Von der Mission zur Journalistenausbildung
Der designierte Geistliche Direktor der katholischen Journalistenschule ifp, Kapuzinerpater Helmut Rakowski (55), hat zum Wochenende seine Tätigkeit im vatikanischen Rat für die Neuevangelisierung beendet. Gegenüber katholisch.de äußert sich der aus Mainz stammende Kirchenmann über seine vierjährige Tätigkeit im Vatikan, über seine weltweite Arbeit als Missionssekretär seines Ordens – und seine Beziehungen zum Journalismus.
Frage: Pater Helmut Rakowski, Sie beenden nach vier Jahren Ihre Tätigkeit im Päpstlichen Rat für die Neuevangelisierung. Was war hier Ihre Aufgabe?
Rakowski: Ich kam hierher als der deutschsprachige Mitarbeiter für diesen Rat. Wir sind keine große Mannschaft, wir haben unsere Arbeit nach Sprachgruppen aufgeteilt und für jede gibt es nur einen Mitarbeiter. Ich habe mich also um Belange aus dem deutschen Sprachraum gekümmert. Zudem habe ich hier an einer Datenbank für Zentren zur Ausbildung von Katechisten gearbeitet sowie die Kontakte zu Ordensleuten gepflegt. Und dann gab es jeden Tag neu konkrete Einzelaufgaben.
Frage: Höhepunkt war zweifellos das überraschend von Papst Franziskus ausgerufene Heilige Jahr der Barmherzigkeit. Wie bewerten Sie im Rückblick diese Initiative?
Rakowski: Es hat das Thema der Barmherzigkeit, das dem Papst besonders am Herzen liegt, stark in den Vordergrund gebracht und als sein Leitthema für die Kirche positioniert. Interessant ist, dass der Papst bestimmte Themen aus diesem Heiligen Jahr jetzt unserem Rat übergeben hat – auch über das Jahr hinaus. Zum Beispiel die Begleitung der Missionare der Barmherzigkeit oder den Welttag der Armen. Hiermit hat er Pfosten eingeschlagen und gezeigt, wie er sich Neuevangelisierung vorstellt.
Frage: War das Jahr in Ihren Augen ein Erfolg – die Teilnehmerzahlen in Rom lagen ja unter den spekulierten Erwartungen?
Rakowski: Wir haben von Anfang an keine Prognosen zu Teilnehmerzahlen abgegeben. Das Heilige Jahr der Barmherzigkeit war ja sehr kurzfristig angekündigt worden. Und es war dezentralisiert angelegt. Man musste nicht nach Rom kommen, um eine Heilige Pforte zu durchschreiten. Und es gab tausende und abertausende Veranstaltungen zum Thema Barmherzigkeit in aller Welt, in den abgelegensten Winkeln dieser Welt. Damit hat der Papst sein Ziel erreicht!
Linktipp: Päpstlicher Erlass stärkt den Rat für die Neuevangelisierung
Künftig ist der Päpstliche Rat für Neuevangelisierung auch für Wallfahrtsorte zuständig. Papst Franziskus erweiterte die Kompetenzen der Kurienbehörde. Als Grund nannte er die besondere Rolle der Stätten. (Artikel von April 2017)Frage: Der Rat für Neuevangelisierung ist eine junge Behörde, er wurde erst 2010 gegründet. Und trotzdem hört man, die Kurienreform könnte auch ihn betreffen. Von einer Zusammenlegung ist die Rede, vielleicht mit der Missionskongregation. Ist da was dran? Was ist denn sein Alleinstellungsmerkmal?
Rakowski: Das Gründungsdokument sagt, es geht um die Länder christlicher Tradition, die plötzlich vor der Tatsache stehen, dass sich die Kirchen leeren, dass es keine Berufungen mehr gibt, dass die Gesellschaften so säkular werden, dass Kirche und Glaube immer weniger eine Rolle spielen. Genau in diesen Ländern soll eine Neuevangelisierung geschehen. Das ist etwas anderes, als die Erst-Evangelisierung, für die die Missionskongregation zuständig ist.
