Alfred Wierzbicki kritisiert Verhalten der polnischen Bischöfe

Theologe: Kirche ist "Geisel" der Regierungspartei

Veröffentlicht am 19.12.2016 um 11:05 Uhr – Lesedauer: 
Theologe: Kirche ist "Geisel" der Regierungspartei
Bild: © KNA
Polen

Warschau ‐ Der Theologe Alfred Wierzbicki kritisiert das Verhalten der polnischen Bischöfe in der aktuellen politischen Krise. Dabei verweist er auch auf den heiligen Johannes Paul II.

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Der polnische Philosoph und Theologe Alfred Wierzbicki kritisiert das Verhalten der katholischen Bischöfe des Landes in der aktuellen politischen Krise. Die katholische Kirche sei eine "Geisel" der Regierungspartei PiS geworden, die im Streit um das Verfassungsgericht schweige, sagte der Professor der Katholischen Universität Lublin am Sonntag dem privaten Radiosender TOK FM. Die Kirche hätte stattdessen die nationalkonservative Regierungspartei ermahnen und die "Demokratie verteidigen" sollen.

Kirche gehört zu Mitbegründenr polnischer Demokratie

Die PiS sei eine "autoritäre Partei, die die polnische Demokratie zerstört", so Wierzbicki. Dank Papst Johannes Paul II. (1978-2005) gehöre die Kirche zu den Mitbegründern der polnischen Demokratie. Doch heute verstünden die Bischöfe nicht, was Demokratie sei, und ließen sich von der Regierungspartei vereinnahmen. Die Kirche sei daher so "schrecklich kompromittiert", dass sie nicht als Vermittler zwischen Regierung und Opposition infrage komme.

Wierzbicki zufolge sieht ein Teil der Bischöfe die Regierungspartei kritisch. Aber sie ergriffen nicht das Wort, beklagte der ehemalige Direktor des Johannes-Paul-II.-Instituts der Katholischen Universität Lublin. Der kürzlich von Papst Franziskus zum neuen Erzbischof von Krakau ernannte bisherige Erzbischof von Lodz, Marek Jedraszewski, habe sich hingegen "so geäußert, als gehöre er der Partei an".

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Papst Johannes Paul II. (1978-2005) stärkte damals mit seiner offenen Parteinahme für die antikommunistische Gewerkschaft Solidarność die Opposition.

Die seit einem Jahr in Polen regierenden Nationalkonservativen haben unter anderem eine Reform der Justiz und der öffentlich-rechtlichen Medien beschlossen. Dagegen protestieren die Opposition und eine Bürgerbewegung. Sie werfen der Regierung Verfassungsbruch vor. Auch die EU und der Europarat kritisierten die Justizreform, weil dadurch das Verfassungsgericht entmachtet werde und nicht mehr ausreichend die Gesetzgebung kontrollieren könne.

Polnische Bischöfe wollen sich nicht äußern

Am Wochenende eskalierte der Streit aus Anlass einer von der PiS geplanten Einschränkung der Berichterstattung von Journalisten aus dem Parlament. Zehntausende Menschen gingen in Warschau gegen und für die Regierung auf die Straße. Die Reporter ohne Grenzen forderten, "diese verfassungswidrige Beschneidung der Rechte der Parlamentskorrespondenten" umgehend zu stoppen.

Der Sprecher der Polnischen Bischofskonferenz wollte zuletzt auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) nicht zu einer von der PiS auf den Weg gebrachten Reform des Versammlungsrechts Stellung nehmen. Diese sah vor, dass staatliche und religiöse Veranstaltungen Vorrang vor allen anderen Versammlungen haben sollten, auch wenn sie erst später für denselben Ort angemeldet wurden. Diese Bestimmung wurde inzwischen geändert. Die Opposition hatte der PiS vorgeworfen, mit der Regelung regierungskritische Proteste zu erschweren. (KNA)

Linktipp: Die Polen, ihre Kirche und die Politik

Polen ist gespalten, seit die neue nationalkonservative Regierung im Eiltempo den Staat umbaut und dabei die Macht des Verfassungsgerichts und der Medien beschneidet. Aber wo steht in diesem Streit die katholische Kirche?