Memorandum zur pastoralen Situation in Deutschland veröffentlicht

Initiative fordert Priesterweihe für Verheiratete

Veröffentlicht am 07.02.2017 um 13:30 Uhr – Lesedauer: 
Initiative fordert Priesterweihe für Verheiratete
Bild: © KNA
Kirche

Bonn/Esslingen ‐ Eine Initiative von Priestern, Diakonen und Laien im Bistum Rottenburg-Stuttgart fordert die Priesterweihe verheirateter Männer. Um sich Gehör zu verschaffen, haben sie ein Memorandum veröffentlicht.

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Die Initiative "pro concilio" fordert einen Zugang verheirateter Männer zur Priesterweihe. "Bereits seit Jahren verschärft sich aufgrund des dramatisch zunehmenden Priestermangels die Personalsituation in unseren Kirchen", heißt es in ihrem Memorandum "Zeit zum Handeln". Ein Weg zur Lösung des Problems könne demnach die Weihe bewährter Männer, der sogenannten "viri probati", sein.

Priester, Diakone und Laien aus Rottenburg-Stuttgart

"Pro concilio" ist ein Zusammenschluss katholischer Priester, Diakone und Laien aus dem Bistum Rottenburg-Stuttgart. Ihr Memorandum wurde in den vergangenen Wochen samt Unterschriftenlisten an alle Kirchengemeinden sowie die Diözesanleitung inklusive Bischof Gebhard Fürst versandt. Die Initiative appelliert darin "an die Kirchengemeinderäte und Dekanatsräte sowie den Diözesan- und den Priesterrat, dieses Thema auf ihre Agenda zu setzen". Ein entsprechendes Votum der Gremien solle Bischof Fürst dazu ermutigen, "in der Bischofskonferenz darauf hinzuwirken, die deutschen Bischöfe mögen einen entsprechenden Vorschlag an den Papst richten".

Erste Gemeinden hätten bereits reagiert und das Thema "viri probati" auf die Tagesordnung gesetzt, berichtet die Initiative. Gläubige können die Petition zudem online unterstützen. Ursprünglich sollte die Aktion nur bis zum 19. April laufen. Aufgrund einer längeren Vorlaufzeit hat sich der Termin aber bereits auf Ende Juni verschoben. Im Anschluss werden die gesammelten Unterschriften sowie Stellungnahmen an Bischof Fürst übergeben. Die Sache sei jedoch "für alle Katholiken in Deutschland interessant und relevant", heißt es im Begleitschreiben des Memorandums.

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Priester der katholischen Kirche sind in der Regel zu einem ehelosen Leben verpflichtet: sie leben im Zölibat. Doch woher stammt dieser eigentlich und womit wird er begründet?

"Nach geltendem Kirchenrecht gehört es zu den vornehmsten Aufgaben der Bischöfe, für eine ausreichende Zahl von Priestern zur Erfüllung der kirchlichen Aufgaben zu sorgen", begründet die Initiative ihre Stellungnahme. Die Gläubigen hätten zudem das Grundrecht, von ihren Hirten Hilfen für den Empfang der geistlichen Güter, die Verkündigung des Wortes Gottes und die Feier der Sakramente, im Besonderen der Eucharistie, zu erhalten. Die Lösung sei es daher nicht, immer größere Seelsorgeeinheiten zu bilden, sondern Diakone sowie andere pastorale Mitarbeiter zum priesterlichen Dienst zuzulassen.

2012 nur eine Priesterweihe in der Diözese

Im Bistum Rottenburg-Stuttgart leben laut einer entsprechenden Jahresstatistik der Diözese 1.857.581 Katholiken in 1.036 Kirchengemeinden und 280 Seelsorgeeinheiten. Die Zahl der jährlichen Priesterweihen liegt seit 2005 bis auf eine Ausnahme im einstelligen Bereich. Im Jahr 2012 gab es sogar nur eine einzige Weihe.

"Pro concilio" beruft sich bei ihren Forderungen auch auf Papst Franziskus, der "mutige Vorschläge" der Bischofskonferenzen gefordert hatte, um den individuellen pastoralen Herausforderungen der Weltkirche gerecht zu werden. "Aufgabe der Bischöfe ist es also, die Notwendigkeiten zu erheben und dem Papst über die Bischofskonferenz Vorschläge zur Abhilfe zu machen", schlussfolgern die Katholiken in ihrem Memorandum. Sich für "viri probati" einzusetzen, bedeute jedoch nicht, die großen Verdienste der Geistlichen zu übersehen. "Der charismatische Zölibat ist und bleibt eine wesentliche Lebensform für das Priestertum in unserer Kirche", schreiben die Gläubigen. "Viri probati" seien demnach keine Konkurrenz, sondern eine Unterstützung für die Pastoral.

Gebhard Fürst im Gespräch mit einem Journalisten
Bild: ©KNA

Der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, wisse die Initiatoren rund um Wolfgang Kramer zu schätzen, teilte die Diözese mit.

Einer der Initiatoren des Memorandums ist Wolfgang Kramer. Er war 41 Jahre lang Pastoralreferent in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Obwohl er mittlerweile in Rente sei, helfe er noch immer mit, wo er könne. "Weil die pastorale Not groß ist", sagt er katholisch.de. Man wolle mit dem Memorandum nicht gegen, sondern mit dem Bischof arbeiten. "Wenn sich von den etwa 1.000 Gemeinden in Rottenburg-Stuttgart ein Drittel an der Aktion beteiligt, dann wären wir glücklich", sagt Kramer. Ein konkretes Ziel sei ein runder Tisch mit dem Bischof, dem Diözesanrat und anderen engagierten Gläubigen, um konkrete Modelle für eine funktionierende Pastoral zu entwickeln.

Diözese schätzt Engagement der Initiative

Der Sprecher der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Uwe Renz, erklärte gegenüber katholisch.de, dass Bischof Fürst die Initiatoren von "pro concilio" schätze und ihr Engagement respektiere. Sie setzten sich seit Jahren für die Zukunft der Kirche ein. Auch wisse die Deutsche Bischofskonferenz um die Probleme des Priestermangels. "Ob die Forderungen der Initiative gegenwärtig realistisch sind, steht auf einem anderen Blatt", so Renz.

Nach eigenen Angaben steht "pro concilio" für eine Erneuerung der Kirche auf Grundlage des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Dazu gehörten spirituelle und strukturelle Veränderungen, ein geschwisterlicher und synodaler Kommunikationsstil sowie eine stärker am Menschen orientierte Seelsorge. Inhaltlich gehe es zudem um eine Enttabuisierung und Klärung wichtiger Reformthemen wie Zulassungsbedingungen zum kirchlichen Amt für Frauen und Männer und die Neubesinnung der kirchlichen Sexualmoral. Insgesamt hat die Initiative aktuell nach eigenen Angaben etwa 90 Mitglieder sowie zahlreiche Unterstützer. Unter ihnen sind Pfarrer, Diakone, Pastoralreferenten, Religionspädagogen sowie engagierte Ehrenamtliche aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Von Björn Odendahl