Fünf Fakten rund um das Thema Weihrauch

Weihrauch: Wohlgeruch oder Hustenverusacher?

Veröffentlicht am 06.05.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Liturgie

Bonn ‐ Die einen lieben den Duft und die Rauchschwaden, die anderen bekommen Hustenanfälle: Weihrauch in der Liturgie. Katholisch.de hat fünf überraschende Fakten zu dem Räucherwerk gesammelt.

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Der Baum und seine Zukunft

Mit echtem Weihrauch ist das Harz, also der getrocknete Wundsaft, des Weihrauchbaumes der Gattung Boswellia gemeint. Rund 25 Sorten existieren, am bekanntesten sind wohl der sogenannte Somalische oder Arabische Weihrauch des Baumes "Boswellia sacra" und der Indische Weihrauch der "Boswellia serrata", der in der ayurvedischen Medizin verwendet wird. Die unscheinbaren, recht kleinen Bäume wachsen in Trockengebieten Südarabiens, Nordostafrikas und Vorderindiens auf karger, kalkhaltiger Erde. Die Weihrauchernte dauert von April bis Oktober. Durch Schnitte in Stamm und Äste tritt Gummiharz aus, das zwei bis drei Wochen trocknen muss, bevor es geerntet werden kann.

Nach der minderwertigen ersten Ernte mit dunklen, wenige Millimeter großen Harztropfen wird das Harz der weiteren Ernten reiner und heller und die Tropfen bis zu einem Zentimeter groß. Das fast weiße Harz der letzten Ernte verströmt einen schweren zitronigen Duft. Jeder Baum kann jährlich bis zu zehn Kilo Harz geben. Die Boswelliabäume sind bedroht durch eine zunehmende Zahl von Bränden, weidenden Tieren sowie Schädlings-Attacken. Zudem produzieren stark angezapfte Bäume Samen, die selten keimen, sie können sich also kaum vermehren. In den nächsten Jahrzehnten könnte ihre Zahl um 90 Prozent schrumpfen.

Eine Weihrauchbaum-Plantage in Oman
Bild: ©Christoph_Lischetzki/Fotolia.com

Eine Weihrauchbaum-Plantage in Oman.

Später Einzug in die Liturgie

Wenn es verbrannt wird entwickelt das Harz der Weihrauch-Bäume einen aromatisch duftenden Rauch. Die alten Ägypter verbrannten Weihrauch ebenso für kultische Zwecke wie jüdische Priester ab etwa 540 v. Chr im Tempel und die antiken Römer bei ihren Götter-Opfern und beim Kaiserkult. Aus Abgrenzung zum römischen Kult lehnten die Kirchenväter den Weihrauch als Bestandteil der christlichen Liturgie zunächst ab, allerdings wurde er von Christen bei Begräbnissen verwendet. Seit dem 4. Jahrhundert zog der Weihrauchduft mehr und mehr ins Christentum ein: Beim Einzug von Bischöfen, die nach der konstantinischen Wende Reichsbeamte waren, gingen Leuchter- und Rauchfassträger voran. Durch die gallikanische Liturgie, die auch von der östlichen Liturgie Konstantinopels beeinflusst war, kam im 9. Jahrhundert die bis heute übliche gottesdienstliche Verwendung in die Westkirche.

„Und ein anderer Engel kam und trat mit einer goldenen Räucherpfanne an den Altar; ihm wurde viel Weihrauch gegeben, den er auf dem goldenen Altar vor dem Thron verbrennen sollte, um so die Gebete aller Heiligen vor Gott zu bringen.“

—  Zitat: Offenbarung 8,3

Beweihräuchert werden die eucharistischen Gaben und alle Christussymbole im Kirchenraum, also Altar, Evangeliar und Altarkreuz, Taufwasser und Osterkerze oder Weihnachtskrippe, der Priester und die Gläubigen. Weihrauch kann seit 1970 in allen Heiligen Messen verwendet werden, beim Stundengebet, Prozessionen und Andachten, Beerdigungen sowie bei bestimmten Segnungen. Das Verbrennen von Weihrauch symbolisiert Reinigung, Verehrung, das Gebet ("Wie ein Rauchopfer steige mein Gebet vor dir auf", Psalm 141,2) und soll ein Zeichen der Gegenwart Gottes sein.

