Kirchen für Studie zu DDR-Unrecht an Christen
Die Kirchen in Thüringen streben eine wissenschaftliche Zeitzeugenbefragung zur Diskriminierung von Christen in der DDR an. Dies solle in enger Kooperation mit dem Erfurter Lehrstuhl für Kirchengeschichte und der Forschungsstelle für kirchliche Zeitgeschichte geschehen, erklärte am Mittwoch der Leiter des Katholischen Büros Erfurt, Winfried Weinrich, auf Anfrage.
Im Auftrag der Landesregierung und der Kirchen
Der Forschungsauftrag solle im Rahmen der neuen Arbeitsgruppe "Christen, Kirchen und andere christliche Religionsgemeinschaften im DDR-Unrechtsstaat - Diskriminierung von Christen in der DDR und ihre Wirkungsgeschichte" erfolgen, erklärte Weinrich, der die katholische Kirche in der Landespolitik vertritt.
Im Auftrag von Landesregierung und Kirchen konstituierte sich die Arbeitsgruppe Ende März. Ihr gehören außer Weinrich und dem landespolitischen Vertreter der evangelischen Kirche, Oberkirchenrat Christhard Wagner, auch die für die DDR-Aufarbeitung zuständige Staatssekretärin Babette Winter (SPD) sowie Vertreter der Freikirchen und der Zeugen Jehovas an. Als wissenschaftliche Berater benannten die Staatskanzlei und die Kirchen den Vorsitzenden des Fachbeirats Wissenschaft der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Peter Maser, sowie die Kirchenhistoriker Michael Haspel und Torsten Müller.
Weitere Themen der Arbeitsgruppe sind laut Weinrich eine archivalische Erschließung repräsentativer Konfliktfelder wie Diskriminierungen im Bildungsbereich, Behinderung der Seelsorge, Repressalien im Zusammenhang des Wehrdienstes sowie eine Schärfung der Terminologie. Überdies gebe es erste Überlegungen zu einem gesellschaftlichen Dialog über das Thema. Bis zum Herbst soll die Arbeitsgruppe erste Handlungsempfehlungen vorlegen.
Irritationen zwischen Politik und Kirche
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte zu Beginn der rot-rot-grünen Regierungsbildung 2014 zugesagt, DDR-Unrecht verstärkt aufzuarbeiten. Als Staatssekretärin Winter in einem Zeitungsinterview die Auffassung vertrat, dass die Christen in der DDR keine besondere Opfergruppe gewesen seien, kam es zu Irritationen zwischen Staatskanzlei und Kirchen.
Weinrich erklärte, die Gründung der Arbeitsgruppe gehe auf ein Gespräch der evangelischen und katholischen Bischöfe mit der Landesregierung vom vergangenen Oktober zurück. Dabei hätten die Kirchenvertreter kritisiert, dass im ersten Tätigkeitsbericht der Landesregierung zur Aufarbeitung vor einem Jahr das Thema "Diskriminierung von Christen in der DDR" nicht vorkam. Der nun im März veröffentliche zweite Tätigkeitsbericht der Landesregierung erwähnt dagegen die neue Arbeitsgruppe. (KNA)