Pew-Studie: Weltweit wächst die Diskriminierung

Religionsfreiheit in der Defensive

Veröffentlicht am 12.04.2017 um 17:20 Uhr – Lesedauer: 
Ein Muslim betet in einer Moschee
Bild: © KNA
USA

Washington ‐ Der Terror gegen die Kopten in Ägypten hat den Befund einer US-Studie drastisch bestätigt: Menschen mit religiöser Orientierung sehen sich weltweit wachsender Diskriminierung und Angriffen ausgesetzt.

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Global betrachtet sieht es nicht gut aus für Angehörige religiöser Minderheiten. In ihrer Jahresstudie über den weltweiten Zustand der Religionsfreiheit ("Global Restrictions Study") stellen die Forscher des unabhängigen "PewResearch Center" für das Jahr 2015 weltweit einen Zuwachs an staatlichen Repressionen und sozialer Ausgrenzung fest.

40 Prozent der Staaten schränken Religionsfreiheit ein

Zwar seien Unterdrückungsmaßnahmen in autoritär geführten Ländern von 2014 auf 2015 nur um ein Prozent gestiegen. Dafür legte religiöse Diskriminierung durch Einzelpersonen, Organisationen oder Gruppen insgesamt um vier Prozent zu. Am stärksten war dies in Russland, Ägypten, Indien, Pakistan und Nigeria der Fall.

Die Autoren der Studie kommen bei der Analyse des Materials aus insgesamt 198 Staaten zu dem Ergebnis, dass rund 40 Prozent aller Staaten die Ausübung der Religionsfreiheit stark bis sehr stark einschränkten. Das entspricht einer Verschlechterung von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Vor allem in Europa stellt das Jahr 2015 eine Zäsur da. Die Pew-Studie führt das dort auf die Flüchtlingssituation zurück. Dabei registrierten die Forscher vor allem eine Zunahme der sozialen Feindseligkeiten gegenüber Muslimen. Diese zeigten sich in körperlichen wie verbalen Attacken.

Betroffene seien vor allem Muslime aus den Ländern Syrien, Afghanistan und Irak gewesen. Seit 2015 waren nach offiziellen Angaben rund 1,3 Millionen Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten nach Europa, vornehmlich nach Deutschland gekommen. Die Pew-Autoren dokumentieren Übergriffe auf Menschen anderen Glaubens in 17 europäischen Staaten. Sie griffen dabei auf Zahlen öffentlich registrierter Straftaten gegen Angehörige religiöser Minderheiten zurück.

Als Paradebeispiel für staatliche Ablehnung und Herabwürdigung erwähnt die Studie Ungarn. Der Ministerpräsident des Landes, Viktor Orban, lehnte die Aufnahme von im Krieg vertriebenen Flüchtlingen aus Syrien kategorisch ab. Er bezog sich dabei auf das Recht der Ungarn, selbst zu entscheiden, wer zu ihnen kommen dürfe und wer nicht. Muslime hätten einen komplett anderen kulturellen Hintergrund und sollten sich nicht im christlichen Ungarn ansiedeln.

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Video: © katholisch.de

Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht: Missio Aachen Vizepräsident Dr. Gregor von Fürstenberg über Christen in Bedrängnis (Archivvideo aus 2014)

Ähnlich die Abweisung der Muslime in der Slowakei. Die Flüchtlingsquoten der EU wurden hier ebenso abgelehnt wie schon in Ungarn. Alternativ erklärte man sich bereit, 200 christliche Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Der Vorsitzende der Slowakischen Nationalpartei, Andrej Danko, hatte vorgeschlagen, Muslimen grundsätzlich den Bau islamischer Gotteshäuser zu verwehren.

Auch in Deutschland dokumentiert die Pew-Studie einen Fall, der das Phänomen des "Generalverdachts" illustriert. 2015 stürmte die Polizei das islamische Kulturzentrum in Bremen. Der Verdacht, dort Waffen zu finden, weil die Gemeinde als Salafisten-freundlich galt, konnte nicht bestätigt werden. Über Stunden mussten die Gläubigen auf dem Boden liegend verharren. Ein Gericht urteilte später, der Einsatz sei rechtswidrig gewesen.

Solche und ähnliche Vorfälle standen vor dem Hintergrund terroristischer Aktionen von Islamisten, vor allem in Frankreich. Die Anschläge auf die Redaktion der Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo und den Konzertsaal Bataclan in Paris wirkten in Europa aus Sicht von Pew wie ein gesellschaftliches Gift.

Insgesamt, so der Befund der Studie, hat das Jahr 2015 in nahezu ganz Europa deutlich mehr Anfeindungen gegenüber Muslimen gezeigt, als noch ein Jahr zuvor, was angesichts der massiv gestiegenen muslimischen Einwanderung erklärbar ist. Die vielen dokumentierten Fälle von Gewalt muslimischer Flüchtlinge gegen christliche Mitbewohner übergeht die Studie hingegen. Die Diskriminierung und Gewaltanwendung gegen Juden und jüdische Einrichtungen ist in Europa geringfügig um ein Prozent im Vergleich zu 2014 gesunken.

Wandel der Religion

Die Pew-Studie ist die achte ihrer Art. Sie untersucht den Wandel der Religionen und ihren Einfluss auf die Gesellschaften weltweit. In knapp 200 Staaten werden Daten sowohl über staatliche Restriktionen als auch Diskriminierungen und Gewaltakte von Einzelpersonen und Gruppen gegenüber Religionen dokumentiert.

Von Bernd Tenhage (KNA)

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