Kein Weihrauch in orthodoxen Kirchen?

In der orthodoxen Liturgie wird traditionell viel geräuchert. Allerdings besteht die Räuchermischung in der russisch-orthodoxen Kirche hauptsächlich aus dem dunkelgelben oder rötlichen Benzoeharz und enthält nur wenig oder keinen echten Weihrauch. Auch bei der Räucherwerk-Herstellung in griechisch-orthodoxen Klöstern ist nicht entscheidend, von welchem Baum das Harz stammt, denn es werden wohlriechende Öle wie das Rosenöl in das gemahlene Harz eingearbeitet. Wenn in der katholischen Kirche kein reines Weihrauch verbrannt wird, werden in der Regel Harze wie Myrrhe und Styrax zugesetzt sowie Sandelholz oder Blüten. Die Angabe "Kirchenqualität" bedeutet übrigens nicht, dass das Weihrauch besonders wertvoll sein; es handelt sich hierbei um eine kostengünstige Räuchermischung mit farbigen Körnchen.

Weihrauch auf dem Altar
Bild: ©KNA

Bei der Kirchweihe wird Weihrauch auf dem Altar entzündet.

Weihrauch richtig verbrennen

Ministranten lernen, wie sie in der Kirche richtig mit dem Rauchfass umgehen: Die Kohle muss zunächst durchbrennen bis sie weiß verfärbt ist. Die dann aufgelegte kleine Portion Weihrauchkörner sollte entfernt werden wenn sie verkohlt ist. Erst dann können neue Körnchen aufgelegt werden. Zur Isolierung der Hitze und einer einfacheren Reinigung legen Profis zunächst etwas Sand in das Weihrauchfass. Durch einige Sandkörner auf der Kohle lässt sich die Temperatur reduzieren, sodass der Weihrauch nur schmort und nicht verbrennt. Im Hausgebrauch nutzen viele neben Räucherschale oder -fass auch Weihrauch-Stövchen. Hierbei erhitzt ein Teelicht die in einem Sieb oder Schälchen enthaltenen Harzkörner. Die Temperatur ist nicht so hoch, sodass der Weihrauch sein Aroma entfalten kann, bevor er verschmort oder verbrennt. Es ist auch möglich, Weihrauch auf ein Stück Alufolie zu legen und es auf der Herdplatte zu erhitzen. Bei den Methoden ohne Kohle steigt kaum Rauch auf; sehr große Weihrauchstücke sollten zunächst im Mörser zerkleinert werden.

Gesunder Rauch?

Die einen bekommen Husten- und Schwindelanfälle, die anderen sprechen von Medizin, die bereits die alten Ägypter, Griechen und Römer nutzten. Fakt ist: Weihrauch besteht aus Schleimstoffen, Harzsäuren und ätherischen Ölen. Die Boswelliasäuren wirken entzündungshemmend; bei Incensol wird eine antidepressive und angstlösende Wirkung vermutet. Allerdings gebe es nur wenige Studien mit Menschen, deshalb seien Weihrauchextrakte bisher nicht als Medikament in Deutschland zugelassen, warnt die Verbraucherzentrale. Zudem könnten aus Indien stammende ayurvedische Nahrungsergänzungsmittel aus traditioneller Herstellungspraxis Schwermetalle enthalten. Beim Verbrennen von Weihrauch entstehen gesundheitsbedenkliche Benzopyrene, die auch in Räucherlachs und Speck enthalten sind. Bei asiatischen Weihrauch-Räucherstäbchen kann die Benzoapyren-Konzentration in einem Tempel 40-mal so hoch sein wie in Raucherwohnungen. In katholischen Kirchen ist die Feinstaubbelastung in etwa so hoch wie auf einer normal befahrenen Landstraße. Wer zu Hause auf Rauch, nicht aber auf den (wohltuenden?) Duft des Weihrauchs verzichten will, kann zu Weihrauch in Form von ätherischem Öl greifen.

Von Agathe Lukassek