DBK-Vollversammlung in Fulda geht zu Ende

Das sind die Ergebnisse

Veröffentlicht am 22.09.2016 um 16:10 Uhr – Lesedauer: 
Vollversammlung

Fulda ‐ Neue Kommissionsvorsitzende, "Amoris laetitia", neue Bibelübersetzung: Bei der Vollversammlung der Bischöfe wurden wichtige Fragen besprochen und entschieden. Katholisch.de fasst die Ergebnisse zusammen.

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Von "Amoris Leatitia" über den Religionsunterricht bis zu den Wahlen der Kommissionsvorsitzenden: 66 deutsche Kardinäle, Bischöfe und Weihbischöfe haben sich seit Montag in Fulda über die Zukunft der Kirche in Deutschland beraten. Katholisch.de fasst die zentralen Ergebnisse zusammen.

Wahl der Kommissionsvorsitzenden

Alle fünf Jahre finden die Wahlen der Mitglieder und Vorsitzenden der 14 Kommissionen und Unterkommissionen innerhalb der Bischofskonferenz statt – am Dienstag war es wieder soweit. Dabei ist der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann überraschend Nachfolger des emeritierten Kardinals Karl Lehmann an der Spitze der Glaubenskommission geworden. Zum Stellvertreter wurde der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer gewählt, der Mitglied der vatikanischen Glaubenskongregation ist und eigentlich als Favorit für das Amt galt.

Wiesemanns Platz an der Spitze der Jugendkommission übernimmt der Passauer Bischof Stefan Oster. Der gehört seit 1995 dem Orden der Salesianer Don Boscos an, die sich traditionell der Arbeit mit jungen Menschen widmen. Hamburgs Erzbischof Stefan Heße übernimmt neben seinem Amt als Flüchtlingsbeauftragter künftig auch die Migrationskommission.

Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger wird Vorsitzender der Kommission für caritative Fragen. Er folgt damit auf den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, der auf eine erneute Kandidatur verzichtete. Die Kommission Wissenschaft und Kultur bekommt nach dem Rücktritt des Aachener Bischofs Heinrich Mussinghof im Dezember 2015 ebenfalls einen neuen Vorsitzenden: den Münsteraner Weihbischof Christoph Hegge. Mussinghoff war zudem Chef der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum. Den Platz nimmt künftig der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr ein.

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Video: © katholisch.de

Der Passauer Bischof Stefan Oster ist neuer Vorsitzender der Jugendkommission der Bischofskonferenz. Im Interview mit katholisch.de nimmt er Stellung zur kirchlichen Sexualmoral.

Präsentation der neuen Einheitsübersetzung

Ein "literarisches Highlight" der Vollversammlung war die Präsentation der neuen Einheitsübersetzung der Bibel ebenfalls am Dienstag. Nach mehr als zehn Jahren Arbeit wird die erste Ausgabe ab dem Nikolaustag im Handel erhältlich sein. Der Erfurter Altbischof Joachim Wanke, der seit 2008 federführend um die neue Übersetzung kümmerte, nannte  "eine moderate Revision". Man habe einerseits an der Verständlichkeit gearbeitet, andererseits sei die Revision näher am Urtext, so dass die Sprache biblischer wirke. Laut der Geschäftsführenden Direktorin des Katholischen Bibelwerks, Katrin Brockmöller, müssten sich viele Hör- und Lesegewohnheiten anpassen. Insbesondere bei der sehr poetischen Sprache der Psalmen gebe es Änderungen.

So taucht etwa das bisher gebräuchliche Wort "Jahwe", aktuell noch über 100 Mal in der Bibel zu finden, in der neuen Einheitsübersetzung nicht mehr auf. Es wird durch das Wort "HERR" (in Kapitälchen geschrieben) ersetzt. Insgesamt waren knapp 50 Exegeten aus dem deutschsprachigen Raum an der neuen Einheitsübersetzung beteiligt.

