USA-Experte Gregor Scherzinger nach der Wahl

Theologe: "Schockstarre" nach Trump-Sieg

Veröffentlicht am 09.11.2016 um 10:05 Uhr – Lesedauer: 
US-Wahlen

Luzern ‐ Die Entscheidung ist gefallen: Donald Trump wird neuer US-Präsident. Eine Aufbruchstimmung wie bei der Wahl von Obama vor acht Jahren sieht der Theologe und USA-Experte Gregor Scherzinger aber nicht.

  • Teilen:

In einer ersten Reaktion nach dem Wahlsieg Donald Trumps hat sich der Theologe, Sozialethiker und USA-Experte Gregor Scherzinger skeptisch geäußert zu den Folgen der US-Wahl. "Der Albtraum Vieler ist wahr geworden", sagte der Wissenschaftler vom Institut für Sozialethik der Universität Luzern am Mittwochmorgen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Im Gegensatz zur Aufbruchstimmung nach Obamas Sieg vor acht Jahren breite sich heute "vielerorts eine Art Schockstarre aus".

Obama habe für ein "Amerika für alle" gestanden, bei Trump sei das fragwürdig. Er habe das Ruder herumgerissen "mit seinem teilweise ekelerregenden Wahlkampf, dominiert durch Tabubrüche, Skandale, Hassrhetorik und Verschwörungstheorien". Mit seinen Angriffen auf das politische System und Establishment habe er die große Unzufriedenheit im Land gegenüber der Politik wie auch das Glaubwürdigkeitsproblem einzelner Politiker ausnutzen können.

Trump versteht sich nicht als Präsident aller US-Amerikaner

Trump habe in ungeahnter Weise das vor allem ländliche, weiße, christliche Amerika für sich gewonnen, das demografisch gesehen seine dominante Stellung schon verloren habe, so Scherzinger weiter. Die Anzahl nichtreligiöser Menschen steige auch in den USA, selbst die evangelikalen Kirchen könnten ihre Zahlen nicht mehr halten. Der mangelnde Zuwachs an jungen Gläubigen werde "allein dadurch gebremst, dass es mehr afro-amerikanische Gemeinschaften oder Hispanics gibt".

Die "abschätzige, gar verunglimpfende Sprache Trumps gerade gegenüber diesen Amerikanern" mache allerdings deutlich, "dass Trump sich nicht als deren Präsident verstehen wird", betonte der Theologe. Trump habe zwar versprochen, die "säkulare Kolonialisierung des christlichen Amerikas" zu stoppen und die Religionsfreiheit hochzuhalten. Doch "dass es sich dabei nicht um die Religionsfreiheit aller handelt, ist wohl zu befürchten" so Scherzinger: "Letztlich ist es bei der Religion wie bei allem anderen: Trump mag sie, wenn sie ihn stark und erfolgreich macht." (KNA)