Bangladesch ist begeistert von seinem ersten Purpurträger

Ein Kardinal für die Peripherie

Veröffentlicht am 29.12.2016 um 11:22 Uhr – Lesedauer: 
Ein Kardinal für die Peripherie
Bild: © KNA
Bangladesch

Dhaka ‐ In Bangladesch stellen Christen eine geringe Minderheit der Bevölkerung. Papst Franziskus hat im November den ersten Kardinal des Landes ernannt. Das erfreut sogar die große muslimische Mehrheit.

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Erzbischof Patrick D´Rozario ist der erste Kardinal seines Heimatlandes Bangladesch. Mit seiner Erhebung in den Kardinalsstand wollte "Papst Franziskus an die Ränder gehen". So versteht D´Rozario die Ehre, die ihm am 19. November 2016 im Vatikan zu Teil wurde. Von der westlichen Welt aus gesehen befindet sich Bangladesch in der Tat an der Peripherie. Fast jeder fünfte Mensch lebt dort in extremer Armut. Und Christen sind eine verschwindend geringe Minderheit. In der sehr stark muslimisch geprägten Gesellschaft machen sie weniger als ein Prozent der Bevölkerung aus.

Dennoch erfuhr der Erzbischof der Hauptstadt von Bangladesch durchweg positive Reaktionen auf seine Berufung in den Senat der Kirche. "Ich war sehr überrascht über die Freude der anderen wegen der Kardinalsernennung", sagte D´Rozario kürzlich in einem Interview mit Radio Vatikan. Der Jubel der Einwohner Bangladeschs komme daher, dass sie die Auszeichnung nicht als persönliche Auszeichnung für den Erzbischof von Dhaka sehen. "Sie verstehen es als eine große Ehre und Errungenschaft für das Land", erläuterte der 73-jährige Purpurträger. "Alle Muslime, Hindus und Buddhisten waren sehr froh. Viele Fernsehsender waren begeistert und wollten ein Interview", so D´Rozario weiter. Es sollen bereits mehr als 20 verschiedene gewesen sein. Oftmals wussten die muslimischen oder hinduistischen Journalisten besser über die Kleidung eines Kardinals oder das Verfahren der Papstwahl Bescheid als er. "Um ehrlich zu sein: Ich habe viel von ihnen gelernt", sagte D´Rozario dem amerikanischen Internetportal Crux.

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Video: © Misereor

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Patrick D´Rozario wurde 1943 in Padrishibpur geboren und trat der Kongregation vom Heiligen Kreuz bei. In dieser Ordensgemeinschaft legte er 1962 seine Gelübde ab. 1972 erhielt der Ordensmann die Priester- und 1990 die Bischofsweihe. Er wurde von Papst Johannes Paul II. zum ersten Bischof der neu errichteten Diözese Rajshahi in Bangladesch ernannt. Nach einer Station als Bischof von Chittagong, der zweitwichtigsten Diözese von Bangladesch, wurde D´Rozario 2010 als Koadjutor in Dhaka eingesetzt. Seit 2011 leitet er das Erzbistum der Hauptstadt und steht der nationalen Bischofskonferenz vor. Mit einer Erhebung zum Kardinal hatte trotz der steilen kirchlichen Karriere von D´Rozario niemand gerechnet.

"Die Premierministerin war so glücklich"

Die führenden Politiker des Landes gratulierten dem neu ernannten Kardinal und betonten die große Bedeutung für Bangladesch. Bei einem Treffen mit Christen anlässlich des Weihnachtsfestes sagte der Präsident von Bangladesch, Abdul Hamid, dass "Freude und Feierstimmung" über den ersten Kardinal des Landes herrschten. Hamid forderte Gläubige aller Religionen dazu auf, sich für die große bestehende Harmonie und die friedliche Koexistenz der verschiedenen Glaubensrichtungen einzusetzen. Auch Premierministerin Hasina Wajed zeigte sich sehr erfreut über das Kardinalat D´Rozarios. Sie sagte zum Erzbischof von Dhaka, durch ihn habe das Land eine große Ehre erfahren. "Die Premierministerin war so glücklich", sagte D´Rozario, der mit Wajed seit vielen Jahren persönlich bekannt ist.

In Bangladesch hat es Tradition, dass die verschiedenen Religionen in Frieden miteinander zusammen leben. Deshalb erschütterte es den Staat am Golf von Bengalen umso stärker, dass radikale Islamisten im Juli dieses Jahres 20 Menschen bei einer terroristischen Geiselnahme töteten. Die Premierministerin rief alle Bürger dazu auf, sich innerhalb ihrer jeweiligen Religion gegen Gewalt einzusetzen. Für das Jahr 2017 ist ein möglicher Besuch des Papstes in Bangladesch im Gespräch. Dann würde Franziskus seinen Kardinal an der Peripherie besuchen.

Von Roland Müller