Kardinal Frings: "Ich möchte Leutpriester werden"
Der neue Kölner Erzbischof Josef Frings hatte es sich schon als Pfarrer in Braunsfeld mit den Nazis verscherzt. Und so wurde die Parole ausgegeben, dass über seine Bischofsweihe nichts in der Zeitung zu erscheinen habe. Nur ein offizieller Fotograf war zugelassen, der einige Bilder an die internationale Presse weitergab, um ein gutes Einvernehmen von Kirche und NS-Regierung vorzutäuschen.
So gab es nur eine winzige Annonce in den Kleinanzeigen, durch die die gründlichen Leser des "Kölnischen Stadtanzeigers" von dem Ereignis erfahren konnten. Eine Dame schrieb dort, sie habe anlässlich der Bischofsweihe des neuen Kölner Erzbischofs Josef Frings im voll besetzten Dom am 21. Juni ihre Handtasche verloren. Darin seien 20 Mark gewesen und auch ein Foto ihres Bräutigams, der im Felde stehe. Sie sei schon froh, wenn sie nur das Bild wiederbekomme.
"Ich möchte Leutpriester werden"
Die Ernennung von Frings, am 2. Mai 1942, zum Nachfolger des verstorbenen Kardinals Karl Joseph Schulte war eine Überraschung. Denn lange Zeit war der hochbegabte Schüler aus dem Neusser Bürgeradel als Priester untere Wege gegangen. Später erinnerte er sich, wie er als Student beim Friseur saß: "Der meinte, mich unterhalten zu müssen, und fragte mich: 'Sie wollen sicher die höhere Laufbahn einschlagen?' - Ich sagte: 'Wie meinen Sie das?' Er dachte wohl, ich würde Religionslehrer oder so - doch ich sagte: 'Das liegt mir ganz fern, ich möchte Leutpriester werden.' Das hat ihn wohl sehr überrascht."
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Kardinal Josef Frings war als Erzbischof von Köln eine der bedeutendsten Figuren der deutschen Kirche in der Nachkriegszeit. Nun ist eine neue Biografie über den "Leutepriester" erschienen. Katholisch.de hat es sich angesehen. (Artikel von September 2015)Tatsächlich berichtet Frings im Rückblick auf sein Leben und seine Stellen in Köln-Fühlingen, Köln-Zollstock, als Leiter des Neusser Waisenhauses und als Pfarrer in Köln-Braunsfeld, die Gespräche mit den einfachen Leuten seien für ihn immer sehr viel angenehmer und gehaltvoller gewesen als mit den wohlhabenden - die sich auf Tiefergehendes oft nicht einlassen wollten. Und so wählte der Regens Frings, als ihn im ausgelagerten Priesterseminar in Bad Honnef die Nachricht von seiner Bischofswahl erreichte, als Wahlspruch das Motto aus dem Hebräer-Brief: "Für die Menschen bestellt", das er oft auch mit "Ich bin für die Menschen da" übersetzte. Diese Selbstverpflichtung sollte schon in den folgenden Monaten und Jahren aufs äußerste gefordert werden.
Frings hatte das Gefühl großer Verantwortung
Frings dachte an seine feierliche Weihe mit Freude zurück, aber auch an das überwältigende Gefühl, nun derart in der Verantwortung zu stehen. "Das überkam mich so mächtig, dass ich am liebsten in den Boden verschwunden wäre. Es ging aber vorüber, der Zug ging weiter, und ich musste meinen Dienst vollziehen." Schon in der Nacht vom 30. auf den 31. Mai war Köln Ziel des ersten britischen 1.000-Bomber-Angriffs auf eine deutsche Großstadt gewesen; und es sollten weitere folgen, die die Stadt, ihre Kirchen und Teile der Domkirche in Schutt und Asche legten. Auch der Sitz des Erzbischofs wurde zerstört; zwei Ordensschwestern wurden dabei getötet.
Im untergehenden Nationalsozialismus und in den Trümmern von Köln wurde Frings zu einer volksnahen und hochgeschätzten Leitfigur, später zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten der katholischen Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg. Bescheiden und immer ansprechbar, war sich Frings der Würde und der Verantwortung seines Amtes gleichwohl stets sehr bewusst. Der Not der Nachkriegszeit begegnete er mit seiner legendären Billigung des "Fringsens", also der Beschaffung des Lebensnotwendigen wie Kohlen - ohne Bezahlung.
Er war engagierter Anwalt der Flüchtlinge und Kriegsgefangenen bei den Besatzungsbehörden, "Kopf" mit Humor und Führungsstil, sozialpolitischer Mitdenker und -gestalter, frommer Marienverehrer und kunstsinniger Entscheider, der Köln beim Wiederaufbau zu einem Zentrum des modernen Kirchenbaus machte. Er bewies Geschick, zur Gestaltung der vielfältigen kirchlichen Handlungsfelder hoch qualifizierte Berater zu finden - und ihnen auch zuzuhören. Schließlich gründete er die kirchlichen Hilfswerke Adveniat und Misereor. Und beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) stellte er mehr als eine Weiche zur Öffnung der Kirche gegenüber der Welt mit.