Habsburg: Realität bei Papst angekommen
Der ungarische Vatikanbotschafter Eduard Habsburg registriert in den vergangenen Monaten bei Papst Franziskus zunehmend differenziertere Aussagen zur Flüchtlingspolitik. Es sei zu spüren, "dass die Realität mancher Staaten durch den riesigen Strom von Migranten und Flüchtlingen etwas mehr bei ihm angekommen ist", sagte Habsburg der in Würzburg erscheinenden Zeitung "Die Tagespost". Der frühere Pressesprecher von Bischof Klaus Küng in Sankt Pölten sieht es als Teil seiner Arbeit, "gerade in dieser Zeit das freundliche Gesicht Ungarns zu sein, Missverständnisse aufzuklären und Antworten zu geben".
Auch auf die Diskrepanz zwischen Papstappellen zur großherzigen Flüchtlingsaufnahme und Ministerpräsident Viktor Orbans Aussage, Ungarn wolle "gar keinen Migranten aufnehmen und sich auch nicht dazu zwingen lassen", ging Habsburg ein. Seinen Worten zufolge bewegt sich Franziskus hier zwischen zwei Polen. Als Verkünder des Evangeliums predige er, in jedem Menschen in Not Christus selbst zu sehen und ihn großherzig aufzunehmen. Doch als Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken habe er auch die politischen Wirklichkeiten weltweit im Blick.
Papst: Den Bürgern ein Gefühl der Sicherheit vermitteln
So habe der Papst etwa beim Neujahrstreffen der Diplomaten erklärt, die Länder hätten die Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen, aber auch, ihre Grenzen zu sichern und ihren Bürgern ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln. Beim Heiligen Stuhl sei, wie er in zahlreichen Gesprächen erfahren habe, durchaus Verständnis für die konkreten Probleme Ungarns aufgrund seiner Größe und geografischen Lage gegeben, sagte Habsburg. Die Migrationskrise der Jahre 2015 und 2016 sei eine "übergroße Herausforderung für Europa" und habe Bruchlinien, "aber auch eine Überforderung offenbart".
Ungarn wisse natürlich, dass ein bloßes Schließen der Grenzen die Migrationskrise nicht löse, betonte der Botschafter. "Das weiß jeder." Im Übrigen habe das Land die Wiederherstellung der Kontrolle über die Grenzen nicht aus Ausländerfeindlichkeit unternommen, sondern um die Schengen-Außengrenze zu schützen. Eine Lösung der Migrationskrise sei nur europäisch denkbar, betonte der Diplomat. Schwierig werde es jedoch, "wenn das nicht im Konsens geschieht, oder auf dem Rücken kleiner Länder; man sieht ja derzeit, wie schwierig die Umsetzung der bereits beschlossenen Umverteilung läuft". (KNA)