"Humanae Vitae": Doch keine Reform
Es gibt im Vatikan keine Kommission, die die Lehre der Enzyklika "Humanae Vitae" zur künstlichen Empfängnisverhütung reformieren soll. Seit einigen Wochen kursierten in traditionalistischen Medien Gerüchte, Papst Franziskus hätte eine Arbeitsgruppe am Johannes-Paul-II.-Institut für Ehe und Familie damit beauftragt, eine entsprechende Reform vorzubereiten.
Gegenüber katholisch.de wies Gilfredo Marengo, Professor für theologische Anthropologie, die Existenz einer Reformkommission, der er angeblich angehöre, zurück und nannte die Spekulationen "eine Frucht von Fantasie und Vorurteilen". Auch das Onlinemagazin "Crux" berichtet nun, dass an dem Institut an der Päpstlichen Lateranuniversität zwar eine Arbeitsgruppe zu "Humanae Vitae" bestehe, diese aber nur mit historischer Forschung zur Entstehung der Enzyklika Pauls VI. befasst sei. Dies habe Marengo, der Mitglied dieser Arbeitsgruppe ist, bestätigt.
Linktipp: Planen statt verhüten
Die Praxis der "Natürlichen Familienplanung" (NFP) entspricht der Lehre der katholischen Kirche, die in Sachen Sexualität sehr eindeutig ist: künstliche Verhütung ist verboten. Die NFP ist hingegen erlaubt und viele Bistümer bieten dazu Informationen an. (Artikel von März 2015)Gegenüber weiteren Medien erläuterte Marengo den Arbeitsauftrag der Gruppe. "Die zuständigen vatikanischen Behörden haben meinem Forschungsantrag stattgegeben und insbesondere die Vatikanischen Geheimarchive und das Archiv der Glaubenskongregation für mich zugänglich gemacht." Es sei wichtig, die Entstehungsgeschichte der Enzyklika wissenschaftlich zu untersuchen. Dazu gehöre die Arbeitsgruppe, die 1963 von Papst Johannes XXIII. eingesetzt und von seinem Nachfolger, Paul VI., weitergeführt wurde. Ein Zwischenbericht der Arbeitsgruppe wurde 1966 durchgestochen. Demzufolge sei die Mehrheit der Kommission der Ansicht, künstliche Verhütung sei mit der Lehre der Kirche zu vereinbaren. Die Gruppe sei nicht in der Lage gewesen, Paul VI. ausreichend zuzuarbeiten, so Marengo weiter: "Er musste die Arbeit an der Enzyklika beinahe völlig allein neu beginnen." Erschwerend sei der öffentliche Druck von Befürwortern wie Gegner der künstlichen Verhütung dazu gekommen.
Marengo betonte die Neuerungen in "Humanae Vitae". Während zu dessen Entstehungszeit von vielen natürliche Familienplanung als "gutmütiges Zugeständnis" an Eheleute gesehen worden sei, hätte Paul VI. mit seiner Enzyklika deutlich gemacht, dass Fortpflanzung nicht der einzige Ehezweck sei. Stattdessen habe er betont, dass auch die liebende Zuwendung der Eheleute im Geschlechtsverkehr zur Ehe gehöre.
Lob von Franziskus für "Humanae Vitae"
Papst Franziskus selbst äußerte sich zu "Humanae Vitae" mehrfach positiv. In einem Interview mit dem italienischen "Corriere della Sera" lobte er 2014 Paul VI. als "prophetisch". Der damalige Papst hätte den Mut gehabt, "sich gegen die Mehrheit zu stellen, die moralische Disziplin zu verteidigen, eine kulturelle Bremse zu ziehen". Auf eine Frage nach einer Änderung der Lehre der Kirche zur künstlichen Empfängnisverhütung sagte Franziskus, die Frage sei nicht, "ob man die Lehre ändert, sondern, ob man in die Tiefe geht und dafür sorgt, dass die Pastoral die einzelnen Lebenslagen und das, wozu die Menschen jeweils imstande sind, berücksichtigt."
Die 1968 veröffentlichte Enzyklika "Humanae Vitae" befasst sich mit der christlichen Ehe. Bekannt wurde die letzte Enzyklika Pauls VI. vor allem wegen ihres Verbots der künstlichen Empfängnisverhütung, das eine weltweite Diskussion auslöste. Die deutschen, österreichischen und Schweizer Bischöfe nahmen in Erklärungen Stellung zu "Humanae Vitae" und betonten die Gewissensfreiheit der Christen gegenüber "einer nicht unfehlbaren Lehre des kirchlichen Amtes". (fxn)
27.07.2017, 14:42 Uhr: Ergänzt um den Absatz mit Äußerungen Marengos gegenüber weiteren Medien. /jhe