem fairen, offenen Gespräch als nie.

Von Thomas Seiterich

Der Autor

Thomas Seiterich ist Redakteur der Zeitschrift "Publik-Forum".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.