Konkrete Verhandlungen stehen noch aus

Koch dringt auf Stärkung der Theologie in Berlin

Veröffentlicht am 20.07.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Hochschulen

Berlin ‐ Nach Jahren der Auszehrung soll Katholische Theologie in Berlin wieder eine wichtige Rolle spielen. Doch vor dem akademischen Neustart sind wichtige Fragen offen.

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Theologen sprechen von einem "Kairos". Der griechische Begriff steht für den günstigen Moment, neudeutsch gerne auch "Zeitfenster" genannt. Vom "Kairos" war oft die Rede bei einem Expertentreffen, zu dem Erzbischof Heiner Koch am Dienstagabend in die Berliner Katholische Akademie geladen hatte. Es ging um die Zukunft der Katholischen Theologie in der Hauptstadt.

Vor akademischen Vertretern aus Judentum, Islam und Kirchen ließ der Erzbischof das Wechselbad der Gefühle durchblicken, das dieses Thema bei ihm auslöst. Zunächst ist es die "Freude" darüber, dass Katholische Theologie in der Landespolitik wieder auf der Tagesordnung steht. Im Koalitionsvertrag von 2016 verpflichteten sich SPD, Linke und Grüne, dass die Theologien an den Universitäten "ausgestaltet und weiterentwickelt werden".

Völlig unzureichende Situation

Geburtshelfer für dieses Versprechen ist zwar vor allem das an der Humboldt-Universität (HU) geplante Institut für Islamische Theologie. Dass damit auch die "völlig unzureichende" Situation des "Seminars für Katholische Theologie" an der Freien Universität (FU) in den Blick kam, ist Koch nur recht. Von den ehemals vier Professuren war in den vergangenen Jahren nur eine übriggeblieben. Dass die ursprüngliche Ausstattung wieder erfolgt und die katholische Theologie an die HU verlagert wird, dafür hat der Erzbischof die Zusage von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD).

"Zeitfenster" haben jedoch die Eigenschaft, dass sie sich irgendwann schließen. So zerschlug sich vor 20 Jahren der Plan, an der HU eine Katholisch-Theologische Fakultät zu gründen. Schon deshalb dringt Koch zunehmend darauf, dass die Senatszusagen in konkrete Verhandlungen zwischen Erzbistum, Land Berlin und HU münden. Formal kann sich der Senat noch auf das gesetzgeberische Verfahren berufen. Zwar beschloss er bereits die Hochschulverträge, in denen auch die Vereinbarung zur Katholischen Theologie festgeschrieben ist. Den Verträgen muss jedoch noch das Abgeordnetenhaus zustimmen. Das steht frühestens Mitte September zur Debatte.

Bild: ©Walter Wetzler/Erzbistum Berlin

Pocht auf die Stärkung der Theologie in der Hauptstadt: der Berliner Erzbischof Heiner Koch.

Für Koch bleibt somit weiter die Frage offen, wann ein verlässlicher "Einstieg" in den Neustart der katholischen Hochschultheologie möglich ist. Erschwerend hinzu kommt die Diskussion um den Vorschlag zur Gründung einer neuartigen "Fakultät der Theologien". Rolf Schieder und weitere Professoren der evangelischen HU-Fakultät plädieren dafür, dass unter einem solchen Dach Protestanten, Katholiken, Muslime und Juden unter Wahrung ihrer Eigenständigkeit kooperieren. Im katholischen Freiburger Moraltheologen Eberhard Schockenhoff hatte das Modell bei der Expertenanhörung einen nachdrücklichen Befürworter, weil es den ökumenischen und interreligiösen Dialog maßgeblich fördern könne.

In der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz trifft es indes auf wenig Gegenliebe, wie deren "Chefjurist" Jörg Antoine bestätigte. Ebenso relevant ist der Widerstand des Gründungsbeauftragten für das Islam-Institut, Michael Borgolte, gegen eine solche Konstruktion. Er ist damit in Anspruch genommen, die für den mitbestimmenden Beirat des Islam-Instituts vorgesehenen muslimischen Verbände zusammenzuführen. Der hohe Abstimmungsbedarf lässt es nach seinen Angaben ungewiss erscheinen, ob das Institut wie vorgesehen zum Wintersemester 2018/19 seinen Studienbetrieb aufnehmen kann.

Forschungsstarke Theologien nötig

Das Erzbistum würde ebenfalls gerne im Herbst 2018 die Theologen von der FU an die HU umziehen lassen. Doch auch hier gibt es noch offene Fragen. So wirbt Erzbischof Koch dafür, dass das Land zusätzlich zu den vier bewilligten Professorenstellen zumindest noch eine fünfte finanziert, die sich besonders mit akuten ethischen Fragen befasst. Auch fordert er eine Dotierung der Professuren, die sie für renommierte Wissenschaftler attraktiv macht. Unklar ist überdies, wie sich Überlegungen zur Gründung einer Ordenshochschule in Berlin auswirken.

In Peter Strohschneider, dem Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, hat Koch jedoch einen prominenten Fürsprecher für innovative Ansätze zur Profilierung eines neuen katholischen Studienangebots. "Berlin braucht forschungsstarke Theologien", betonte er bei der Anhörung.

Von Gregor Krumpholz (KNA)