Abendmahl und Eucharistie: Wer darf wo?
In Deutschland, dem Land der Reformation, sind konfessionsverschiedene Ehen schon lange keine Ausnahme mehr. Was gesellschaftlich mittlerweile unproblematisch ist, kann im alltäglichen Glaubensleben dennoch zur Belastung werden: zum Beispiel mit Blick auf den Kommunionempfang. Die deutschen Bischöfe sprechen einerseits von "einer dringenden pastoralen Aufgabe". Gleichzeitig betont Familienbischof Heiner Koch jedoch das unterschiedliche Eucharistieverständnis. Aber wie ist die sogenannte Interkommunion zwischen Katholiken und Protestanten eigentlich geregelt? Und was ist mit orthodoxen Christen?
Der Begriff Interkommunion
Interkommunion bedeutet, dass ein Christ das Abendmahl oder die Kommunion in einer Kirche oder kirchlichen Gemeinschaft empfängt, die sich von seiner eigenen Konfession unterscheidet. Heißt: Ein Protestant empfängt die katholische Eucharistie, ein Katholik das evangelische Abendmahl. Analoges gilt für orthodoxe Christen. Aus katholischer Sicht hängt der Sakramentenempfang dabei eng mit der Kirchengliedschaft zusammen. Grundsätzlich bedeutet das: "Katholische Spender spenden die Sakramente erlaubt nur katholischen Gläubigen; ebenso empfangen diese die Sakramente erlaubt nur von katholischen Spendern" (can. 844 § 1 CIC).
Evangelisches Abendmahl für einen Katholiken?
Der Empfang des evangelischen Abendmahles ist für einen Katholiken untersagt. Er erfüllt damit konsequenterweise dann auch nicht seine Sonntagspflicht. Der Hauptgrund dafür ist die fehlende Apostolische Sukzession. Die katholische Kirche – aber auch die Orthodoxen oder Anglikaner – berufen sich darauf, dass sich die Weihe ihrer Bischöfe in einer ununterbrochenen Kette bis zu den Aposteln zurückverfolgen lässt. Den Bischöfen und Pastoren der evangelischen Kirchen fehlt diese "Legitimation", so dass es sich nicht um Weihen im katholischen Sinne handelt. Eine Folge ist, dass auch die Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi in den nachreformatorischen Kirchen ungültig ist. Der heilige Papst Johannes Paul II. (1978-2005) hat in seiner Enzyklika "Ecclesia de Eucharistia" (2003) noch einmal bekräftigt, dass ein katholischer Gläubiger nicht die Kommunion in einer Gemeinschaft empfangen könne, "der das gültige Sakrament der Weihe fehlt" (Nr. 46).
Ein zweiter Grund für die untersagte Teilnahme am Abendmahl besteht im unterschiedlichen Eucharistieverständnis. Unwahr ist allerdings, dass Protestanten generell nicht an die reale Gegenwart Christi im Abendmahl glauben. Zwar sehen einige evangelische Freikirchen darin nur eine symbolhafte Gedächtnisfeier, die Lutheraner aber glauben wie die Katholiken an eine Realpräsenz. Unterschiede stecken hier im Detail. Katholiken gehen von einer vollständigen und dauerhaften Wandlung der Substanz von Brot und Wein in Leib und Blut Christi aus (Transsubstantiation), Lutheraner sprechen von einer Allgegenwart (Ubiquität) oder der Einheit von Leib und Blut Christi in Brot und Wein (Konsubstantiation). Die evangelische Kirche hat mit der Interkommunion allerdings kein Problem. Sie erlaubt den Katholiken, bei ihnen das Abendmahl zu empfangen.
Linktipp: Die reale Gegenwart Christi
Es geschieht in jeder heiligen Messe. Aber was hat es mit der wahrhaften Gegenwart des Gottessohns in der heiligen Eucharistie auf sich?Katholische Kommunion für Protestanten?
Umgekehrt ist deshalb – keine Weihe und anderes Eucharistieverständnis – auch ein evangelischer Christ von der katholischen Eucharistie ausgeschlossen. Dabei kennt das Kirchenrecht jedoch eine Ausnahme: "Wenn Todesgefahr besteht oder wenn nach dem Urteil des Diözesanbischofs bzw. der Bischofskonferenz eine andere schwere Notlage dazu drängt, spenden katholische Spender diese Sakramente erlaubt auch den übrigen nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehenden Christen, die einen Spender der eigenen Gemeinschaft nicht aufsuchen können und von sich aus darum bitten, sofern sie bezüglich dieser Sakramente den katholischen Glauben bekunden und in rechter Weise disponiert sind" (c. 844, § 4 CIC).