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Video: © katholisch.de

Altbischof Joachim Wanke spricht über die Schwierigkeiten bei der neuen Einheitsübersetzung der Bibel und verrät seine Lieblingsstelle.

Flüchtlingskrise in Deutschland

Der Flüchtlingsbeauftrage der Bischofskonferenz, Erzbischof Stefan Heße, berichtete mit Blick auf die Flüchtlingskrise über den aktuellen Stand der kirchlichen Arbeit. Demnach haben die 27 deutschen (Erz-)Bistümer von Januar bis zum 31. Juli dieses Jahres insgesamt mindestens 79,5 Millionen Euro für die Flüchtlingsarbeit aufgebracht: Davon seien rund 52,2 Millionen Euro in Projekte in Deutschland und rund 27,3 Millionen Euro in die Krisenregionen geflossen. Darüber hinaus hätten derzeit rund 28.000 Flüchtlinge in mindestens 1.381 kirchlichen Gebäuden eine Bleibe gefunden.

Insgesamt böten mehr als 5.900 kirchliche Mitarbeiter Flüchtlingen ihre professionelle Hilfe an. Viele seien zugleich Ansprechpartner und Koordinatoren für die rund 100.000 ehrenamtlich Engagierten der kirchlichen Flüchtlingshilfe. Mittlerweile gebe es zudem zahlreiche Angebote für Ehrenamtliche selbst, um der Gefahr der Überlastung entgegenzuwirken. In der kommenden Woche (29. September) findet zudem der zweite katholische Flüchtlingsgipfel statt, bei dem es um die Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der gesellschaftlichen Teilhabe geht. Außerdem soll in naher Zukunft eine überdiözesane Informationsbroschüre zum Schutz von geflüchteten Kindern und Frauen vor sexuellem Missbrauch vorgestellt werden.

Themenseite: Auf der Flucht

Die Flüchtlingskrise fordert Staat, Gesellschaft und Kirchen mit ganzer Kraft heraus. Auch die katholische Kirche in Deutschland engagiert sich umfangreich in der Flüchtlingsarbeit. Weitere Informationen dazu auf der Themenseite "Auf der Flucht".

Nachsynodales Schreiben "Amoris leatitia"

Kardinal Reinhard Marx zeigte sich am Donnerstag in Fulda begeistert vom Nachsynodalen Schreiben "Amoris laetitia". Damit öffne der Papst "die Tür für eine anspruchsvolle Seelsorge, die uns herausfordert", so Marx. Das betreffe gerade auch einen veränderten Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Bei der pastoralen Arbeit seien nun die Seelsorger gefragt, die einzelnen Fälle zu unterscheiden. Es gehe um die Gewissensfreiheit, nicht aber um Beliebigkeit. Im November wollen die Bischöfe "entsprechende Konkretisierungen für die Situation in Deutschland vorlegen".

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Der Papst habe im Umgang mit wiederverheiraten Geschiedenen einen neuen Ton angeschlagen, sagt Kardinal Reinhard Marx. Damit seien auch klare Anforderungen an die Seelsorger gestellt.

Situation der Christen im Irak

Bashar Warda, chaldäisch-katholischer Erzbischof von Erbil, berichtete am Dienstag von der Situation der Gläubigen im Nordirak. Während es im Jahr 2003 noch 1,5 Millionen Christen im Land gegeben habe, sei die Zahl aufgrund des Terrors durch den Islamischen Staat (IS) mittlerweile auf unter 300.000 gesunken. Warda sprach von einem "Genozid“. Da man mit dem IS aber nicht verhandeln könne, sei eine Militärintervention die einzige Lösung.

Der Erzbischof betonte, dass es jedoch weiterer Maßnahmen bedürfe, um im Irak irgendwann zur Normalität zurückkehren zu können. Die Menschen bräuchten sichere und würdevolle Unterkünfte, das Bildungssystem müsse ausgebaut, der Arbeitsmarkt gestärkt und die gesundheitliche Grundversorgung verbessert werden. Warda bedankte sich aber auch für die Unterstützung, die die Christen im Nordirak bereits seit 2014 erhielten. Man habe aus Deutschland "mehr Geld erhalten, als aus allen anderen Ländern zusammen", berichtete er. Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz flossen allein im vergangenen Jahr etwa 42 Millionen Euro zur Unterstützung pastoraler und sozialer Projekte in den Nordirak.