Frage: Sie haben von neuen Aufgaben gesprochen, die Ihre Behörde soeben erst erhalten hat. Lässt sich daraus folgern, dass sie eine eigenständige Zukunft behalten dürfte?
Rakowski: Als ich vor vier Jahren hier eintraf, kam mir als eines erste Botschaft entgegen, dieser Rat werde demnächst wohl "dichtgemacht". Viele von denen, die mir das damals sagten, arbeiten heute schon lange nicht mehr in ihrem damaligen Dikasterium, weil deren Behörden zusammengelegt wurden oder weil es deren Aufgaben im Zuge von Reformen gar nicht mehr gibt. Wir aber sind immer noch da. Und wie man sieht – der Papst betraut uns ständig mit neuen Aufgaben. Neben den oben Genannten gehören dazu auch die Katechese sowie die Zuständigkeit für das Wallfahrtswesen und die Wallfahrtsorte. Ich sehe darin kein Zeichen, dass wir vor der Auflösung stehen.
Frage: Sie wechseln zum 1. Januar 2018 in ein komplett anderes Metier. Sie übernehmen eine Leitungsaufgabe im katholischen Journalismus, in der Journalistenausbildung. Wie verträgt sich das mit der bisherigen Tätigkeit im Vatikan?
Rakowski: Das verträgt sich mit meiner Lebensgeschichte ganz leicht. Ich habe mich während meines Studiums für Journalismus und kirchliche Medienarbeit interessiert: Ich habe beim ifp den Kurs der Theologen absolviert, habe bei den Westfälischen Nachrichten in Münster hospitiert. Nach meiner Priesterweihe habe ich beim ZDF unter anderem bei Markus Schächter – dem späteren Intendanten - hospitiert. Bewusst bin ich damals nicht in die Kirchenredaktion gegangen, sondern ich wollte mich als Priester der Begegnung mit dem breiten Spektrum des Journalismus stellen. Ich durfte damals sogar einen kleinen dreiminütigen Film zu ethischen Geldanlagen produzieren, der auch ausgestrahlt worden ist. Dann kam für mich freilich die Berufung in die Mission, die mich zunächst nach Mexiko und dann nach Rom führte und schließlich hier in den Vatikan. Lebensgeschichtlich geht es für mich also zu einem Thema zurück, das mir schon immer am Herzen lag.
Und ein Bezug zum Thema Neuevangelisierung gibt es auch: Wir sind eine katholische Journalistenschule. Viele junge Leute, die dort eine Ausbildung machen, die meisten, sind katholisch, nicht alle. Aber viele haben Fragen, was ist das eigentlich, katholisch, wie geht das. Sie sind getauft, aber bilden ansonsten die Gesellschaft ab so wie sie ist. Und da ist natürlich auch der kirchliche Zeuge gefragt, der Antworten geben kann und will.
„Die Frage der Kirchlichkeit ist sicher ein großes Anliegen. Was macht den Unterschied für einen Absolventen einer katholischen Journalistenschule und einer anderen?“
Frage: Sie werden Geistlicher Direktor des ifp, neben dem es einen journalistischen Direktor gibt. Besteht da eine Hierarchie, eine Aufgabenteilung?
Rakowski: Das Institut hat eine Doppelspitze, mit dem journalistischen Leiter Bernhard Remmers und mit Wolfgang Sauer, der zum Jahresende das Amt des geistlichen Direktors aus Altersgründen abgibt - und dem ich zum 1. Januar nachfolge. Und beide Direktoren vertreten gemeinsam das Institut.
Frage: Wie verstehen Sie Ihre neue Aufgabe? Was sind Ihre Ziele, Ihre Schwerpunkte?
Rakowski: Ich möchte mir aus dieser Entfernung nicht anmaßen, dass ich wüsste, was das Institut braucht. Es gibt natürlich ein paar Herausforderungen, die klar sind: Die Medienlandschaft verändert sich und entsprechend muss sich auch die Ausbildung weiter entwickeln. Da komme ich in einen lebendigen Prozess hinein, der im Institut begonnen hat und der weiterzuführen ist.
