Corned Beef am Fastenfreitag?
Kaum eine Nation hat so großen Einfluss auf die Kultur der Vereinigten Staaten genommen wie die Iren. Sie und ihre Nachkommen brachten der "Neuen Welt" herausragende Poeten, Musiker, Sportler, Politiker (z.B. John F. Kennedy) und auch Verbrecher (z.B. Kennedys Mörder Lee Harvey Oswald). Kein Wunder also, dass der große Feiertag der Iren auch als inoffizieller Nationalfeiertag der USA gilt: Am St. Patrick's Day steht die Welt beiderseits des Großen Teiches Kopf.
Das folkloristische Andenken des keltischen Missionars hat dabei insbesondere in den östlichen Metropolen der USA beachtliche Ausmaße erreicht. So halten die New Yorker bereits seit dem 18. Jahrhundert die mittlerweile weltgrößte Parade zu Ehren ihres Diözesanpatrons hab. Die Klempner von Chicago haben vor Jahrzehnten gar die Tradition entwickelt, den Fluss ihrer Millionenstadt in Kleeblatt-Grün zu färben.
Fasttag trift auf Feierlaune
Doch in diesem Jahr drohen die Partys zum "St. Paddy's Day" unerfreulich karg auszufallen. Denn der Gedenktag des Heiligen am 17. März fällt auf einen Freitag; noch dazu in der Fastenzeit. Was dem weithin säkularisierten Partyvolk kaum einer Beachtung wert sein dürfte, ist für Katholiken ein ernstes Problem. Das Kirchenrecht verpflichtet sie schließlich an Freitagen zu Abstinenz und Buße.
Und davon stellt auch der nichtgebotene Gedenktag des heiligen Bischofs Patrick keine Ausnahme dar. Denn so groß die Popularität des Glaubensboten in vielen Teilen der Welt auch sein mag, ein fastenbrechendes Hochfest begründet sie jedenfalls nicht. Davon wollten einige US-Bischöfe nun als gute Hirten ihren Schäfchen jedoch nicht die Party madig machen lassen. Und so erließen sie kurzerhand Sonderregeln – kraft Apostolischer Vollmacht.
Immerhin neun Bistümer hätten bis Ende Februar entsprechende Mitteilungen gemacht, berichtete die bischöfliche US-Nachrichtenagentur "Catholic News Service" (CNS) am Montag. Der Bischof von Madison, Robert Morlino, wies seine Gläubigen dabei an, trotz des aufgehobenen Fleischverbots angemessene Zurückhaltung und Mäßigung bei den Feiern walten zu lassen; "im Einklang mit der Feierlichkeit und Ehre die einem so großen Heiligen geschuldet wird". George Lucas, Erzbischof von Omaha, forderte von seinen Diözesanen sogar noch mehr, weiß der CNS zu berichten. Die Gläubigen sollten demnach zum Ausgleich für den fastenfreien Freitag am darauffolgenden Samstag ihr Bußwerk verrichten.
In Milwaukee haben die Katholiken am 17. März hingegen gleich doppelt Grund zur Freude. Neben den Feierlichkeiten zum St. Patrick's Day werden für ihr Erzbistum an diesem Tag nämlich zwei neue Weihbischöfe konsekriert. Da ist es naheliegend, dass auch Erzbischof Jerome Listecki eine entsprechende Dispens vom Fleischverbot erließ.
Eine Entscheidung für das geistliche Wohl
Bereits länger angebahnt hatte sich die Feiererlaubnis in der Erzdiözese St. Paul and Minneapolis. Deren Oberhirte Bernard Hebda habe sich mit dem Priesterrat besprochen sowie örtliche Traditionen und aktuelle Umstände abgewogen. Schließlich sei er zum Ergebnis gekommen, "dass es dem allgemeinen geistlichen Wohl diene", die Dispens auszusprechen, erklärte die Chefin der Rechtsabteilung, Susan Mulheron, in einem Brief vom 22. Februar.
Zwei Wochen zuvor hatte Hebda an einem "Theologie vom Fass"-Event teilgenommen, bei dem auch der Patricksfreitag zur Sprache kam, heißt es in einem CNS-Bericht. Ein Teilnehmer habe den Erzbischof dabei nach einer möglichen Lockerung des Fleischverbots gefragt. Dieser wiederum habe kurzerhand die Anwesenden um ein Handzeichen gebeten, wer denn gedenke, am St. Patrick's Day das traditionelle Gericht Corned Beef mit Kohl einzunehmen. "Wenn Sie eine Dispens erhalten – und ich denke, sie wird kommen – sollten Sie eben zu einem anderen Zeitpunkt ihr Bußwerk verrichten", soll er daraufhin erklärt haben. "Es ist also wie eine 'Gehe-nicht-ins-Gefängnis'-Karte, aber irgendwann müssen Sie dafür bezahlen."