Findelkind in US-Kathedrale ausgesetzt

Nottaufe in der Sakristei

Veröffentlicht am 10.01.2017 um 17:17 Uhr – Lesedauer: 
USA

St. Paul ‐ Nur Stunden alt war der ausgesetzte Junge, den Mitarbeiter in der Kathedrale von St. Paul, Minnesota, gefunden haben. Noch bevor der Rettungsdienst eintraf, leisteten sie eine geistliche erste Hilfe.

  • Teilen:

Ein Findelkind wurde von Kirchenmitarbeitern in den USA vor dem Kältetod gerettet. Sie hatten den neugeborenen Jungen bereits Anfang Januar im Eingangsbereich der Paulus-Kathedrale in St. Paul, Minnesota, gefunden, wie die "St. Paul Pioneer Press" berichtete. Das Kind konnte unversehrt an eine Pflegeeinrichtung übergeben werden.

Junge lag in einem Wäschekorb

"Ich dachte, es wäre ein Welpe. Ein Baby ist das Letzte, womit ich gerechnet hätte. Als ich es schreien gehört habe, stand ich erst einmal für gefühlte zehn Sekunden an der Tür", erinnert sich Kirchenwärter Nathan Leohnardt gegenüber der "Pioneer Press". Dann habe er den ausgesetzten Jungen, der nur in einer Ninja-Turtle-Decke eingewickelt in einem Wäschekorb gelegen habe, mit in die Sakristei genommen. Das Kind sei nackt gewesen. Frisches Blut und eine laienhaft abgebundene Nabelschnur deuteten darauf hin, dass der Junge erst kurz zuvor entbunden worden sein musste.

Er habe gesund gewirkt, weshalb Leonhardt noch vor der Polizei den Domrektor John Ubel verständig habe. "Pater, kommen Sie sofort rüber. Hier ist ein Baby", berichtet Ubel vom Anruf. "Unnötig zu sagen, dass ich so etwas in 27 Jahren als Priester noch nicht erlebt habe."

Linktipp: Neugeborenes in Weihnachtskrippe ausgesetzt

In der Weihnachtskrippe einer New Yorker Kirche ist ein Neugeborenes ausgesetzt worden. Der Küster entdeckte den schreienden, erst wenige Stunden alten Jungen zwischen den Figuren von Ochs und Esel in der Holy Jesus Child Church in Richmond Hill. (Artikel von November 2015)

Noch während die beiden Männer auf die Polizei warteten, habe Ubel dann einen Entschluss gefasst: Der Junge sollte die Nottaufe empfangen. "Es hätte ein Notfall sein können; wir wussten nicht, wie es um seine Gesundheit stand", erklärte der Priester. "Wenn Todesgefahr droht, ist es angemessen, das Sakrament der Taufe zu spenden. Ich spürte einfach, dass es das Beste ist, was ich tun konnte." Der kleine Junge höre nun auf den Namen "Nathan John", nach seinen Rettern.

Ubel: Hier hat sich jemand für das Leben entschieden

Ubel wollte über die Tat der Mutter kein Urteil fällen: "Ich kenne ihre Beweggründe nicht. Wenn wir wirklich für das Leben einstehen, wie wir es immer betonen, dann müssen wir auch entsprechend reagieren", sagte er. "Ich denke, das Wichtigste ist, dass sich hier jemand für das Leben entschieden hat. Und wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, um Menschen dabei zu unterstützen, das Leben zu wählen."

Polizeisprecher Charlie Anderson lobte den Einsatz der beiden Kirchenmitarbeiter. Das Kind hätte in der kalten Kirche schnell erfrieren können, wären die beiden nicht gewesen. Auch der unbekannten Mutter sprach Anderson ein Lob aus: "Wir sind sehr dankbar, dass die Mutter einen sicheren Ort für ihr Kind gesucht hat". Das Aussetzen von Kindern in den ersten sieben Tagen nach der Geburt bleibt in Minnesota straffrei, sofern es an einem sogenannten sicheren Ort geschieht. Damit seien in der Regel Krankenhäuser oder vergleichbare Einrichtungen gemeint, erklärte, Emily Piper, Mitarbeiterin des Gesundheitsministeriums laut "Pioneer Press" bei einer Pressekonferenz. Sie gehe jedoch nicht davon aus, dass der Mutter dennoch eine Strafverfolgung drohe. Die Mutter habe zudem durch die Trennung von ihrem Kind bereits genug Last zu tragen: "Ich kann mir kaum vorstellen, welchen Schmerz die Mutter fühlen muss. Ich hoffe, sie kann Frieden mit ihrer Entscheidung finden." (kim)