100 Jahre Schiffswallfahrt zum Kloster Bornhofen am Rhein

Mit dem Schiff zu Maria

Veröffentlicht am 10.08.2017 um 13:55 Uhr – Lesedauer: 
Wallfahrt

Düren ‐ Eine Wallfahrt, die es seit 100 Jahren gibt, kann nichts erschüttern. Oder doch? Dieses Jahr mussten die Teilnehmer kräftig mit anpacken, damit die Schiffswallfahrt nach Bornhofen stattfinden konnte.

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Täglich fahren tausende Schiffe den Rhein auf und ab: Güterschiffe, Fähren, Touristen- und Partyschiffe. Die "MS RheinFantasie" ist eist eigentlich ein Eventschiff, aber an zwei Terminen im Jahr erfüllt sie einen frommen Zweck und bringt je 500 Pilger in das Wallfahrtskloster Bornhofen. Das Gnadenbild im Franziskanerkloster am Mittelrhein, rund 20 Kilometer südlich von Koblenz, wird seit 100 Jahren von Schiffspilgern aus dem Norden des Bistums Aachen besucht.

Selbstverständlich ist das nicht, denn traditionell ging die Wallfahrt der drei Krefelder Pfarreien Bockum, Linn und Oppum zum wohl bekanntesten Marienwallfahrtsort Deutschlands, nach Kevelaer. Joseph Aschenbrenner erzählt, dass es im Jahr 1917 wegen des Ersten Weltkriegs nicht möglich war, das nur gut 40 Kilometer entfernte Kevelaer zu besuchen. Der 52-Jährige sorgt als Vorsitzender der "Rosenkranzbruderschaft Bornhofen – Schiffswallfahrt des Niederrheins" dafür, dass die Pilgerfahrt stattfinden kann. "Aber der Rhein war internationales Gewässer und somit leicht zu erreichen". Die Wallfahrt mit 543 Pilgern wurde ein Erfolg und auch 1918 baten die Gläubigen den damaligen Oberpfarrer Joannes Augstein, die Schiffsfahrt zu wiederholen. "Mit Traditionen ist es ja so: Einmal ist es schön, beim zweiten Mal ist es Gewohnheit und beim dritten Mal Tradition", berichtet Aschenbrenner.

2.500 Mitglieder in der Rosenkranzbruderschaft

Tatsächlich war auch nach dem Krieg das Interesse an einer Wallfahrt auf dem Schiff und durch die malerische Landschaft am Mittelrhein, die inzwischen Unesco-Welterbe ist, groß. Bereits 1918 war eine Rosenkranzbruderschaft gegründet worden, die die Wallfahrten "im Sinne der Kirche" durchführt, wie Aschenbrenner es ausdrückt. Solche Bruderschaften – trotz des Namens sind auch Frauen Mitglieder – stellen die Wallfahrten unter den Schutz Mariens und beten den Rosenkranz privat oder bei regelmäßigen Treffen. Ab dem Alter von 16 Jahren kann man eintreten, aktuell gehören ihr nach Aschenbrenners Angaben 2.500 Personen an. Für die Mitglieder und ihre Familien werden zudem im Kloster regelmäßig Messen gelesen.

Seit 100 Jahren also reisen die Gläubigen aus Krefeld nach Köln, von wo das Schiff ablegt. Inzwischen kommen noch "zwei Busse voll" mit Pilgern aus dem Raum Aachen hinzu. Mehr als 120 Kilometer geht es dann den Rhein hinauf, was heutzutage eine Tagesreise von 9 bis 18 Uhr bedeutet. Bei der Schmerzhaften Muttergottes von Bornhofen vertrauen die Gläubigen ihre persönlichen Sorgen und Nöte sowie die Anliegen der Kirche und der Menschheit im Gebet Maria an. Anfangs war man auf einem Dampfer unterwegs, der "Hindenburg", auf der eigens ein Schiffsaltar aufgebaut wurde. Im Jahr 1924 musste die Schiffswallfahrt wegen des Ruhrkonflikts ausfallen und später während des Zweiten Weltkriegs noch einmal sechs Jahre lang.

Bild: ©Privat

Joseph Aschenbrenner mit dem emeritierten Bischof von Aachen, Heinrich Mussinghoff, und der stellvertretenden Vorsitzenden der Rosenkranzbruderschaft, Susanne Vonhögen.