Die Frage der Kirchlichkeit ist sicher ein großes Anliegen. Was macht den Unterschied für einen Absolventen einer katholischen Journalistenschule und einer anderen? Zumindest erwarten wir, dass jemand da kompetent Auskunft geben kann, auch in kirchlichen Fragen. Wir sind kein Taufkurs und halten auch kein 24-stündiges Gebet. Es geht um Themen der Kirche, auch um das Welt- und Menschenbild der Kirche, das an die Studenten weitergegeben wird.
Fragen: Können Sie schon sagen, was unter Ihrer Leitung beim ifp anders wird?
Rakowski: Der geistliche Direktor wird nicht mehr "Monsignore" sein, sondern "Bruder". Es wird keine weitreichende Veränderung geben, da ich meinen Vorgänger als einen sehr offenen, auf die Menschen zugehenden Mitbruder erlebt habe, und darin möchte ich es ihm gerne nachtun. Ich muss mich selber erst in dieses neue Amt einarbeiten, mit all dem Respekt vor dem, was da läuft. Es gehört sich, dass man ankommt, zunächst zuhört, fragt, und dann nach einigen Monaten sagt: das sind meine Ideen, von denen ich denke, darüber sollten wir sprechen.
Frage: Werden Sie in München in einer Einrichtung Ihres Ordens leben?
Rakowski: Die Kapuziner in München leben Tür an Tür mit dem Institut. Das Institut ist in dem alten Kapuzinerkloster untergebracht. Und die Kapuziner sind in das angebaute Pfarrhaus gezogen. Es ist interessant, dass die Verantwortlichen mir gegenüber immer wieder betont haben, welche Bedeutung dieses alte Kloster als Rahmenbedingung für diese Ausbildung hat. Weil es eine Atmosphäre schafft, die anders ist als irgendein Hotel oder ein auf der grünen Wiese gebautes Bildungshaus.
Frage: Was waren für Sie die Höhepunkte Ihrer römischen Zeit? Vor Ihrer Tätigkeit im Vatikan hatten Sie hier ja wichtige Aufgaben in Ihrer Ordenszentrale.
Rakowski: Höhepunkte in meiner vatikanischen Phase waren sicher die Begegnungen zum Heiligen Jahr, die Zusammenarbeit mit dem Papst, die Unterstützung seiner Anliegen. Während der Jahre als Missionssekretär des Kapuzinerordens waren die Höhepunkte eher außerhalb von Rom, ich bin viel gereist, war weltweit zuständig. Ich durfte damals die Möglichkeiten für Neugründungen des Ordens ausloten – etwa in China oder Vietnam, um dort dann die ersten Schritte zu organisieren und möglich zu machen. Aber ich denke auch an viele Begegnungen in Afrika. Im Kraal eines afrikanischen Häuptlings zu sitzen und zu erleben, wie mir dort über das Alltagsleben berichtet wird. Das sind Erfahrungen, die man nicht als Tourist buchen kann, aber als Missionar vor Ort und bei den Menschen erlebt.
Frage: Und negative Erfahrungen, Enttäuschungen dieser Jahre?
Rakowski: Vielleicht zu sehen, in welchem Zustand sich die wunderschöne Stadt Rom momentan befindet, wo man ein alltägliches Chaos erlebt, und wo etwas mehr Führung und Organisation sicher hilfreich wären.
Frage: Sie freuen sich auf Ihre neue Aufgabe?
Rakowski: Ein Abschied ist immer mit einem lachenden und einem weinenden Auge verbunden. Die ersten Wochen werden sicher nicht einfach sein. Aber bislang habe ich in allen meinen Tätigkeiten, zu denen ich entsandt wurde, wunderbare Erfahrungen gemacht: In der Mission in Mexiko, in der Kapuziner-Generalkurie in Rom und jetzt hier im Vatikan. Und das wird sicher auch in München der Fall sein.