Erzbistum Venedig stellt Gottesdienste ein

Wegen Gläubigenmangel: Keine Messen mehr

Veröffentlicht am 26.04.2017 um 14:15 Uhr – Lesedauer: 
Italien

Bonn/Venedig ‐ Deutsche Bistümer leiden unter Priestermangel, das Erzbistum Venedig hat andere Sorgen: Den Gemeinden gehen die Gläubigen aus. Deshalb sah sich der Erzbischof nun zum Handeln veranlasst.

  • Teilen:

Lohnt ein regelmäßiger Gottesdienst in einer Gemeinde, die ohnehin nur eine Handvoll Gläubige hat? Das Erzbistum Venedig sagt Nein und schafft daher zahlreiche Messzeiten in und um die Lagunenstadt ab. Ganz geschlossen werden die betroffenen Kirchen jedoch nicht, wie die Tageszeitung "Corriere della Sera" am Mittwoch berichtete.

"Wir denken über eine Umnutzung als Orte für die Katechese und kulturelle Angebote für Kunst aller Art (Skulpturen, Gemälde, geistliche Musik, etc.) nach, aber auch für die Caritas und geistliche Begleitung", sagt Gianmatteo Caputo, Kunstreferent des Erzbischofs von Venedig gegenüber dem "Corriere". Die nicht mehr für die Liturgie benötigten Kirchen könnten zukünftig aber auch für Filmvorführungen oder als Kunstateliers eine angemessene Verwendung finden, erklärte er.

Weniger Gläubige, weniger Geld

Das Erzbistum führte mehrere Gründe für die geplanten Schließungen an. Neben den hohen Betriebskosten für die oft mit wertvollen Kunstwerken ausgestatteten Kirchen gehen der Stadt schlicht die Gläubigen aus. Die Zahl der Einwohner in der weltberühmten Lagunenstadt nimmt seit Jahren stetig ab, während die Zahl der Pfarreien gleichbleibend bei 128 liegt. Zugleich werden staatliche Zuschüsse zur Erhaltung kirchlicher Gebäude gekürzt, weshalb das Erzbistum verstärkt auf private Geldgeber angewiesen ist.

Die Rialtobrücke ist eines der bekanntesten Bauwerke von Venedig.
Bild: ©sborisov/Fotolia.com

Venedigt wird kleiner: Seit Jahren sinkt die Einwohnerzahl in der weltberühmten Lagunenstadt. Das macht auch der Kirche zu schaffen.

Wie viele Kirchen zukünftig nicht mehr liturgisch genutzt werden sollen, steht derzeit noch nicht genau fest. Caputo sprach von etwa zehn, wobei die Zahl noch steigen könnte. Im Herbst will der Patriarch von Venedig, Francesco Moraglia, eine Visitation der gesamten Diözese beginnen. Danach könnten noch weitere Gotteshäuser zur Disposition stehen. Im Gespräch mit dem "Corriere" zeigte sich Moraglia schon jetzt realistisch und sprach von drängenden konservatorischen Problemen mit vielen Kirchbauten. Zudem sei ihre Zahl von etwa hundert Gebäuden in der Stadt "größer als der Bedarf der liturgischen Gemeinde", so der Erzbischof.

Messe nur nach Voranmeldung

Dies ist etwa auf der kleinen Insel Vignole in der Lagune der Fall. Das Eiland ist zwar Fast um die Hälfte größer als der Vatikan, zählt aber nur wenige Dutzend Einwohner. Pfarrer Mario Sgorlon, einer von 343 Welt- und Ordenspriestern im Bistum, hat die entsprechenden Konsequenzen gezogen: "Messe gestrichen wegen Mangel an Gläubigen", lautet der Hinweis an der Kirchtür. Laut "Corriere" habe er den wenigen Gläubigen zugleich eine Hintertür offen gelassen: "Ich zelebriere nur nach Voranmeldung". Vom Erzbischof habe es für diese Lösung ein Lob gegeben.

Keine Angaben gab es hingegen zu einer Reaktion Moraglias auf die Haltung des Pfarrers von Torcello, einer weiteren Mini-Insel. Ettore Fornezza sei dort zuständig für gerade einmal vier Gläubige, was ihn jedoch nicht von seinem priesterlichen Dienst abhalte. "So lange ich auch nur ein Pfarreimitglied habe, werde ich zelebrieren", erklärte er. Für Kämpfernatur Fornezza könnten Betriebskosten auch nicht den Ausschlag für eine Kirchenschließung geben, es gehe schließlich um viel mehr: "Wenn wir schließen, verlieren die Menschen den Glauben."

Von Kilian Martin

Linktipp: Bischof Oster rechnet mit Kirchenschließungen

Bischof Stefan Oster rechnet damit, dass in seiner Diözese Kirchen geschlossen werden müssen - wenn auch nicht unmittelbar. Trotz volkskirchlicher Prägung spüre man auch in Passau, "wie der geistliche Grundwasserspiegel sinkt", sagt er. (Artikel von März 2016)