Baumeister Dominikus Zimmermann starb vor 250 Jahren

Lichtgestalt des Rokoko

Veröffentlicht am 16.11.2016 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Kunst

Steingaden ‐ Der Kirchenbau des 18. Jahrhunderts setzte auf helle und heitere Räume, verschmolz Architektur und Ornament. Einer der berühmtesten Rokoko-Künstler war Dominikus Zimmermann. Er starb vor 250 Jahren.

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Täter kehren zum Tatort zurück, sagt ein Sprichwort. Und Architekten zieht es zu ihren Werken. Ein Beispiel ist Dominikus Zimmermann - der Schöpfer der Wieskirche baute sich direkt neben der berühmten schwäbischen Wallfahrtskirche ein Haus und verbrachte dort die letzten Jahre seines Lebens. Nach seinem Tod vor 250 Jahren, am 16. November 1766, fand er im nahen Steingaden seine letzte Ruhe. Im Zimmermann-Gedenkjahr wird vielerorts an den Künstler erinnert.

Zimmermanns Lebenszeit umfasste den Hoch- und Spätbarock bis hin zum Rokoko, dessen Dekorationsstil und Ornamentik er entscheidend mitprägte. Der Künstler wurde 1685 im heutigen Wessobrunn südlich des Ammersees geboren und erhielt seine Ausbildung in Füssen, wo er wohl auch mit künstlerischen Entwicklungen in Vorarlberg und der Schweiz in Berührung kam. Zimmermann war zunächst Stuckateur wie sein Vater, spezialisierte sich auf Stuckmarmor- und Scagliola-Techniken. In seinen frühen Werken arbeitete er eng mit seinem älteren Bruder Johann Baptist zusammen.

Erstlingswerk gemeinsam mit Bruder errichtet

1716 zog der Künstler mit seiner aus Füssen stammenden Frau Theresia nach Landsberg am Lech in Oberbayern und erwarb dort das Bürgerrecht. In seiner neuen Heimatstadt versah er das Rathaus mit einer neuen prächtigen Fassade, für die Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt schuf er einen Stuckmarmoraltar. Sein Erstlingswerk als Baumeister entstand indes in der Nähe von Dillingen: Die Klosterkirche Maria Medingen, 1716 bis 1724 durch die Brüder Zimmermann errichtet, offenbart bereits die vom Ornament geprägte Formensprache, die für das Rokokozeitalter charakteristisch werden wird.

Bild: ©Composer/Fotolia.com

Die Wallfahrtskirche zum Gegeisselten Heiland auf der Wies in Steingaden - besser bekannt als "Die Wies" - gehört zum Weltkuturerbe der Unesco.

Immer stärker setzte sich Dominikus Zimmermann nun von den Bauprinzipien seiner Zeit ab, verzichtete auf gedeckte Farben und indirektes Licht, schuf helle und heitere Kirchenräume. Die Wallfahrtskirche Steinhausen bei Schussenried in Württemberg, entstanden 1728 bis 1733, ist der erste deutsche Sakralbau mit ovalem Grundriss und Freipfeilern. In der "schönsten Dorfkirche der Welt" hat Johann Baptist seinen Bruder im Hauptfresko verewigt, mit satten roten Backen und ein Pferd am Zaum führend. Auch in der Günzburger Frauenkirche, Zimmermanns nächstem Auftrag, setzte der Künstler ganz auf schwerelose Raumwirkung.

Zur Vollendung gelangte sein Wirken dann in der Wallfahrtskirche "Zum gegeißelten Heiland", besser bekannt als Wies. In der 1745 bis 1754 erbauten Kirche im bayerischen "Pfaffenwinkel" gehen Architektur und Ornament fließend ineinander über. Mit seiner aufwendigen Stuckgestaltung und lichtdurchfluteten Heiterkeit gilt das Gotteshaus als Inbegriff der Rokokoarchitektur. Rund eine Million Touristen kommen jedes Jahr zur Wies, die seit 1983 auf der UN-Welterbeliste steht.

Sich selbst als Knienden verewigt

Unter Zimmermanns Spätwerken ragt der 1754 bis 1761 geschaffene Bibliothekssaal der Prämonstratenserabtei in Schussenried heraus. Doch mit der Wies sah der Künstler im Prinzip seinen Auftrag erfüllt. Nach dem Tod seiner Frau 1755 siedelte er in den "Pfaffenwinkel" und lebte fortan im Schatten seines schönsten und reifsten Werkes. Unter der Orgelempore am Eingang der Kirche steht in großen grauen Lettern: "Dominikus Zimerman Baumeister zu Landsperg". Auf einem Votivbild hat sich der fromme Künstler selbst verewigt - kniend vor dem gegeißelten Heiland.

Bild: ©KNA

Die Wallfahrtskirche Unserer Lieben Frau und Pfarrkirche St. Peter und Paul in Steinhausen, einem Ortsteil von Bad Schussenried (Oberschwaben), war die erste deutsche Kirche mit ovalem Grundriss.

Die Erinnerung an Zimmermann ist auch ein Vierteljahrtausend nach seinem Tod lebendig. In Landsberg am Lech, wo ein Gymnasium nach ihm benannt ist, gibt es ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm zum Gedenkjahr - mit Lesungen, Führungen und Konzerten. "Man kann nicht durch die Landsberger Altstadt gehen, ohne auf Zimmermann zu stoßen", sagt Patricia Eckstein vom örtlichen Kulturbüro. Eine Ausstellung würdigt den berühmten Sohn der Stadt treffend als "Lichtgestalt des Rokoko".

Auch die Wies steht ganz im Zeichen des Gedenkjahrs. Seit kurzem gibt es eine Gedenktafel für Zimmermann, geschaffen von dem Künstler Johannes Klein. Und am Todestag feiert der Ettaler Benediktinerabt Barnabas Bögle einen musikalisch untermalten Festgottesdienst.

Von Bernd Buchner (KNA)