Die Senioren des Kirchensenats sind zusammen 474 Jahre alt

Das sind die fünf ältesten Kardinäle

Veröffentlicht am 05.09.2019 um 11:10 Uhr – Von Felix Neumann – Lesedauer: 
Kirche

Bonn ‐ Die fünf ältesten Kardinälen der Welt sind zusammen 474 Jahre alt – und der älteste ist kein Bischof. Sie eint ein Leben im Dienste der Kirche. Langgediente Purpurträger sind aber nicht alle.

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Sie sind alle über 90: Der älteste Kardinal der Welt, Albert Vanhoye, ist ein Jesuit. Der jüngste der fünf ist ein Karrierediplomat, der sich für die Einheit der Christen einsetzte.

Kardinal Albert Vanhoye
Bild: ©KNA

Albert Vanhoye (96), französischer Theologe und Jesuit. Geburtstag: 23. Juli 1923

Kardinal Albert Vanhoye

Seit 1941 ist Albert Vanhoye Jesuit. Sein Wirken hat er ganz der heiligen Schrift gewidmet: Der 1923 geborene Franzose lehrte 30 Jahre lang am Päpstlichen Bibelinstitut Exegese des Neuen Testaments, wo er zuvor auch selbst studiert hatte. Elf Jahre lang war er Sekretär der vatikanischen Bibelkommission. Zum Kardinal erhoben wurde er aber erst spät. 2006 nahm in Benedikt XVI. ins Kardinalskollegium auf. Das Wappen nimmt Bezug auf die Profession des Jesuiten: Unter dem Christusmonogramm ist eine aufgeschlagene Bibel zu sehen mit einem hebräischen Aleph und einem griechischen Omega auf den beiden Seiten. Sein Wahlspruch ist jedoch nicht der Schrift entnommen: "Cordi tuo unitus", "Mit Deinem Herz vereint", drückt Vanhoyes Herz-Jesu-Verehrung aus, die er mit Benedikt XVI. teilt.

Unter den ältesten Kardinälen ist er der einzige, der kein Bischof ist: Wegen seines hohen Alters – mit 83 Jahren wurde er Kardinal – bat er den Papst um eine Dispens von der Verpflichtung zur Bischofsweihe, die zu Kardinälen erhobene Priester normalerweise empfangen müssen.

Der Prior von Taize, Frère Roger Schütz (l.) und der Erzbischof von Breslau, Kardinal Henryk Gulbinowicz. (1996)
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Henryk Roman Gulbinowicz (95, rechts im Bild), emeritierter Erzbischof von Wrocław in Polen. Geburtstag: 17. Oktober 1923

Henryk Gulbinowicz, emeritierter Erzbischof von Wrocław

Laut Geburtsurkunde wäre der emeritierte Erzbischof von Wrocław nicht in der Liste der ältesten Kardinäle – die gibt als Geburtsjahr nämlich 1928 an. Erst 2005 gab er bekannt, dass er tatsächlich fünf Jahre älter ist: Um nicht als Zwangsarbeiter aus Vilnius verschleppt zu werden, machte seine Familie ihn zu Beginn der Besatzung seiner Heimat durch die Nationalsozialisten fünf Jahre jünger.

Der Plan ging auf, und Gulbinowicz konnte Priester werden. 1976 wurde er Erzbischof von Wrocław; wie der spätere Papst Johannes Paul II. unterstützte auch er die unabhängige Gewerkschaft Solidarność. 1985 erhob der Papst ihn zum Kardinal. Seitdem gehörte er zum Kreis der Papstwähler – bis zu seinem 80. Geburtstag, mit dem das aktive Wahlrecht der Kardinäle im Konklave erlischt. Kurz vor dem Tod Johannes Pauls II. im Frühjahr 2005 offenbarte Gulbinowicz daher sein tatsächliches Alter: Laut gefälschter Geburtsurkunde hätte der angeblich 77-jährige im Konklave nach dem Tod Johannes Pauls II. im April noch wählen dürfen.

Jozef Kardinal Tomko
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Jozef Kardinal Tomko (1. März 1924) ist ein slowakischer emeritierter Kurienkardinal der römisch-katholischen Kirche.

Jozef Tomko, emeritierter slowakischer Kurienkardinal

Auch nach seiner Emeritierung im Jahr 2001 erfüllte Kardinal Jozef Tomko lange Zeit Aufgaben im Vatikan. Bis 2007 war er als Präsident des Päpstlichen Komitees für die Eucharistischen Weltkongresse aktiv. Im Frühjahr 2012 betraute ihn Papst Benedikt XVI. als Mitglied einer dreiköpfigen Kardinalskommission mit Spezialmandat mit der Untersuchung der sogenannten Vatileaks-Affäre. Die Kommission sollte Fälle von Diebstahl vertraulicher päpstlicher Dokumente aus dem Vatikan aufklären.

