Ganz schön katholisch
Ihr strahlendes Lächeln ist eine Bereicherung - das war es etwa auch für den Katholikentag: Lena Bröder zeigte es in Leipzig bei vielen Gelegenheiten. Sie sprach mit Kardinälen und Bischöfen, gab Interviews, ließ sich mit Besuchern fotografieren und nahm an der großen Gala in der Kongresshalle teil. Immer mit dabei: Die Schärpe, die sie für ein Jahr als die schönste Frau Deutschlands ausweist. Und ein oft geflüstertes Wort der Menschen hinter vorgehaltener Hand: "Sie ist auch katholische Religionslehrerin."
Katholisch und schön - was für eine sensationelle Verbindung! Seit ihrer Krönung einige Wochen zuvor war es das beherrschende Thema, wenn es um ihre Person ging. Journalisten besuchten sie bei ihrer Arbeit in der Anne-Frank-Gesamtschule in Havixbeck bei Münster. In jedem Interview wurde sie spätestens in der zweiten Frage nach ihrem Glauben gefragt. In TV-Talkshows, in Radiosendungen und in großen Aufmachern überregionaler Zeitungen wurde sie vor allem als Exotin vorgestellt. Spätestens als die Agenturen im Juni meldeten, dass sie in einem "blauen, knielangen Spitzenkleid" bei einer Generalaudienz auf dem Petersplatz einige Worte mit Papst Franziskus gewechselt hatte, war klar: Katholisch und schön – so etwas kann es doch eigentlich gar nicht geben!
Glaube an Auferstehung mit Leib und Seele
Warum eigentlich nicht? Eine andere Frage stellt sich viel eher: Wie sieht es mit der Ausprägung dieser Attribute aus? Dass sie gut aussieht, steht außer Frage. Das ist amtlich, seit sie die Krone tragen darf. Aber "katholisch" ist ein dehnbarer Begriff. "Glaube ist für mich etwas Stinknormales", sagt die 27-Jährige. "Der ist einfach Alltag." Zu dem der regelmäßige Gottesdienstbesuch derzeit nicht passt. "Zu viele Termine und Verpflichtungen." Vielleicht ist ihr das persönliche Gebet dadurch so wichtig geworden. "Ich bete in Situationen, in denen ich spüre, dass es gefährlich wird." Etwa wenn sie mit dem Auto oder dem Flugzeug auf Reisen geht. In jenen Situationen, "in denen man das eigene Leben nicht in der Hand hat".
Wenn sie von ihrem Glauben spricht, nimmt ihre Großmutter einen wichtigen Platz ein. "Sie hat mir Gottvertrauen vorgelebt." Einer ihrer Sätze ist Lena Bröder besonders in Erinnerung geblieben: "An dem Tag, an dem du kommst, ist der Tag bestimmt, an dem du gehst." Diese Tatsache verlangt für sie nach Halt, den sie allein bei Gott findet: "Allein die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod ist dann tröstlich." Als ihre Oma vor etwa zwei Jahren starb, brauchte auch Bröder dieses Fundament besonders. Wichtig ist für sie dabei der Gedanke, dass die Menschen mit Leib und Seele auferstehen. Sie gibt offen zu: "Das ist für mich ein großer Trost - mein Körper, mein Aussehen und all das haben bislang ein wichtige Rolle in meinem Leben gespielt."
Glaube kann das Leben schön machen
In ihrem Buch "Das Schöne in mir" verlässt sie ihre schöne Oberfläche, um tiefer in ihr Seelenleben blicken zu lassen. "Der Glaube ist Bodenhaftung und Sternegreifen zugleich, er gibt die Selbstsicherheit zu träumen und holt einen auf den Boden der Tatsachen zurück, wenn man droht, zu sehr in den Träumen zu versinken." In der Welt der Schönheit und des Glamours, die sie als Miss derzeit durchschreitet, klingt das wie echte Lebenshilfe. "Schönheit und Glaube schließen sich nicht aus – im Gegenteil: Glaube kann schön sein und das Leben schön machen."
Linktipp: "Miss Germany" trifft den Papst
Mit der kurzen Begegnung erfüllte sich für Lena Bröder ein Lebenstraum. Am Rande der wöchentlichen Generalaudienz trug sie dem Heiligen Vater auch eine persönliche Bitte vor.Auch um dieses Gefühl weitergeben zu können, ist sie Lehrerin geworden. In der Schule will sie mit ihrem Glauben nicht missionieren, sagt Bröder. Auf dem Laufsteg sieht das anders aus. Bei Misswahlen will sie für etwas werben, für sich und ihre Ausstrahlung. "Das ist genau das Gegenteil." Im Religionsunterricht dagegen will sie niemanden überzeugen oder gar überreden. Wenn die Referendarin nach ihrer Beurlaubung aufgrund ihrer "Miss Germany"-Verpflichtungen an ihre Schule zurückkehren wird, will sie vielmehr Vorbild sein. Sie will für Antworten aus dem Glauben heraus begeistern, die Schüler dabei in ihrer Lebenswirklichkeit abholen. "Das sind Punkte, in denen mich der biblische Jesus in meinem Beruf inspiriert."
Glaube als "tolle Gemeinschaft"
Sie kennt diese Inspiration aus ihrer Kindheit. Glauben zu erleben, hieß für sie, "eine tolle Gemeinschaft" in der Pfarrgemeinde ihres Heimatortes Herzberg in Südniedersachen zu erfahren, sagt sie. Dann erzählt sie von Pfadfinder-Aktionen, von ihrer Zeit als Sternsingerin, von der Aussendung des Friedenslichts von Betlehem. Auch "die Geborgenheit der Adventsabende in meiner Familie" war ein wichtiger Lernort.
Aus ihren Unterrichtsstunden weiß sie, dass ein solcher Hintergrund für viele junge Menschen kaum noch existiert. "Ohne Grundlage, ohne Basics im Glauben, kann es aber kein Gottvertrauen geben." Die religiöse Grundausstattung ist für sie deshalb ein Ziel ihres Unterrichts. Sie will den Schülern einen Blick ermöglichen, wie der Glaube das Leben bereichern kann. Dazu gehöre auch, von einer Kirche zu erzählen, die auf die Menschen zugehe, die mitten in der Welt stehe, die jung und aktuell sei. "Wir müssen mit typischen Klischees aufräumen, das Bild der Kirche entstauben." Wer könnte das besser als eine "Miss Germany". Eine, die auch noch katholische Religionslehrerin ist.