Befreiungstheologe über Priestermangel und Experimente

Boff rechnet mit Reformschritten beim Zölibat

Veröffentlicht am 26.12.2016 um 09:50 Uhr – Lesedauer: 
Weltkirche

Köln ‐ Der Befreiungstheologe Leonardo Boff glaubt, dass verheiratete Priester bald wieder in der Seelsorge tätig sein dürfen. Er beruft sich dabei auf Informationen aus der Umgebung des Papstes.

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Der brasilianische Befreiungstheologe Leonardo Boff rechnet in Kürze mit dem Wiedereinsatz verheirateter Priester in der Seelsorge. "Das ist eine ausdrückliche Bitte der brasilianischen Bischöfe an den Papst", sagte Boff dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag).

Boff: Das Volk hat ein Recht auf die Eucharistie

Papst Franziskus wolle dieser Bitte - zunächst für eine Experimentier-Phase in Brasilien - entsprechen, sagte Boff unter Berufung auf Informationen aus der Umgebung des Papstes. Er verwies auf eine damit verbundene Abmilderung des weltweit zu beobachtenden Priestermangels. "Zugleich wäre es ein Impuls, dass die katholische Kirche die Fessel des Pflichtzölibats löst."

Er selbst, so der ehemalige Franziskanerpater weiter, habe auch nach seiner Amtsniederlegung 1992 weiterhin priesterliche Funktionen ausgeübt - mit ausdrücklicher Billigung der Bischöfe in seinem Heimatland. "Bisher hat kein Bischof, den ich kenne, das je beanstandet oder gar verboten. Die Bischöfe freuen sich sogar und sagen mir: 'Das Volk hat ein Recht auf die Eucharistie. Mach also ruhig weiter!'"

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Die Befreiungstheologie, die von Papst Johannes Paul II. und dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger (seit 2005 Papst Benedikt XVI.) wegen zu großer Nähe zum Marxismus verurteilt worden war, sieht Boff durch Franziskus mehr als rehabilitiert. "Franziskus ist einer von uns. Er hat die Befreiungstheologie zum Allgemeingut der Kirche gemacht, und er hat sie ausgeweitet", sagte Boff und verwies auf die Sorge des Papstes um die "gequälte Schöpfung".

Glaubenskongregation distanzierte sich von Boffs Theologie

Er hob auch die Gesten der Versöhnung mit führenden Befreiungstheologen hervor, die von Franziskus im Vatikan empfangen worden waren. "Ich habe ihm mit Blick auf Papst Benedikt gesagt, 'aber der andere lebt doch noch'. Das hat er aber nicht gelten lassen. 'Nein', hat er gesagt, 'il Papa sono io' - der Papst bin ich. Wir sollten also ruhig kommen. Da sehen Sie seinen Mut und seine Entschiedenheit", so Boff.

Boff hatte in der Folge der lateinamerikanischen Bischofsversammmlung von Medellin (1968), die die Option für die Armen betonte, die sogenannte Theologie der Befreiung mitentwickelt. In einer Instruktion distanzierte sich die von Kardinal Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., geleitete Glaubenskongregation Anfang 1984 von Boffs Ausformung der Befreiungstheologie. Am Ende wurde Boff gemaßregelt und trat aus dem Franziskanerorden aus. (KNA)