Kritik an "gesetzgeberischer Schnappatmung"
Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) hat die asylrechtlichen Neuregelungen der vergangenen Monate scharf kritisiert. Sie behinderten das Engagement von Hunderttausenden Helfern, die sich für die Integration der Flüchtlinge einsetzten, erklärte der JRS-Direktor für Deutschland, Pater Frido Pflüger, am Montag in Berlin. Als besonders schwerwiegend führte er an, dass der Familiennachzug vor allem für viele Syrien-Flüchtlinge ausgesetzt sei. "Dies ist eine Tragödie für die betroffenen Familien, treibt Menschen in die Arme von Schleusern und schadet der Integration", betonte Pflüger.
Auch der JRS-Flüchtlingsexperte Stefan Keßler bemängelte eine "gesetzgeberische Schnappatmung" beim Asylrecht. Die schnell aufeinanderfolgenden Neuregelungen würden von den Ausländerbehörden zu spät aufgenommen. Dies führe zu mangelhaften Entscheidungen und in der Folge zu einer "Klagewelle bei den Verwaltungsgerichten". Zugleich sei ein wichtiger Bereich weiterhin ungeregelt: Es gebe keine speziellen Bestimmungen für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge, die etwa alt oder krank seien, erklärte Keßler.
Ausreisepflichtige Ausländer leiden unter "quälendem Warten"
Wie der JRS-Flüchtlingsexperte Dieter Müller hervorhob, leisten die Jesuiten jetzt auch Asylsozialberatung. Sie werde in einer Gemeinschaftsunterkunft von 180 Asylsuchende im Münchner Stadtteil Ramersdorf-Perlach angeboten. Die Münchner Hochschule für Philosophie der Jesuiten begleite das Projekt ehrenamtlich und wissenschaftlich. Nach Müllers Angaben hilft der JRS weiterhin auch rund 90 Flüchtlingen, die in Bayern im Kirchenasyl sind, und leistet Seelsorge für Abschiebehäftlinge. Der Seelsorger in der Abschiebungshaft Eisenhüttenstadt in Brandenburg, Pater Jan Korditschke, betonte, die ausreisepflichtigen Ausländer verstünden oft nicht, warum sie festgehalten würden und litten unter dem "quälenden Warten".
Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst wurde 1980 gegründet. Heute begleiten seine weltweit rund 1.000 Mitarbeiter rund eine halbe Million Flüchtlinge in mehr als 50 Ländern. (KNA)