Katholikentag bringt Leipzig Millionengewinn
"Ausgerechnet im armen Leipzig soll 2016 der Deutsche Katholikentag stattfinden", war 2014 im Spiegel unter dem Titel "Teure Toleranz" zu lesen. Anlass war der Zuschuss der Stadt zum großen Glaubensfest in der sächsischen Metropole, in der nur vier Prozent Katholiken leben. Eine Million Euro sollte sie zum Budget von 9,9 Millionen zuschießen. Nach monatelanger heftiger kommunalpolitischer Debatte bewilligte der Stadtrat den Zuschuss in voller Höhe.
Ein halbes Jahr nach dem Katholikentag im Mai berichtet nun das Kultur-Dezernat der Stadt dem Stadtrat. Das Ergebnis: Der 100. Deutsche Katholikentag war ein voller Erfolg – auch finanziell.
Direkte und indirekte Wertschöpfung
9,3 Millionen Euro haben Teilnehmer und Mitwirkende in Leipzig während des Katholikentags ausgegeben, heißt es in der Auswertung des Kultur-Dezernats – pro Dauerbesucher, der im Hotel übernachtet, 185,50 Euro pro Tag. Detailliert schlüsselt die Auswertung auf, was davon in der Stadt bleibt: Steuermehreinnahmen von 180.000 Euro und eine Gesamtwertschöpfung von rund 3,5 Millionen Euro für die Kommune.
Dazu kommt noch das Geld, das der Veranstalter in der Stadt ausgegeben hat: Zum einen direkt für Mieten und Gebühren an die Stadt oder für Dienstleistungen von in Leipzig ansässigen Unternehmen. Zum anderen durch die insgesamt für über ein Jahr geschaffenen 44 Arbeitsplätze. In der Summe sind das vier Millionen Euro – allein die Ausgaben des Katholikentags in Leipzig übersteigen den Millionen-Zuschuss der Stadt damit deutlich.
Etwa 7,5 Millionen Euro hat der Katholikentag damit der Stadt gebracht. So lautet dann auch das knappe Fazit des Kultur-Dezernats: "Insgesamt darf davon ausgegangen werden, dass [...] die Fördersumme der Stadt [...] als amortisiert betrachtet werden darf."
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Hoffnung auf positive Effekte für künftige Katholikentage
Auch der Geschäftsführer des Katholikentags, Martin Stauch, zeigt sich sehr erfreut über das Ergebnis. Er hatte während der Debatte um die Zuschüsse immer wieder auf die erwarteten Effekte hingewiesen, auch mit Blick auf vergangene Katholikentage. Bereits bei den Katholikentagen in Ulm (2004) und Mannheim (2012) konnten ähnlich positive Ergebnisse belegt werden. "Was wir in Aussicht gestellt haben, ist eingetroffen", erklärte Stauch gegenüber katholisch.de. "Ein Katholikentag lohnt sich nicht nur inhaltlich für eine Stadt, sondern auch finanziell." Zu den in Euro bezifferbaren Vorteilen käme zudem auch noch ein Imagegewinn; über 70.000 Mal wurde der 100. Katholikentag in den Medien erwähnt. So zeigt sich auch der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung sehr zufrieden: "Der Katholikentag hat Leipzig gutgetan."
Vom Ergebnis des Leipziger Katholikentags hofft Stauch nun auf Aufwind für die kommenden Veranstaltungen bei den kommunalen Gastgebern. In Münster, das 2018 Gastgeberstadt für den 101. Katholikentag sein wird, war der beantragte städtische Zuschuss ebenfalls sehr umstritten und wurde letztlich sogar abgelehnt. Statt eines Barzuschusses soll die Veranstaltung nun mit Sachleistungen durch die Stadt unterstützt werden.
Kommentar: Elementarer Bestandteil der Zivilgesellschaft
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So glatt gehen finanzielle Prognosen selten auf: In der Regel kostet alles deutlich mehr und dauert deutlich länger als geplant. Anders bei Katholikentagen – Großereignisse, die verlässlich zehntausende Christen (und nicht nur katholische) in eine Stadt ziehen und die damit zu den ganz großen zivilgesellschaftlichen Ereignissen in Deutschland gehören. Die Veranstalter hatten immer beteuert, dass ein Katholikentag einer Stadt mehr Geld bringt als er kostet – aus einer Million Zuschuss wurden in Leipzig 7,5 Millionen in den Taschen von Kommune und städtischer Wirtschaft.
In den letzten Jahren wehte den Veranstaltern der Katholikentage aber oft ein rauer Wind entgegen: Im säkularen Leipzig versuchte eine Allianz aus Linken, Grünen, Atheisten und Kirchenkritikern die "Katholikentagsmillion" zu verhindern, ohne Erfolg. Im katholischen Münster gibt es statt Geld Sachmittel.
Redlich wäre spätestens jetzt, nicht mehr mit Finanzen zu argumentieren. Katholikentage sind schon aus Gründen des Regionalmarketings und der regionalen Wirtschaftsförderung lohnend. Argumentiert wird daher vor allem mit einer Trennung von Kirche und Staat, während das Geld nur populär-populistisches Hilfsargument ist: "Die Kirchen sollen ihre Feste selbst bezahlen", lautet ein beliebtes Argument, "Das 11. Gebot: Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen" ist der Slogan einer Kampagne der religions- und kirchenkritischen Giordano-Bruno-Stiftung.
Dabei geht es gerade nicht nur um Geld. Es geht auch um den Platz der Kirche in der Zivilgesellschaft, einen Platz, der mit einem aggressiven Laizismus delegitimiert werden soll.
Bei Katholikentagen wie bei ihrem Pendant, den Evangelischen Kirchentagen, treffen sich engagierte Gläubige, die aus christlicher Überzeugung Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen. Die großen Zukunftsthemen werden dort diskutiert, von Armut bis Extremismus. Die Kirche zeigt sich als starker Teil einer aktiven Bürgergesellschaft.
Ein religiös neutraler Staat ist dann nicht neutral, wenn er Kirchen im Vergleich zu säkularen Organisationen schlechter stellt. So wie auch "weltliche" private Veranstaltungen öffentliche Zuschüsse erhalten – von Sportfesten bis Kulturfestivals – sind Zuschüsse für religiöse Großereignisse gerechtfertigt. Nicht, weil sie unterm Strich Geld bringen, sondern weil die Kirchen elementarer Bestandteil der Zivilgesellschaft sind, und weil ein demokratischer, pluraler Staat auf engagierte Bürger, Gläubige wie Ungläubige, angewiesen ist.