Der evangelische Christ muss sich also in Todesgefahr oder einer anderen schweren Notlage befinden, von sich aus um die Eucharistie bitten und darf keine Möglichkeit haben, das Abendmahl zu empfangen. Darüber hinaus muss er seinen Glauben in Bezug auf die Eucharistie bekunden – unter anderem an die Wandlung durch einen gültig geweihten Priester und die wahrhafte, wirkliche und wesenhafte Gegenwart Jesu Christi. In rechter Weise disponiert ist er, wenn er an die Wirkung des Sakraments glaubt und frei von schwerer Sünde ist. Die "andere schwere Notlage", die neben der Todesgefahr einen Kommunionempfang ermöglicht, wird allerdings nicht näher definiert. Befürworter der Zulassung von Nicht-Katholiken zur Kommunion plädieren dafür, eine konfessionsverschiedene Ehe als eine solche – vielleicht geistige – Notlage zu definieren. Bisher ist sie aber ausdrücklich nicht gemeint. Die evangelische Kirche hat auch hier weniger Bedenken. Sie erlaubt ihren Gläubigen, die Eucharistie zu empfangen.
Orthodoxe Kommunion für Katholiken?
Da die orthodoxen Kirchen die bereits genannten Voraussetzungen – vor allem das gültige Weihesakrament– erfüllen, ist der Empfang der Kommunion für Katholiken hier grundsätzlich möglich: "Sooft eine Notwendigkeit es erfordert oder ein wirklicher geistlicher Nutzen dazu rät und sofern die Gefahr des Irrtums oder des Indifferentismus vermieden wird, ist es Gläubigen, denen es physisch oder moralisch unmöglich ist, einen katholischen Spender aufzusuchen, erlaubt, die Sakramente der Buße, der Eucharistie und der Krankensalbung von nichtkatholischen Spendern zu empfangen, in deren Kirche die genannten Sakramente gültig gespendet werden" (can. 844 § 2 CIC).
Wer sich etwa im Urlaub in Griechenland befindet, kann dort problemlos an einer Eucharistiefeier teilnehmen. Allerdings sollte der Geistliche vorab um Erlaubnis gefragt werden. Nicht erlaubt ist der Empfang dann, wenn der Gläubige bewusst und wiederholt trotz anderer Optionen einen orthodoxen Gottesdienst bevorzugt oder damit sogar eine Ablehnung des Papstes zum Ausdruck bringen möchte.
Katholische Kommunion für Orthodoxe?
Auch der umgekehrte Fall ist möglich. Wenn ein orthodoxer Christ keine Möglichkeit hat, einen Gottesdienst seiner eigenen Konfession zu besuchen, kann er an einem katholischen teilnehmen und die Eucharistie empfangen. "Katholische Spender spenden erlaubt die Sakramente der Buße, der Eucharistie und der Krankensalbung Angehörigen orientalischer Kirchen, die nicht die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche haben, wenn diese von sich aus darum bitten und in rechter Weise disponiert sind; dasselbe gilt für Angehörige anderer Kirchen, die nach dem Urteil des Apostolischen Stuhles hinsichtlich der Sakramente in der gleichen Lage sind wie die genannten orientalischen Kirchen" (can. 844 § 3 CIC).
Orthodoxe Kommunion für Protestanten und umgekehrt?
Die Regelung ist hier noch etwas strenger als zwischen Katholiken und Protestanten. Die orthodoxe Kirche erlaubt den Protestanten den Empfang der orthodoxen Eucharistie auch in Ausnahmefällen nicht. Ihnen kann stattdessen aber das sogenannte Antidoron, die "Ersatzgabe", ausgeteilt werden. Dabei handelt es sich um gesegnetes, aber nicht gewandeltes Brot, das die liebende Gemeinschaft symbolisiert. Auch ist den orthodoxen Christen seitens ihrer Kirche die Teilnahme am evangelischen Abendmahl untersagt. Die evangelischen Kirchen haben dagegen auch hier keine Bedenken gegen eine wechselseitige Interkommunion.
(Der Artikel erschien erstmals im März 2017.)