Felix Neumann zum Tod von Hans Rosling

Die Versuchung der Untergangsprophetie

Veröffentlicht am 09.02.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Felix Neumann zum Tod von Hans Rosling

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Hans Rosling ist tot. Am Dienstag starb der Mediziner und Professor für Weltgesundheit im Alter von nur 68 Jahren in Uppsala. 68 - das ist zwei Jahre jünger als die durchschnittliche Lebenserwartung eines Menschen, der heute geboren wird. Kinder, die wie Hans Rosling 1949 geboren wurden, konnten im Schnitt auf weniger als 50 Jahre hoffen. Die Zahlen stammen von den Vereinten Nationen, und sie beziehen sich auf die ganze Welt, nicht nur das hochentwickelte Schweden, wo Rosling lebte: Binnen seines Lebens stieg weltweit die Lebenserwartung, die Unterschiede zwischen armen und reichen Ländern wurden geringer.

Solche Statistiken zur Situation der Menschheit waren sein Leben: Gegen den Pessimismus, gegen die Lust am Untergang, gegen den Eindruck, dass alles schlechter wird, stellte er Zahlen, Daten und Grafiken, die realistisch und sachlich den Fortschritt dokumentieren - und auf deren Basis eine pragmatische und wirksame Politik gegen Armut und für Entwicklung gestaltet werden kann: Eine Politik, die nicht in den Machbarkeitswahn abgleitet, mit dem etwa der "Club of Rome" seit Jahrzehnten Bevölkerungskontrolle fordert, sondern in Bildung und Wachstum den Motor für menschenwürdige Verhältnisse sieht. Geburtenkontrolle fand Rosling "abstoßend", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in einem Interview, stattdessen gelte für die Entwicklungspolitik: "Kümmere dich um die Leute, die Bevölkerung reguliert sich dann selbst."

Hans Rosling zeigte mit seiner Arbeit, dass sich Fortschritt und Entwicklung lohnen. Eine Einstellung, die auch der Kirche gut tun würde. So gut sich Papst Franziskus für "Laudato si" auch von Klimaforschern beraten ließ - geprägt ist die Umweltenzyklika von einem einseitigen Blick auf die Wirklichkeit: Viel ist dort zu lesen von einer Verschlechterung der Lebensqualität und sozialem Niedergang, von "Auswirkungen der Umweltzerstörung, des aktuellen Entwicklungsmodells und der Wegwerfkultur" - als ob nicht global die Lebenserwartung steigen würde, als ob der Anteil der absolut Armen an der Weltbevölkerung sich nicht in den letzten 20 Jahren halbiert hätte.

Immer wieder, nicht nur bei Franziskus, erliegt die katholische Soziallehre der Versuchung der Untergangsprophetie und schlägt dann - wie der Papst in "Laudato si" - kontraproduktive Maßnahmen wie eine Eindämmung des Wirtschaftswachstums vor. Das Leid der Menschen zu sehen, ist wichtig. An der Seite der Armen zu stehen ist eine der vornehmsten Aufgaben von Christen. Doch niemandem ist damit gedient, bei allem Elend zu übersehen, dass ein Ausweg aus der Armut möglich ist - und in vollem Gang ist. Darauf hat Hans Rosling hingewiesen.

Von Felix Neumann

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