Niedersachsen plant Gesetzesänderung für ein Verbot an Schulen

Deutschland, deine Vollverschleierung

Veröffentlicht am 07.08.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Religion

Bonn ‐ Anfang August hat Bayern "Verbote der Gesichtsverhüllung" erlassen. Jetzt bringt Niedersachsen ein Gesetz auf den Weg gegen Vollverschleierung an Schulen. Und andere Länder ziehen nach.

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Burka, Nikab, Schaila oder Hijab - was die Bezeichnung der Verschleierungsformen von Musliminnen betrifft, läuft sprachlich in Deutschland nicht immer alles glatt. Aber es geht um die Wirkung der Kleidungsstücke. Sie und die meisten anderen verdecken das Gesicht der Trägerinnen teilweise oder ganz. In Bayern ist Anfang August ein "Gesetz über Verbote der Gesichtsverhüllung" in Kraft getreten. Seither ist der Nikab genannte Schleier, der nur einen Schlitz für die Augen freilässt, für Beamtinnen und Angestellte im öffentlichen Dienst, an Schulen, Universitäten und in Kindergärten tabu. Nordrhein-Westfalen will ein "allgemeines Vollverschleierungsverbot" prüfen.

Der Fall einer Schülerin entfachte die Diskussion

In Niedersachsen haben jetzt die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP einen Entwurf zur Änderung des Schulgesetzes auf den parlamentarischen Weg gebracht. Er ist mit aller Vorsicht vor möglicher Diskriminierung, aber dennoch deutlich formuliert. Darin heißt es, Schülerinnen und Schüler dürften "durch ihr Verhalten oder ihre Kleidung die Kommunikation mit den Beteiligten des Schullebens nicht in besonderer Weise erschweren". Der Satz entstammt im Wesentlichen einer Expertise des Münsteraner Rechtswissenschaftlers Hinnerk Wißmann im Auftrag des Landes Niedersachsen. Er hatte darauf hingewiesen, dass ein Eingriff in die grundsätzlich geschützte Religionsfreiheit gesetzlich geregelt werden müsse und einen solchen Satz empfohlen.

Vorausgegangen war der Fall einer Schülerin aus Belm bei Osnabrück. Das Mädchen trägt seit dem Schuljahr 2013/2014 den Nikab. Vergeblich hatte die Schule versucht, die Schülerin und ihre Eltern davon zu überzeugen, den Schleier abzulegen. Kommunikation sei Grundbedingung für schulisches Wirken, heißt es jetzt in der Begründung zum Gesetzentwurf. Zu ihr zähle auch "das Erfassen der Körpersprache, insbesondere der Gesichtsmimik". Im täglichen Schulbetrieb könne das Tragen einer Vollverschleierung die Kommunikation derart erschweren, dass eine Erfüllung des Bildungsauftrags unmöglich werde. Der Gesetzentwurf soll möglichst noch im August im Landtagsplenum beraten und dann verabschiedet werden, hieß es.

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Der Streit ums islamische Kopftuch landet einmal mehr vor einem europäischen Gericht. Aber warum glauben Musliminnen, dass Allah den Schleier fordert? Der Koran jedenfalls lässt Raum für Interpretationen.

Klassenzimmer, Gerichtssäle, Polizeikommissariate oder Kindergärten - all das sind sensible Bereiche, wenn es um die Vollverschleierung geht. Staatsdienerinnen schiebt der kürzlich geänderte Paragraf 34 im Beamtenstatusgesetz einen Riegel vor. Demnach dürfen sie ihr Gesicht "bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug" nicht verhüllen. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für Richterinnen im Landesdienst. Aber nicht in allen Bundesländern ist das auch geregelt. Im Saarland gibt es beispielsweise keine besonderen Vorschriften zum Tragen von Kopftüchern "im Richterbereich" oder für Staatsanwälte, heißt es aus dem Justizministerium. Einige der von der Katholischen Nachrichten-Agentur angefragten Innen-, Kultus- und Justizministerien verweisen entweder auf das Beamtenstatusgesetz oder darauf, dass man für das eigene Ressort keinen landesrechtlichen Regelungsbedarf sehe. So sagen es etwa die Justizministerien in Sachsen-Anhalt, Bremen und Thüringen. Ähnlich schaut es beim Innenministerium in Brandenburg und bei den zuständigen Ministerien in Rheinland-Pfalz aus. Sachsen setzt bei Schulen auf Einzelfallprüfung.

Bundesländer verabschieden verschiedene Gesetze

Das Justizministerium von Mecklenburg-Vorpommern hat für die Justiz keine Regelungen. Kopftücher als Ausdruck einer Religion verletzten jedoch die Neutralitätspflicht, so ein Sprecher: "Darum unterstützt Justizministerin Katy Hoffmeister Verbotsbestrebungen." In Hessen ist seit 2011 allen Beschäftigten des Landes per Erlass untersagt, vollverschleiert zum Dienst zu kommen. Auch Schleswig-Holstein setzt auf ein weitreichendes Verbot, das ausdrücklich auch für nicht beamtete Mitarbeiterinnen gilt. In Hamburg ist eine Vollverschleierung an Schulen "grundsätzlich nicht zulässig". Berlin schließlich verweist auf das "Neutralitätsgesetz" von 2005. Demnach dürfen bestimmte staatliche Bedienstete keine Kleidungs- und Schmuckstücke tragen, die demonstrativ für eine religiöse oder politische Position stehen. Die Folgen des Gesetzes bekam zuletzt eine evangelische Lehrerin zu spüren, die ein Kreuz an einer Halskette trug.

Von Joachim Heinz und Johannes Schönwälder (KNA)

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Auch der Fall einer evangelischen Lehrerin in Berlin sorgte für Unruhe: Sie durfte ihre Halskette mit einem Kreuzanhänger in der Schule nicht zeigen und schmückte sich daraufhin mit einem Fisch. Eine Liste mit verbotenen Symbolen wird es aber nicht geben.