Kirchenvertreter rufen nach Abgeordetenhauswahlen zur Besonnenheit auf

Koch: Wahlergebnis spiegelt die Gesellschaft

Veröffentlicht am 19.09.2016 um 11:26 Uhr – Lesedauer: 
Berlin

Berlin ‐ Der Berliner Wahlsonntag war kein "Tag der großen Volksparteien", stellt Erzbischof Heiner Koch fest. Die Gewählten müssten nun besonnen handeln. Das gelte auch für den Umgang mit der AfD.

  • Teilen:

Nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus rufen die beiden großen Kirchen zu Besonnenheit und demokratischem Miteinander auf. Der Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, erklärte am Sonntagabend: "Das ist heute vielleicht nicht der Tag der großen Volksparteien. Aber dafür wird das künftige Abgeordnetenhaus sehr bunt sein, ein Spiegel der Berliner Gesellschaft, in der es auch keine glatten Mehrheiten, aber viele Minderheit gibt." Der evangelische Landesbischof Markus Dröge wünschte denjenigen, "die an der Regierungsbildung beteiligt sein werden, Besonnenheit, Augenmaß und unermüdliche Einsatzbereitschaft für ein weltoffenes und tolerantes Berlin".

Laut vorläufigem Endergebnis ging die SPD mit knapp 21,6 Prozent als stärkste Partei aus den Wahlen hervor; es folgen die CDU mit 17,6, Linke und Grüne mit jeweils gut 15 Prozent. Die Piraten verfehlten klar den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus; dort ist dafür künftig wieder die FDP vertreten - neben der AfD, die auf 14,2 Prozent der Stimmen kam.

Dröge: AfD-Parlamentarier müssen sich als Demokraten erweisen

Er verstehe das Wahlergebnis als Einladung, "schöpferisch und sachbezogen um der Menschen Willen zusammenzuarbeiten", so Erzbischof Koch. Ohne die AfD namentlich zu erwähnen fügte er hinzu: "Ich bin froh über die starke Wahlbeteiligung und warne davor, bestimmten Wählern zu sagen, sie hätten falsch gewählt. Als Demokraten müssen wir vielmehr nach den Gründen fragen." Dröge betonte, die im Vorfeld erstellten Prognosen für die AfD hätten sich nicht bewahrheitet. Dennoch habe die Partei einen "beachtlichen Wahlerfolg" erzielt und die Möglichkeiten der Meinungsbildung für sich genutzt. "Das ist ihr gutes Recht", so der evangelische Bischof. Nun müssen sich die gewählten Vertreterinnen und Vertreter auch als Demokraten erweisen, "die die Werte unserer freiheitlichen Gesellschaft achten."

Der Zentralrat der Juden in Deutschland äußerte Bedauern über den Einzug der AfD ins Abgeordnetenhaus. Auch in der Hauptstadt sei es der Partei offenbar gelungen, "die Unzufriedenheit vieler Bürger mit der herrschenden Politik nicht nur aufzugreifen, sondern mit populistischen Parolen zu schüren", sagte Zentralrats-Präsident Josef Schuster. "In der parlamentarischen Arbeit wird sich schnell zeigen, dass die AfD keine Lösungen für die anstehenden Probleme zu bieten hat. Ebenso sind wir skeptisch, ob die AfD in Berlin in der Lage sein wird, sich ganz klar von Rechtsradikalen in ihren Reihen zu distanzieren." (KNA)

Linktipp: "Berlin sucht nach seiner Identität"

Vor der Wahl am Sonntag haben die Kirchen zu Weltoffenheit und Toleranz aufgerufen. Für die Bildungspolitik hatte Erzbischof Koch konkrete Forderungen.