EKD-Synode distanziert sich von Judenmission
Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat sich klar von der christlichen Mission unter Juden distanziert. "Alle Bemühungen, Juden zum Religionswechsel zu bewegen, widersprechen dem Bekenntnis zur Treue Gottes und der Erwählung Israels", heißt es in einer am Mittwoch in Magdeburg einstimmig verabschiedeten "Kundgebung". "Wir bekräftigen: Die Erwählung der Kirche ist nicht an die Stelle der Erwählung des Volkes Israel getreten. Gott steht in Treue zu seinem Volk."
Vorausgegangen war eine lebhafte Debatte im Plenum des Kirchenparlaments. Mehrere Redner warnten davor, dass diese Formulierungen "messianische Juden" nicht einschließe. Dabei handelt es sich um Splittergruppen, deren Mitglieder an Jesus Christus glauben, die sich aber selbst als Juden verstehen. Sie werden etwa in der württembergischen Landeskirche von einzelnen Kirchengemeinden unterstützt.
Judenmission ohne Religionswechsel
"Damit wird jene Judenmission möglich, deren Ziel es ist, Juden zu Jesus als den Christus zu bekehren, und gleichzeitig zu behaupten, dass es gar kein Religionswechsel sei, da es ja Juden seien, die an Christus glauben", sagte die hessen-nassauische Synodale Gabriele Scherle. Ähnlich äußerte sich der Münchner Diakon und frühere Weltanschauungsbeauftragte Rudi Forstmeier. "Mein Anliegen ist es, dass sich gerade die messianischen Gruppen angesprochen fühlen und wir ihnen signalisieren, dass wir diese Form verurteilen."
Dagegen betonte das EKD-Ratsmitglied Michael Diener, der auch Vorsitzender des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbands ist, dass es im Pietismus harte und schmerzliche Diskussionen über diese Erklärung geben werde. "Ich bitte Sie darum, dass Sie mir abnehmen, dass da kein Subtext in diesem Beschluss ist und dass wir darum ringen wollen."
Der Vorsitzende des Synodenausschusses für "Schrift und Verkündigung", der ostfriesische Landessuperintendent Detlef Klahr, nannte die "Kundgebung" einen "Lackmustest für das Bekenntnis zur Treue Gottes gegenüber seinem Volk und zur bleibenden Erwählung Israels". Christen würden Jesus als den Messias Israels bekennen. Daraus folge aber nicht, dass sie auch Juden bekehren müssten. "Das Heil Israels bleibt allein Gottes Sache", sagte Klahr. "Das christliche Zeugnis gegenüber Israel unterscheidet sich grundlegend vom Auftrag gegenüber anderen Völkern."
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die Kundgebung begrüßt. Damit setze die EKD ein "klares Zeichen gegen die christliche Missionierung von Juden", erklärte der Zentralrat am Mittwoch in Berlin. "Diese eindeutige Abkehr von der Judenmission bedeutet der jüdischen Gemeinschaft sehr viel", betonte Zentralratspräsident Josef Schuster. Die lange erwartete Erklärung sei Ausdruck der theologischen, aber auch der freundschaftlichen Verbundenheit von Judentum und evangelischer Kirche, die im Alltag von der Mehrheit der Gläubigen gelebt werde.
Schuster: Durch Zwangskonversion ausgelöstes Leid anerkannt
"Die EKD anerkennt damit auch das Leid, das die über Jahrhunderte praktizierte Zwangskonversion vieler Juden verursacht hat", so Schuster. Er wünsche sich, "dass die Erklärung nun auch von jenen Gemeinden, die bisher einen anderen Weg eingeschlagen haben, in die Praxis umgesetzt wird". Das gelte auch für die sogenannten messianischen Juden, "die keine Juden sind", fügte er hinzu.
Bereits vor einem Jahr hatte sich die EKD-Synode in einer Erklärung von den Schmähungen Martin Luthers (1483-1546) gegenüber den Juden distanziert. "Mit der heutigen Kundgebung gehen wir einen weiteren Schritt auf dem Weg der Einkehr und Umkehr in unserem Verhältnis zu den Juden", erläuterte die Präses der Synode, Irmgard Schwaetzer. Sie sei "ein wichtiger Beitrag dafür, dass die Geste der Schuldanerkennung und Verantwortungsübernahme gegenüber unseren jüdischen Geschwistern Substanz hat, die für die Eröffnungsveranstaltung der Woche der Brüderlichkeit 2017 in Frankfurt geplant ist". (bod/KNA)