So pilgert die Welt
Pilgern liegt im Trend - und das nicht nur auf dem Jakobsweg in Europa, sondern auch auf den unterschiedlichsten Pilgerrouten dieser Welt. Das Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum hat diesem Thema die Sonderausstellung "Pilgern - Sehnsucht nach Glück" gewidmet. Sie stellt verschiedene Pilgerorte vor und beschäftigt sich auch mit dem Grund für eine Pilgerreise. Projektleiterin Clara Himmelheber hat drei Fragen dazu beantwortet.
Frage: Frau Himmelheber, die Ausstellung ist mit dem Titel "Pilgern – Sehnsucht nach Glück?" überschrieben. Warum diese Frage nach Glück? Ist die eigentliche Motivation der meisten Pilger nicht eine religiöse?
Clara Himmelheber: Genau deswegen haben wir den Zusatz mit einem Fragezeichen versehen. Im Bereich des Jakobsweges und im Zusammenhang mit der Glückskultur würden viele diese Frage mit "Ja" beantworten. Weltweit gibt es allerdings die unterschiedlichsten Gründe, um sich auf eine Pilgerreise zu machen: Manche pilgern zum Beispiel als Fürbitte, weil sie kranke Kinder haben oder – bei Hindus und Buddhisten – den Weg zur Erlösung zu verkürzen. Für andere wie etwa Muslime ist das Pilgern nach Mekka eine Pflicht. In unserer Ausstellung kann man das durch Videos von sieben Pilgerinnen und Pilgern nachvollziehen, die sich zu den unterschiedlichsten Zielen aufgemacht haben. Sie erzählen von den Vorbereitungen, berichten, was sie am Pilgerort gemacht haben und wie sich die Rückkehr nach Köln angefühlt hat. Sie sagen, dass sie durch das Pilgern zwar Glück und spirituelle Momente erlebt, aber auch so viele individuelle Erfahrungen gemacht haben, dass es für jeden etwas anderes gebracht hat. Man kann es nicht verallgemeinern.
Frage: Während der Sonderausstellung ist das Rautenstrauch-Joest-Museum eine Stempelstation auf dem Jakobsweg. Wer seinen Pilgerausweis vorlegt, bekommt einen Stempel und ermäßigten Eintritt. Wie kam es dazu?
Himmelheber: Der Jakobsweg läuft hier in Köln nur etwa 800 Meter von unserem Museum entfernt und wir starten in unserer Ausstellung mit dem Dom, der ja auch Pilgerziel ist. Da dachten wir, es sei eine schöne Idee, wenn die Pilger hier vorbeikommen und einen Stempel bekommen können. Also haben wir uns an die Jakobusgesellschaft gewandt, die uns in ihre Liste aufgenommen hat. Bedingung war, dass wir einen Stempel machen lassen – und der wird gut angenommen. Schon vor Ausstellungsbeginn waren zwei Pilger hier. Sie machten uns ein Geschenk, ein vierblättriges Kleeblatt, das in der Ausstellung zu sehen ist.
Frage: Für die Ausstellung sind Sie selbst zu einigen Pilgerorten gereist. Was haben Sie da erlebt?
Himmelheber: Ich bin nicht getauft, habe das Thema also von außen betrachtet und fand es sehr spannend. An den drei Orten, die ich bereist habe, hatte ich die unterschiedlichsten Erlebnisse und konnte wirklich nachvollziehen, dass das Pilgern etwas mit einem macht. Man reist ganz anders als wenn man touristisch unterwegs ist. Im äthiopischen Lalibela etwa, einem äthiopisch-orthodoxen Pilgerziel, ist das Wasser heilig. Für die Pilger gibt es sogar richtige Duschen. Eine Mutter erzählte mir, dass ihre kleine Tochter vom bösen Blick besessen sei, es schlafe schlecht und habe Alpträume. Auf Empfehlung des Priesters hat sie mit der Tochter eine Woche lang dort geduscht. Das kleine Mädchen wirkte richtig glücklich. In Shikoku, einem buddhistischen Pilgerort in Japan, habe ich erlebt, wie freundlich die Menschen dort mit Pilgern umgehen: Dort heißt es, dass Pilger Glück bringen. Also werden die Pilger gegrüßt und besonders gut behandelt. Zum Beispiel hatte es an einem Tag geschneit, also verschenkten einige Frauen Handschuhe an die Pilger. Und im senegalesischen Touba, in das an einem bestimmten Tag im Jahr drei bis fünf Millionen Muslime pilgern, gibt es keine Hotels. Alle Pilger kommen privat unter und können überall kostenlos essen. Die positive Stimmung am Ort hat mich sehr beeindruckt.