Jozef Tomko trat während des zweiten Weltkrieges ins Priesterseminar in Bratislava ein. Im Herbst 1945 übersiedelte er nach Rom, das seither sein Lebensmittelpunkt ist. Nach der Priesterweihe 1949 promovierte er in Theologie, Soziologie und Rechtswissenschaften. 1979 weihte ihn Papst Johannes Paul II. in der Sixtinischen Kapelle zum Bischof; 1985 ernannte er ihn zum Kardinal und zum Präfekten der Missionskongregation. Beim letzten Slowakei-Besuch Johannes Pauls II. im September 2003 lieh Tomko dem bereits schwer sprechbehinderten Papst seine Stimme und verlas dessen Reden.

Alexandre José Maria dos Santos
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Alexandre José Maria Kardinal dos Santos OFM (18. März 1924) ist emeritierter Erzbischof von Maputo.

Alexandre José Maria dos Santos, emeritierter Erzbischof von Maputo

Er ist der erste Priester, Bischof und zum Bischof geweihte Mosambikaner seines Landes: Alexandre José Maria dos Santos. Er trat in den Franziskanerorden ein und studierte in Malawi Philosophie. 1947 wurde er in das Noviziat der portugiesischen Provinz der Franziskaner aufgenommen und studierte in Lissabon Theologie.

Nach seiner feierlichen Profess wurde er am 25. Juni 1953 zum Priester geweiht. Er kehrte 1954 in sein Land zurück und übte seinen pastoralen Dienst in den Franziskanermissionen der Region Inhambane aus. Nachdem Mosambik die Unabhängigkeit von Portugal erlangt hatte, wurde er 1974 zum Erzbischof von Maputo. Seine Bischofweihe erhielt er 1975. Der Kardinal engagierte sich sehr für die von Bürgerkrieg und Naturkatastrophen betroffenen Völker. Er gründete die Caritas von Mosambik und war ihr erster Präsident. 1981 gründete er die "Franciscanas de Nossa Senhora de Mae de Africa", ein afrikanisches religiöses Institut für mosambikanische Mädchen mit dem Ziel, das religiöse Leben im Land zum Blühen zu bringen.

Papst Johannes Paul II. nahm ihn 1988 als Kardinalpriester in das Kardinalskollegium auf. Am 22. Februar 2003 nahm Papst Johannes Paul II. das von Alexandre José Maria dos Santos aus Altersgründen vorgebrachte Rücktrittsgesuch vom Amt des Erzbischofs von Maputo an.

Kardinal Edward Idris Cassidy
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Kardinal Edward Idris Cassidy (5. Juli 1924) war Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.

Edward Idris Kardinal Cassidy, emeritierter Kurienkardinal

Drei Jahrzehnte lang war Kardinal Edward Idris Cassidy der wichtigste Australier im Vatikan, zunächst als Diplomat, dann als Innenminister und – bis zu seinem "Ruhestand" 2001 – als Präsident des Päpstlichen Einheitsrates. Edward Idris Cassidy war maßgeblich an der Gemeinsamen Erklärung von Lutheranern und Katholiken zur Rechtfertigungslehre 1999 beteiligt. Seine katholische Laufbahn begann 1943 im Seminar von St. Colombia in Springwood, Australien. 1949 empfing er die Priesterweihe. Von 1950 bis 1952 diente er als Pater Edward in der Pfarrei Yenda in der Diözese Wagga Wagga.

Danach ging er für sein Kirchenrecht-Studium nach Rom, wo er anschließend promovierte und parallel die Ausbildung an der vatikanischen Diplomatenakademie absolvierte. 1970 erhielt er die Bischofsweihe. Seine Auslandsstationen führten ihn nach Bangladesch, Indien, Irland, El Salvador und Argentinien. Anfang 1988 wurde Cassidy überraschend Substitut im Staatssekretariat und damit vatikanischer "Innenminister". Aus dieser Position stieg er knapp zwei Jahre später zum Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen auf und Papst Johannes Paul II. ernannte ihn zum Kardinal. Er gehörte 1999 zu den Organisatoren des ersten Papstbesuchs in einem orthodoxen Land, in Rumänien. Dann begleitete er Johannes Paul II. 2000 auf seiner großen Heilig-Land-Reise. Heute lebt Kardinal Cassidy in seiner Heimat Australien und wirkt dort als Seelsorger.

Von Felix Neumann, Stefanie Heinrichs