Zweimal im Jahr geht es nach Bornhofen: Stets in der Woche nach Pfingsten findet die Wallfahrt von Mittwoch bis Freitag statt und dann noch einmal von Dienstag bis Donnerstag in der letzten Woche der Sommerferien Nordrhein-Westfalens. Bei ersterer fahren eher ältere Menschen mit und im August ganze Familien oder Großeltern mit ihren Enkeln, berichtet Aschenbrenner. Auf dem Hinweg wird eine Heilige Messe gefeiert und die Gläubigen beten drei Rosenkränze. Kurz vor Bornhofen gibt es einen Segen für die Nacht, bevor alle ihre Quartiere beziehen.

Am zweiten Wallfahrtstag gibt es eine Pilgermesse in der Wallfahrtskirche und einen Ausflug, bei dem auch eine Kirche besucht wird, etwa in Lorch oder Oberwesel. Der spirituelle Höhepunkt ist eine Lichterprozession am Abend, wenn sich alle mit einer Kerze bestückt vor der Kirche treffen und durch Kamp-Bornhofen in die Pilgerhalle ziehen, wo es eine Andacht und die eucharistische Anbetung gibt. Am Abreisetag wird eine feierliche Messe mit lateinischen Chorälen gefeiert. "Wenn das Schiff seine letzte Schleife vor dem Kloster fährt, läuten die Glocken und die Franziskaner-Patres winken mit Fahnen und Tüchern", berichtet Aschenbrunner begeistert.

Segenswünsche von Papst Franziskus

Zum Jubiläum übermittelte sogar Papst Franziskus Glück- und Segenswünsche: Maria sei "als Königin des Friedens mächtige Fürsprecherin bei Christus", heißt es in dem Schreiben, das auch an das Bornhofener Wallfahrtslied erinnert: "Erbitt von Gott uns Frieden, erbitt uns Einigkeit; vereine, was geschieden; versöhne, was im Streit, dass wir zu deinen Füßen als Brüder dich begrüßen." Das Wallfahrtslied "Geleite durch die Wellen" wurde bereits im Jahr 1842 verfasst – eigens für Schiffswallfahrten. Schon seit dem 16. Jahrhundert sind Wallfahrten zum Gnadenbild, einer 115 Zentimeter großen spätgotischen Pieta, dokumentiert.

Galerie: 5 Bilder

Doch es gab auch immer wieder schwere Zeiten in der Geschichte der Schiffswallfahrt des Niederrheins. Die schwärzeste Stunde war wohl während der Pfingstwallfahrt im Jahr 1956, als ein 13-jähriger Junge während des Spielens vom Schiff fiel und sofort unterging. Erst Tage später sei sein Körper 100 Kilometer Rheinabwärts gefunden worden, weiß Aschenbrenner.

Die Sicherheit bleibt ein großes Thema. Auch deshalb ist die "RheinFantasie" bei der Wallfahrt anders bestuhlt als bei Partyfahrten: Nur 500 statt 1.000 Passagiere finden auf ihr Platz. Mehr Fahrgäste würde auch die Haftpflichtversicherung nicht zulassen. Zudem fährt jedes Mal eine Sanitätskraft des Malteserhilfsdienstes Düren mit. "Dennoch birgt eine Schiffsfahrt immer ein Restrisiko", gibt der 52-Jährige zu.

Zukunft gesichert - Pilgerschiff ist ausgebucht

In den vergangenen Jahren stand die Schiffswallfahrt vor einem großen finanziellen Problem: Als der jüngst verstorbene Pfarrer Wilhelm Maqua, der die Schiffswallfahrt seit 1978 leitete, sein Amt abgab und somit auch keine Kirchengemeine mehr hinter dem Projekt stand, sah es schlecht aus. Denn es kostet 50.000 Euro, das Schiff zweimal im Jahr zu chartern. Wenn Plätze leer bleiben – im Jahr 2015 fuhren jeweils nur 400 und 2016 im Schnitt 440 Gläubige mit – bleibt der Organisator auf dem Differenzbetrag sitzen.

Im Jahr 2016 fanden sich einmalig Privatleute, die die Fahrt möglich machten, aber dann stand eine Neustrukturierung bevor. Der Freundeskreis des Kloster Bornhofen schlug vor, einen Verein zu gründen. Seit Februar gibt es den "Rosenkranzbruderschaft Bornhofen – Schiffswallfahrt des Niederrheins e.V.", in den die Rosenkranzbruderschaft integriert ist. Die Patres des Klosters, Franziskaner der Provinz Krakau, übernahmen die seelsorgerische Leitung. Somit wurde die Zukunft der Wallfahrt auf dem Rhein pünktlich zu Jubiläum gesichert. Bislang habe man 107.907 Pilger nach Bornhofen gebracht. In knapp zwei Wochen stechen die nächsten 500 in See – alle Plätze sind seit zwei Monaten ausverkauft.

Von Agathe Lukassek