Vatikanbotschafter Eduard Habsburg über Twittern im Vatikan

Jesus passt perfekt ins Twitter-Format

Veröffentlicht am 03.03.2017 um 18:11 Uhr – Lesedauer: 
Medien

Vatikanstadt ‐ Hätte Jesus getwittert? Das kann natürlich niemand sagen. Aber mit seiner Botschaft wäre er in dem Sozialen Netzwerk wohl gut angekommen, erklärt Ungarns Vatikanbotschafter Eduard Habsburg im Interview.

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Twitter und die Diplomatie: Mit diesem außergewöhnlichen Thema beschäftigte sich ein Workshop an der britischen Botschaft beim Heiligen Stuhl am Freitag. Botschafter zahlreicher Staaten und Vertreter des Vatikan tauschten sich dabei über Erfahrungen und Tipps für die Kommunikation in dem Sozialen Netzwerk aus. Teilgenommen hatte auch Habsburg.

Frage: Herr Habsburg, hätten wir dieses Interview vielleicht lieber in 140 Zeichen führen sollen?

Eduard Habsburg: (Lacht) Da ich viel auf Twitter unterwegs bin, habe ich mir schon innerlich angewöhnt, in 140 Zeichen zu denken. Wir haben heute von einem der Teilnehmer gelernt, dass sich auch die meisten zentralen Aussagen Jesu in Twitter-Format fassen lassen. Man kann also viel in so wenigen Zeichen sagen.

Frage: Wenn sich Jesu Worte so kurz fassen lassen, ist dann die kirchliche Verkündigung nicht der geborene Social-Media-Inhalt?

Habsburg: Das habe ich heute gelernt, ja. Natürlich lassen 140 Zeichen nicht viel Platz. Aber die Kernaussagen sollten sich tatsächlich gut über Social Media transportieren lassen. Und das tut der Heilige Stuhl gut, wenn man sich etwa die Tweets des Heiligen Vaters ansieht.

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Frage: Der Vatikan will darin noch besser werden. Derzeit läuft eine große Medienreform. Beim heutigen Twitter-Workshop war auch der "Osservatore Romano" vertreten und hat sein Social-Media-Konzept vorgestellt. Wie gut ist er aufgestellt? Wie gut sind die vatikanischen Medien insgesamt?

Habsburg: Ich habe den Eindruck, dass auf allen Seiten eine sehr hohe Professionalität gepflegt wird. Der "Osservatore" muss und will auf Twitter natürlich eine andere Linie fahren als zum Beispiel eine Persönlichkeit wie Kardinal Ravasi. Jeder muss sein Profil anders aufstellen. Aber bei allen spüre ich eine sehr professionelle Auseinandersetzung mit der Frage: Wie nutzen wir Social Media und präsentieren uns dort? Vatikan und "Osservatore" haben da eine sehr klare Linie, lernen aber immer dazu. Dieses Feld ist ja ein unglaublich dynamisches. Die Lernbereitschaft war heute insgesamt sehr hoch. Das Ziel unseres Workshops war natürlich die Vernetzung, aber es ging auch um den Austausch von Ideen, Erfahrungen und Tipps. Und das war eine Diskussion auf sehr hohem Niveau.

Frage: Die Teilnehmer des Workshops wurden gebeten, hinterher nicht über die anderen Teilnehmer und deren Aussagen zu sprechen. Gleichzeitig haben sie eifrig vom Workshop getwittert. Da musste ich doch schmunzeln: Hat man da die Funktionsweise von Social Media vielleicht doch noch nicht so richtig verinnerlicht?

Habsburg: Nein, das glaube ich nicht. Diese Regel sollte den Teilnehmern einen Raum schaffen, in dem sie frei und offen reden können. Damit eben nicht alle im schlimmsten Sinne des Wortes diplomatisch – nichtssagend – sprechen. Es ging darum, einen Raum für Diskussionen zu öffnen. Die Teilnehmer wurden sogar dazu ermutigt, vom Workshop zu twittern. Es soll nur keiner Ärger bekommen mit dem, was er in einem solchen Umfeld sagt. Bei dieser Regel geht es um Respekt vor dem Gegenüber, nicht um ein Leben in der Vergangenheit.

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Frage: Welchen Stellenwert können Twitter und die Sozialen Medien überhaupt für Diplomaten spielen? Ihr Metier spielt sich ja eigentlich hinter verschlossenen Türen ab.

Habsburg: Das ist heute nicht mehr so, glaube ich. Jedenfalls ist mein Eindruck von der Diplomatie so. Natürlich hängt das immer auch von persönlichen Vorlieben ab. Es gibt auch Kollegen, die sich nicht medial äußern und ihren Aufgabenbereich am Grünen Tisch hinter verschlossenen Türen sehen. Aber mehr und mehr sind sich darüber bewusst, dass sie als Botschafter ihres Landes oder ihrer Institution auch mediale Aushängeschilder sein können. Hier ist in den letzten Jahren eine große Öffnung passiert und ich finde, das ist gut so!

Frage: Haben Sie ein Beispiel dafür?

Habsburg: Die britischen Kollegen werden sehr ermutigt, auf Twitter zu sein und auch frei gelassen, was sie dort sagen. Ich finde es gut, wenn Botschafter sich hinausbegeben und durch ihre Persönlichkeit ihr Land vermitteln und nicht bloß durch offizielle Statements ihrer Regierung. Heute fiel ein lustiger Begriff dazu: "You have to show some leg" – "man muss ein bisschen Bein zeigen". Man muss eben bis zu einem Grad mehr geben, als der Beruf eigentlich verlangen würde. Dann wird man mehr Mensch. Ein Vertreter des Vatikan hat gesagt: Es geht auf Twitter darum, einem Menschen mit einem schlagenden Herzen zu begegnen. Ich finde das ein unglaublich schönes Bild!

Frage: Sie sollen beim Heiligen Stuhl natürlich in erster Linie die Republik Ungarn vertreten. Aber sind Sie im Gespräch mit Kirchenvertretern auch ein Stück weit Botschafter für die Sozialen Medien?

Habsburg: (Lacht) Man hat natürlich immer ein Paket an Themen, die man in diesen Beruf mitbringt. Bei mir gehört zum Beispiel das Thema Familie aber dazu, aber natürlich auch der Kontakt zur Medienwelt. Und ich glaube, damit renne ich beim Heiligen Stuhl offene Türen ein. Da ist man im regen Dialog mit der modernen Welt, da muss ich nicht mehr viel machen.

Von Kilian Martin

Zur Person

Der in München geborene Eduard Habsburg-Lothringen ist in fünfter Generation Nachfahre von Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth von Österreich. Seit 2015 ist er Botschafter der Republik Ungarn beim Heiligen Stuhl. Der Philosoph und Drehbuchautor war von 2009 bis 2014 Medienreferent des österreichischen Bischofs Klaus Küng (St. Pölten).