Islamwissenschaftler kritisiert Ditib und Islamrat
Der Freiburger Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi hat die islamischen Dachverbände Ditib und Zentralrat der Muslime scharf kritisiert. Beide stünden für einen extrem konservativen Islam, der nicht mit dem Grundgesetz und den westlichen Werten vereinbar sei, sagte Ourghi am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Freiburg. So würden Kinder in einer "Pädagogik der Unterwerfung" erzogen oder Frauen ohne Kopftuch angefeindet.
Ourghi warf der Politik vor, die Augen vor Missständen zu verschließen, etwa im Blick auf muslimische Parallelgesellschaften. "Wir brauchen einen viel kritischeren Umgang mit dem Islam in der Bundesrepublik, dieses Thema dürfen wir nicht der AfD überlassen", sagte Ourghi, der an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg muslimische Lehrerinnen und Lehrer ausbildet. Er bezeichnete das Kopftuch als Symbol der Unterdrückung und Kränkung von Frauen durch die männliche Herrschaft. "Es darf auch nicht sein, dass es der deutsche Staat akzeptiert, wenn Muslime ihre Töchter vom Schwimm- oder Sportunterricht abmelden."
Linktipp: Theologe: Verbindung von Islam und Extremismus
Der Theologe Abdel-Hakim Ourghi lobt die Worte von Papst Franziskus über den Islam. Kritik übt er dagegen an anderen Aussagen - und rät der Kirche von der Zusammenarbeit mit konservativen Verbänden ab. (Artikel von August 2016)Im Blick auf Spitzelvorwürfe gegen Ditib-Imame für den türkischen Staat sprach sich der Wissenschaftler dafür aus, jede staatliche Kooperation mit dem Verband zu beenden, etwa beim Religionsunterricht. "Ditib steht für einen türkisch-nationalistischen Islam, der von ausländischen Imamen gesteuert wird", so Ourghi. Ourghi würdigte die Dialogbemühungen der Politik und der christlichen Kirchen mit dem Islam; "falsche Toleranz" sei aber unangebracht. "Es darf keine Abstriche bei den grundlegenden Werten und Normen in Deutschland geben."
Historisch-kritischer Umgang mit Koran-Texten
Ourghi ist Mitbegründer der Reformgruppe "Säkulare Muslime". Er rief wiederholt zu Reformen in der islamischen Theologie auf. Dazu gehöre ein historisch-kritischer Umgang mit den Texten des Koran und eine Historisierung der Person Mohammeds. In einer im Internet veröffentlichen "Freiburger Deklaration" fordert er mit weiteren liberalen Muslimen ein "Aufklärungsprogramm", um das Ziel eines "reformierten Islam" als "integraler Bestandteil" der europäischen Gesellschaft zu erreichen. "Wir träumen von einer muslimischen Gemeinschaft, die Frieden, Toleranz und Nächstenliebe predigt und lebt", heißt es in der Erklärung. (KNA)