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Klare Worte von Erzbischof Bashar Warda aus Erbil zur Situation der Christen im Irak. Dennoch gibt es einen Hoffnungsschimmer.

Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts

In vielen Regionen Deutschlands kann konfessioneller Religionsunterricht infolge der sinkenden Zahl von katholischen und evangelischen Schülern nicht mehr oder nur unter schwierigen Bedingungen durchgeführt werden. Daher planen die deutschen Bischöfe eine erweiterte Kooperation mit der evangelischen Kirche in Form von gemischt-konfessionellen Lerngruppen, die den Religionsunterricht in der Schule sichern soll. Ein Dokument mit religionspädagogischen Empfehlungen und rechtlichen Eckpunkten liegt vor und soll in der nächsten Sitzung des Ständigen Rates verabschiedet werden.

Reformationsgedenken 2017 aus katholischer Sicht

Die Vollversammlung hat sich erneut über die katholische Beteiligung und den Planungsstand der gemeinsamen Projekte zum Reformationsgedenken 2017 informiert. Noch vor der Eröffnung des Reformationsjahres pilgern je neun Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD vom 16. bis 22. Oktober ins Heilige Land. Die Heilige Schrift steht im Vordergrund einer geplanten Bibeltagung am 9. Februar kommenden Jahres in Stuttgart.

Einen Versöhnungsgottesdienst soll es am 11. März in der Michaeliskirche in Hildesheim geben. Den dazugehörigen Gottesdienstentwurf und ein theologischer Grundlagentext sind bereits am vergangenen Freitag im Gemeinsamen Wort "Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen" veröffentlicht worden. Die Herausforderungen von Christen in der Gesellschaft sollen in einer ökumenischen Tagung des Evangelischen Kirchentags, des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, der EKD und der DBK gegen Ende des Reformationsjahres am 16. September in Bochum bedacht werden.

Studientag zum Thema Armut und Ausgrenzung

Bei ihrem diesjährigen Studientag beschäftigten sich die Bischöfe mit Armut und Ausgrenzung als Herausforderung für die Kirche in Deutschland.  Konkret forderte der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki mehr kirchliche Schulen für Schüler aus sozial schwachen Familien. Kritisch überprüfen wolle man darüber hinaus auch die Öffnungszeiten der eigenen Kindertagesstätten. Eventuell müssten die bis 20 oder sogar 21 Uhr offen bleiben, so dass alleinerziehende Frauen ihrer Arbeit vernünftig nachgehen könnten. In Bezug auf die Flüchtlingskrise verwies Woelki auf integrative Wohnprojekte seines Erzbistums, die helfen sollen, dem Problem der Ghettobildung vorzubeugen.

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Kardinal Rainer Maria Woelki ist überzeugt, dass Arme und Ausgegrenzte eine bedeutsame Stimme haben. Beim Studientag der Bischöfe in Fulda benannte er, worauf es im Umgang mit ihnen ankommt.

Vertriebenenseelsorge wird eingestellt

Mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stellt die Bischofskonferenz ab sofort ihre überdiözesane Seelsorge für die Vertriebenen und Aussiedler ein. Man habe einen "Transformationsprozess von der Vertriebenenseelsorge zur Erinnerungskultur und Versöhnung" durchlaufen, sagte Marx am Donnerstag. Bistümer und Gemeinden sollten dennoch weiterhin Gottesdienste oder Wallfahrten für die Heimatvertriebenen anbieten. In den aktuell zwölf katholischen Vertriebenenverbänden sehen die Bischöfe "das Erbe der Vertriebenenpastoral in besten Händen".

Von Björn Odendahl